Entscheidungsstichwort (Thema)
Freistellung von Anliegerbeiträgen Billigkeitserlass
Leitsatz (amtlich)
1. Die in einem im Jahre 1969 abgeschlossenen Eingemeindungsvertrag getroffene Regelung, in der bisher selbständigen Gemeinde würden künftig keine „Anliegerbeiträge” erhoben, bezieht sich ausschließlich auf Beiträge nach dem preußischen Anliegerbeitragsrecht und nicht auch auf Beiträge nach § 8 KAG 1978.
2. Ein Vertrag, in dem eine Gemeinde einem Grundstückseigentümer ohne jede Gegenleistung eine Beitragsfreistellung zusagt, ist grundsätzlich nichtig.
3. Aus einer rechtsunwirksamen Zusage der Gemeinde, einen bestimmten Beitrag nicht zu erheben, kann ausnahmsweise die Pflicht zu einem Billigkeitserlass folgen; Voraussetzung dafür ist aber, dass der Pflichtige bei Anwendung aller Sorgfalt, zu der er nach den Umständen des Einzelfalls verpflichtet war, auf die Verbindlichkeit der Zusage vertrauen durfte und dieses Vertrauen zur Grundlage geschäftlicher Dispositionen gemacht hat.
4. Der Anspruch auf einen Billigkeitserlass lässt die Rechtmäßigkeit der Abgabenfestsetzung unberührt; er kann nur mit der Verpflichtungsklage geltend gemacht werden.
Verfahrensgang
VG des Saarlandes (Urteil vom 05.11.2004; Aktenzeichen 11 K 145/03) |
Tenor
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 5. November 2004 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes – 11 K 145/03 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Zulassungsverfahrens fallen dem Kläger zur Last.
Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 12.078,14 Euro festgesetzt.
Gründe
Der Antrag des Klägers, die Berufung gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 5.11.2004 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes zuzulassen, bleibt ohne Erfolg.
Durch das genannte Urteil hat das Verwaltungsgericht das Begehren des Klägers zurückgewiesen, den Bescheid vom 21.1.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.7.2003 aufzuheben, durch den der Beklagte den Kläger als Eigentümer des im Stadtteil N. der Kreisstadt S gelegenen Anwesens A-Straße (Gemarkung N., Flur 7, Parzellen Nr. 235/3 und 235/4) für den in den Jahren 2001 und 2002 durch die Verbesserung von Fahrbahn und Gehwegen erfolgten Ausbau der M-straße zu einem Straßenausbaubeitrag in Höhe von 12.078,14 Euro herangezogen hat. Das, was der Kläger in seinem Schriftsatz vom 8.2.2005 vorbringt und den Prüfungsumfang des Senats im gegebenen Zusammenhang begrenzt, gibt keine Veranlassung, das Urteil vom 5.11.2004 einer Überprüfung in einem Berufungsverfahren zuzuführen, denn daraus ergeben sich weder ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) noch weist die Sache danach besondere rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Vielmehr steht schon jetzt außer Frage, dass das Verwaltungsgericht richtig entschieden hat.
Der Kläger bringt im Zulassungsverfahren allein noch vor, seine Heranziehung zu einem Straßenausbaubeitrag sei rechtswidrig, weil sie gegen § 5 Abs. 3 des Auseinandersetzungsvertrages zwischen der Kreisstadt S und der Gemeinde N. vom 23.7.1969 (Amtsbl. S. 582) verstoße. Dort heißt es:
Die Anliegerbeiträge für die bei Vertragsabschluss bestehenden Straßen und Wege sowie die D. Straße und den D. Weg in der Gemeinde N. werden nicht erhoben.
Dass sich daraus im gegebenen Zusammenhang nichts zugunsten des Klägers ergibt, hat das Verwaltungsgericht in seinem Urteil überzeugend herausgearbeitet. Darauf wird verwiesen. Was der Kläger in seinem Schriftsatz vom 8.2.2005 dagegen einwendet, greift nicht durch.
Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass § 5 Abs. 3 des genannten Vertrages mit der Verwendung des juristischen Fachbegriffs „Anliegerbeiträge” an den entsprechenden Terminus in den §§ 9, 10 des Preußischen Kommunalabgabengesetzes vom 14.7.1893 i.V.m. § 15 des Preußischen Fluchtliniengesetzes vom 2.7.1875 anknüpft und allenfalls noch die Auslegung gestattet, damit würden auch die im Jahre 1961 an die Stelle der Beiträge nach dem Preußischen Fluchtliniengesetz getretenen Erschließungsbeiträge nach den §§ 127 ff. BBauG/BauGB erfasst
in dem letztgenannten Sinne Schreiben des Ministeriums des Innern vom 15.11.1971 mit dem Hinweis, der Regelung in § 5 Abs. 3 des Vertrages vom 23.7.1969 sei in der irrigen, durch entsprechende Erklärungen des Beklagten hervorgerufenen Annahme zugestimmt worden, die angesprochenen Straßen stellten ohnehin erschließungsbeitragsfreie Altanlagen nach § 180 Abs. 2 BBauG dar, keinesfalls aber Ausbaubeiträge nach § 8 des Saarländischen Kommunalabgabengesetzes. Dies überzeugt sowohl von der Wortwahl her, der hier besondere Bedeutung zukommt, da der Vertrag zwischen Rechtskundigen, nämlich Gebietskörperschaften, abgeschlossen und vom Minister des Innern gebilligt wurde, als auch vor dem Hintergrund der Tatsache, dass im Saarland Straßenausbaubeiträge erst seit dem Inkrafttreten des Saarländischen Kommunalabgabengesetzes vom ...