Entscheidungsstichwort (Thema)

Annahme der Unzuverlässigkeit bei besonders sorglosem Umgang mit Waffen und Munition

 

Leitsatz (amtlich)

Schon unter der Geltung des Waffengesetzes 1976 war der in der Aufbewahrung einer geladenen Schusswaffe in der Wohnung zum Ausdruck kommende besonders sorglose Umgang mit Waffen und Munition als Tatsache anerkannt, die die Annahme der Unzuverlässigkeit des Waffenbesitzers rechtfertigen kann.

 

Normenkette

WaffG 1976 § 42 Abs. 1; WaffG § 36 Abs. 1 S. 2

 

Verfahrensgang

VG des Saarlandes (Beschluss vom 12.09.2007; Aktenzeichen 1 L 956/07)

 

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 12. September 2007 – 1 L 956/07 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller.

Der Streitwert wird unter entsprechender Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 12. September 2007 für beide Instanzen auf 5.875,– EUR festgesetzt.

 

Gründe

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den im Tenor bezeichneten Beschluss des Verwaltungsgerichts, durch den die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Widerruf der Waffenbesitzkarten des Antragstellers abgelehnt wurde, ist zulässig, aber unbegründet.

Das nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO den Prüfungsumfang durch den Senat beschränkende Beschwerdevorbringen in dem am 12.10.2007 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz ist auch unter Berücksichtigung der Ausführungen des Antragstellers in dem am 13.11.2007 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz nicht geeignet, die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung, den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Widerrufsverfügung vom 25.6.2007 zurückzuweisen, in Frage zu stellen.

Zu Recht hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass die Begründung des Sofortvollzugs den formalen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügt und dass nach den Erkenntnismöglichkeiten des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens davon auszugehen ist, dass sich der angefochtene Widerruf im Hauptsacheverfahren als rechtmäßig erweisen wird.

Zutreffend hat das Verwaltungsgericht insoweit darauf abgestellt, dass eine Erlaubnis nach § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG 2002 (zwingend) zu widerrufen ist, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen, was vorliegend der Fall sei, da der Antragsteller die in § 5 Abs. 1 Nr. 2 b WaffG 2002 normierte Pflicht, Waffen und Munition sorgfältig zu verwahren, verletzt und sich dadurch als unzuverlässig im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG erwiesen habe.

Ausweislich des am 26.2.2003 gefertigten Vermerks über die am 25.2.2003 erfolgte Durchsuchung der Wohnung des Antragstellers durch Mitarbeiter des Zollfahndungsamtes Stuttgart (Ermittlungsakte 31 Js 192/03, Bl. 75, 76) wurde in dessen Wohnung neben einem umfangreichen Bestand an Munition in verschiedenen Kalibern eine Vielzahl von Schusswaffen vorgefunden, die frei zugänglich – teils sogar an der Wand hängend – aufbewahrt wurden. Im Nachttisch befand sich ein mit fünf Patronen geladener Revolver, in einer Kommode eine weitere mit zwei Patronen geladene Schusswaffe. Die sachliche Richtigkeit dieser Feststellungen wurde seitens des Antragstellers zu keinem Zeitpunkt, auch nicht im Anschluss an die im erstinstanzlichen Verfahren erfolgte Einsicht seines Prozessbevollmächtigten in die Ermittlungsakte (vgl. Bl. 27R, 28 der Gerichtsakte) in Abrede gestellt. Damit ist im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens davon auszugehen, dass der Antragsteller seine Sorgfaltspflichten betreffend die sichere Verwahrung der in seinem Besitz befindlichen Waffen in einer seine Unzuverlässigkeit begründenden Weise verletzt hat.

Problematisch – aber letztlich nicht entscheidungsrelevant – ist in diesem Zusammenhang allerdings, dass das Verwaltungsgericht zur Bestimmung des Maßes der seitens des Antragstellers bei der Verwahrung seiner Waffen aufzubringenden Sorgfalt die am 1.4.2003 in Kraft getretene Vorschrift des § 36 WaffG 2002 und die seit dem 1.12.2003 in Kraft befindliche Vorschrift des § 13 AWaffV heranzieht, obwohl beide Vorschriften erst nach der am 25.2.2003 erfolgten Wohnungsdurchsuchung rechtsverbindlich geworden sind, und damit deren im Vergleich zu der unter der Geltung des Waffengesetzes 1976 maßgeblichen Rechtslage verschärfte Anforderungen an die aufzubringende Sorgfalt (BT-Drucksache 14/7758, S. 1; Steindorf, Waffenrecht, Kommentar, 8. Aufl. 2007, § 36 Rdnr. 2) für anwendbar hält. Ohne Zweifel zutreffend ist zwar der Ausgangspunkt dieser Argumentation, dass das Waffengesetz 2002 auch auf Erlaubnisse, die noch unter der Geltung des Waffengesetzes 1976 oder noch früher erteilt wurden, Anwendung findet, wenn es im maßgeblichen Zeitpunkt – im Falle des Widerrufs also zur Zeit der letzten Behördenentscheidung – bereits in Kraft getreten war. (Beschlüsse des Senats vom 12.6.2006 – 1 W 25/06 –, vom 21.11.2006 – 1 W 50/06 –, vom 24.10.2007 – 1 B 402/07 – und vom 15.11.2007 – 1 A 425/07 –; BVerwG, Urteil vom 16...

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