Entscheidungsstichwort (Thema)
Hinterbliebenenversorgung nach §§ 43 Abs. 1 SVG, 19 Abs. 1 BeamtVG. Gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe bei einer Ehedauer von knapp vier Monaten. Widerlegung der Vermutung
Leitsatz (amtlich)
1. Die Tatsache, dass die Klägerin vor der Eheschließung bereits ca. 10 Jahre mit ihrem späteren Ehemann zusammengelebt hat und während dieser Zeit gemeinsam ein Haus erworben und ein Erbvertrag abgeschlossen wurde, reicht angesichts der kurzen Ehedauer von 3 Monaten und 21 Tagen nicht aus, um die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe zu widerlegen.
2. Bei Ansprüchen auf wiederkehrende Leistungen aus einem öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnis bemisst sich der Streitwert nach dem dreifachen Jahresbetrag der wiederkehrenden Leistungen, wenn nicht der Gesamtbetrag der geforderten Leistungen geringer ist. Die bei Einreichung der Klage bereits fälligen Beträge werden dem Streitwert hinzugerechnet (§ 42 Abs. 3 und 5 GKG).
Normenkette
SVG § 43 Abs. 1; BeamtVG § 19 Abs. 1
Verfahrensgang
VG des Saarlandes (Urteil vom 12.07.2005; Aktenzeichen 3 K 265/04) |
Tenor
Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 12. Juli 2005 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes – 3 K 265/04 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Zulassungsverfahrens trägt die Klägerin.
Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 40.522,32 Euro festgesetzt.
Gründe
Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das im Tenor genannte Urteil ist zulässig, aber nicht begründet.
Mit diesem Urteil wurde die auf eine Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung einer Hinterbliebenenversorgung gerichtete Klage abgewiesen. Zur Begründung heißt es in dem Urteil unter Bezugnahme auf die Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid vom 19.5.2004 und in dem Widerspruchsbescheid vom 22.11.2004, nach § 43 Abs. 1 SVG in Verbindung mit § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG bestehe kein Anspruch auf Witwengeld, da die Ehe der Klägerin weniger als ein Jahr, nämlich nur 3 Monate und 21 Tage, gedauert habe und von daher die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe bestehe. Diese Vermutung habe die Klägerin nicht widerlegen können. Die von der Klägerin insoweit angeführte langjährige eheähnliche Lebensgemeinschaft reiche dazu ebenso wenig aus wie der lange vor der Eheschließung getätigte gemeinsame Hauskauf sowie der bereits im Jahre 1999 geschlossene Erbvertrag. Diese könnten vielmehr auch ein Indiz dafür sein, dass die Klägerin und ihr verstorbener Ehemann nicht schon längerfristig die Ehe als zielstrebige Verwirklichung eines bereits vor der Erlangung der Kenntnis der Erkrankung bestehenden konkreten Beschlusses ins Auge gefasst hätten. Dass die Eheleute nach der ärztlichen Stellungnahme des Facharztes C. angesichts der eingeleiteten Therapiemaßnahmen Hoffnung für den weiteren Krankheitsverlauf geschöpft hätten, ändere nichts daran, dass beiden im Zeitpunkt der Eheschließung angesichts des Vorliegens von zwei inoperablen Gehirntumoren der mögliche tödliche Krankheitsverlauf bekannt gewesen sei.
Das den Prüfungsumfang im Zulassungsverfahren begrenzende Vorbringen im Schriftsatz der Klägerin vom 19.9.2005 gibt keine Veranlassung, das genannte Urteil einer Überprüfung in einem Berufungsverfahren zuzuführen. Unter Zugrundelegung der Antragsbegründung ergeben sich weder ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), noch kann ein möglicherweise – jedoch ohne Benennung der Vorschrift – geltend gemachter Verfahrensmangel im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO angenommen werden.
Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass das Verwaltungsgericht einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung unter Hinweis auf die in § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG statuierte gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe bei einer Ehedauer von weniger als einem Jahr zu Recht verneint hat. Das Vorbringen der Klägerin im Schriftsatz vom 19.9.2005 stellt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die Klägerin habe die gesetzliche Vermutung einer „Versorgungsehe” nicht ausgeräumt, nicht ernstlich in Frage.
Eine Widerlegung der vorgenannten gesetzlichen Vermutung setzt voraus, dass die Witwe darlegen oder sonst festgestellt werden kann, dass unter den Heiratsmotiven jedenfalls eines der Ehegatten die Versorgungsabsicht keine maßgebende Bedeutung hatte. Die Vermutung der „Versorgungsehe” kann jedoch nur durch besondere, objektiv feststellbare Umstände des jeweiligen Falles ausgeräumt werden, nach denen ein anderer Zweck der Eheschließung zumindest ebenso wahrscheinlich ist wie der Versorgungszweck. Erklärungen der Ehegatten über den Zweck der Ehe reichen grundsätzlich nicht aus. Entscheidend ist, ob die Versorgungsabsicht nach dem äußeren Gesamtbild der Eheschließung im Vordergrund gestanden hat. Die materielle Beweislast dafür, dass die Versorgungsabsicht keine maßgebende Bedeutung für die Heirat hatte, trifft die Witwe, vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschlü...