Entscheidungsstichwort (Thema)

Prüfungsumfang im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine bewusste Überschreitung des eingeschränkten präventiven Prüfungsprogramms für das vereinfachte Baugenehmigungsverfahren nach § 64 Abs. 2 LBO 2004 durch die Bauaufsichtsbehörde rechtfertigt für sich nicht die Annahme einer Verletzung von Nachbarrechten.

2. Bei unter Ausnutzung der abstandsflächenrechtlichen Privilegierung ausgeführten grenzständigen oder grenznahen Garagen ist eine Nutzung des Daches als Terrasse nur in dem Bereich zulässig, der sich außerhalb des Mindestgrenzabstands für nicht privilegierte Gebäude von 3 m (§ 7 Abs. 5 Satz 3 LBO 2004) befindet.

3. Der Umstand, dass eine unter Ausnutzung des § 8 Abs. 2 LBO 2004 grenzständig oder – wie hier – grenznah errichtete Garage baulich und funktional mit dem Hauptgebäude, hier dem Wohnhaus, verbunden ist, steht der Annahme des Vorliegens eines abstandsflächenrechtlich privilegierten Gebäudes nicht entgegen, sofern sich die Einhaltung der baulichen Maßvorgaben und die Beachtung der eingeschränkten Benutzungsmöglichkeiten des landesrechtlichen Grenzgaragenprivilegs hinsichtlich des im Grenzbereich befindlichen Anlagenteils eindeutig beurteilen und bejahen lassen.

 

Normenkette

LBO 2004 § 64 Abs. 2, § 7 Abs. 5 S. 3, § 8 Abs. 2

 

Verfahrensgang

VG des Saarlandes (Urteil vom 14.03.2007; Aktenzeichen 5 K 82/06)

 

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 14. März 2007 – 5 K 82/06 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Zulassungsverfahrens trägt der Kläger. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen werden nicht erstattet.

Der Streitwert für das Berufungszulassungsverfahren wird auf 7.500,– EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Der Kläger ist Eigentümer des mit einem Gartenhaus bebauten Grundstückes Parzellen Nr. 451/1 und Nr. 452 in Flur 2 der Gemarkung S an der H. Straße. Er wendet sich gegen eine den Beigeladenen im vereinfachten Verfahren nach § 64 LBO 2004 mit Bauschein vom 23.1.2006 erteilte Baugenehmigung für den Neubau eines Wohnhauses mit Doppelgarage auf dem seitlich anschließenden Grundstück Parzellen Nr. 448, 449, 450/1 und 397/65. Ein Bebauungsplan für den Bereich existiert nicht.

In den genehmigten Bauvorlagen ist ein Einfamilienhaus, bestehend aus Unter-, Ober- und Dachgeschoss dargestellt, das mit der südlichen Außenwand im Hauptbaukörper einen Abstand von 4,76 m zur gemeinsamen Grenze aufweist. An dieser Seite ist ein 1,615 m vor die Außenwand vorgezogener Vorbau im Obergeschoss mit einem aufliegenden, vom Dachgeschoss her zugänglichen Balkon dargestellt. Im Bereich der vorderen rechten Gebäudeecke befindet sich in den Plänen eine teilweise in das aufgrund ansteigenden Geländes zur Straße hin frei stehende Unterschoss integrierte Doppelgarage. Diese tritt seitlich nach den Plänen 3,25 m vor die Außenwand vor und hält dementsprechend einen Abstand zur Grenze von 1,51 m ein. Das Dach der Garage sollte nach den Plänen vollständig in eine an dieser Seite umlaufende Terrasse einbezogen werden. Insoweit wurde indes im Grundriss für das Obergeschoss vom Beklagten durch Grüneintrag die Terrassennutzung auf dem Dach in einem Abstand bis zu 3 m gekennzeichnet und auf eine Auflage im Bauschein Bezug genommen. Entsprechend heißt es im Beiblatt 5 unter Ziffer 43:

„Das Flachdach der Garage darf innerhalb der Abstandsfläche von 3,0 m nicht als Terrasse genutzt werden. Es muss eine wirksame Umwehrung geschaffen werden”.

Nach der Auflage Ziffer 44 musste ferner „vor Baubeginn eine Parzellenvereinigung beim zuständigen Katasteramt beantragt werden”. Das ist zwischenzeitlich geschehen. (vgl. den bei der Gerichtsakte (Bl. 27) befindlichen neuen Auszug aus der Katasterkarte vom 7.9.2006, der eine einheitliche Parzelle mit der neuen Nr. 449/1 ausweist)

Am 18.7.2006 erhob der Kläger, dem gegenüber eine Bekanntgabe nicht erfolgt war, Widerspruch gegen die Baugenehmigung. Zur Begründung verwies er darauf, dass das Flachdach der Garage innerhalb der Abstandsfläche von 3 m nicht als Terrasse benutzt werden dürfe. Ferner müssten „bei dem erbauten Balkon” wie bei Gebäuden Abstandsflächen eingehalten werden.

Mit der nach Zurückweisung dieses Widerspruchs (vgl. den Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses in St. Wendel vom 30.8.2006 – KRA 6401-48/06 –) erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, bei der Doppelgarage handele es sich nicht um eine abstandsflächenrechtlich privilegierte Anlage. Das Vorhaben sei als „einheitliches Gebäude konzipiert”. Der linke Teil der Doppelgarage sei in das „Hausanwesen integriert”. Die Garage und auch der in der Giebelwand befindliche „Rundbalkon” hielten nicht die notwendigen Grenzabstände ein.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage nach Durchführung einer Ortsbesichtigung am 24.1.2007, bei der das Vorhaben im Rohbau weitestgehend fertig gestellt war, abgewiesen. In der Begründung heißt es, im vereinfachten Genehmigungsverfahren gehöre das Bauordnungsrecht und damit auc...

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