Leitsatz (amtlich)

1. Ein Überschwemmungsgebiet mit der Genehmigungspflicht für die hochwasserverträgliche Gestaltung von Lagerplätzen kann auch im Innenbereich festgesetzt werden und belastet einen Spediteur nicht unverhältnismäßig.

2. Raumordnungsrecht kann das Schutzprogramm des Wasserrechts nicht beiseite schieben.

3. Die weit gefassten Nutzungseinschränkungen in § 3 II der Überschwemmungsgebietsverordnung vom 29.9.2000 (Amtsbl. S. 1532) sind gesetzeskonform nach § 80 SWG so anzulegen, dass nur gezielte und hochwassererhebliche Maßnahmen der wasserrechtlichen Genehmigungspflicht unterliegen (Gezieltheitskriterium und Erheblichkeitskriterium).

 

Tenor

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens haben die Antragsteller zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Antragsteller wenden sich im Wege der Normenkontrolle gegen die Überschwemmungsgebietsverordnung des Antragsgegners vom 29.9.2000 (Amtsbl. S. 1532).

Die Antragsteller sind Miteigentümer des von ihnen bewohnten Anwesens B, (im Folgenden H.). Das Anwesen befindet sich im Innenbereich der Gemeinde und grenzt nach dem Plan Bl. 107 der Gerichtsakte an die Blies. Der Antragsteller betreibt auf dem Grundstück ein Speditionsgewerbe. Hinter dem Wohnhaus werden in einem Anbau Paletten und Frachtgüter auf einer Fläche von etwa 100 qm gelagert; weiter werden auf dem umzäunten Hof auf einer Fläche von etwa 300 qm ebenfalls Güter und Paletten gelagert (Bl. 90 der Gerichtsakte).

Das Grundstück liegt vollständig innerhalb der Schutzzone der streitigen Überschwemmungsgebietsverordnung vom 29.9.2000 (Amtsbl. S. 1532), die der Antragsgegner erlassen hat. Die Überschwemmungsgebietsverordnung umfasst ein Überschwemmungsgebiet an der Blies nach Maßgabe der beigefügten Karten von B bis R und damit Gemeindegebiet der Gemeinden G, M und K; im vorliegenden Normenkontrollverfahren wird nur das Gebiet der Gemeinde M mit den Ortsteilen H. und B angegriffen.

Der Antragsgegner hat vor der förmlichen Festsetzung des Schutzgebietes zunächst als vorläufige Regelung die Verordnung betreffend die vorläufige Anordnung der Anwendung des § 80 SWG für das beabsichtigte Überschwemmungsgebiet vom 11.11.1998 (Amtsbl. S. 1186), in Kraft getreten nach § 5 am 19.12.1998, erlassen.

Im förmlichen Festsetzungsverfahren hat er sodann (Bl. 17 des Behördenordners I) den Entwurf der vorgesehenen Rechtsverordnung und die zugehörigen Planunterlagen in der Zeit vom 17.1. bis zum 16.2.2000 bei den Bürgermeistern der drei betroffenen Gemeinden während der allgemeinen Dienststunden zur Einsicht ausgelegt. Mit Schreiben vom 28.2.2000 (Behördenordner II, Bl. 143) legten die Antragsteller dagegen Widerspruch ein. Sie wandten sich im Folgenden mit umfangreicher Begründung insbesondere gegen die Einbeziehung des Innenbereichs durch die Überschwemmungsgebietsverordnung unter Verstoß gegen das Raumordnungsrecht.

Am 16.5.2000 fand die mündliche Verhandlung im Verwaltungsverfahren statt (Behördenordner I, Bl. 32), an der der Antragsteller ausweislich seiner Unterschrift (Behördenordner I, Bl. 31) teilnahm. Nach dem Protokoll (S. 4, 5) wurden von den Einwendern insbesondere unzureichende Informationen über das Festsetzungsvorhaben bemängelt, die Einbeziehung der bebauten Ortslage in das Überschwemmungsgebiet, der Wertverlust des Eigentums und die Vermutung eines generellen Bauverbots; als Alternative wurde eine Entschärfung der Hochwassersituation durch Ausbaggern der Blies in den betroffenen Ortslagen vorgeschlagen. Im weiteren Festsetzungsverfahren nahm das Landesamt für Umweltschutz mit Schreiben vom 6.9.2000 (Behördenordner I Bl. 51) im Grenzverlauf in H. einige Reduzierungen zugunsten der Anlieger vor; das Anwesen der Antragsteller ist von dieser Reduzierung nicht betroffen. Mit Schreiben vom 29.9.2000 (Behördenordner I, nach Bl. 35) benachrichtigte der Antragsgegner die Antragsteller davon, dass ihre Einwendungen zurückgewiesen worden seien.

Im förmlichen Festsetzungsverfahren wurde die Verordnung vom 29.9.2000 am 6.10.2000 im Amtsblatt verkündet (Amtsblatt S. 1532) und trat nach § 5 am 7.10.2000 in Kraft.

Am 24.9.2002 haben die Antragsteller bei dem Oberverwaltungsgericht den vorliegenden Normenkontrollantrag 3 N 1/02 bezogen auf die Überschwemmungsgebietverordnung innerhalb der Gemeinde M gestellt.

Die Antragsteller begründen die Zulässigkeit des Normenkontrollantrags insbesondere mit Blick auf die von ihnen vorgetragenen Grundrechtsverstöße.

In der Sache sei der Normenkontrollantrag begründet.

Die angegriffene Verordnung sei bereits formell fehlerhaft. Ein Anhörungsfehler nach § 73 VwVfG liege darin, dass es keine ausreichenden Informationen über das europäische Programm IRMA gegeben habe und mithin ein entsprechender Verlust eines Einwendungsgrundes eingetreten sei. Weiterhin sei unüberprüfbar, ob überhaupt eine neue Abwägung stattgefunden habe, da die Einwendungen ohne konkrete Begründung zurückgewiesen seien. Der Abw...

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