Entscheidungsstichwort (Thema)
Kommunalrechts (Abberufung eines Beigeordneten)
Verfahrensgang
VG Frankfurt (Oder) (Urteil vom 23.04.1998; Aktenzeichen 1 K 343/98) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 23. April 1998, verkündet am 10. Juni 1998, wird zugelassen.
Gründe
Die Berufung war auf den zulässigen Antrag der Beklagten (vgl. hierzu den Beschluss des Senats vom selben Tage – 1 A 196/98 –) zuzulassen, weil die Beklagte mit Erfolg dargelegt hat, dass das angefochtene Urteil von einem Rechtssatz in dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Juli 1978 – 7 C 45.76 – (BVerwGE 56, 163 ff.) abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO).
In der zitierten Entscheidung hat das Bundesverwaltungsgericht zur Frage der Anhörung des Amtsinhabers (dort Bürgermeisters) vor dessen Abwahl in einem Fall, in dem die das Abwahlverfahren betreffende Vorschrift der Gemeindeordnung für Rheinland-Pfalz eine solche Anhörung nicht regelte, ausgeführt, dass diese Vorschrift auch ohne Begründung einer Anhörungspflicht der Gemeindevertretung den Anforderungen eines rechtsstaatlichen Verfahrens genüge: „Dem Bürgermeister” sei „es unbenommen, sich spätestens in der Zeit zwischen Antrag auf Beschlußfassung und Abwahl in der Gemeindevertretung Gehör zu verschaffen und zu versuchen, das verlorene Vertrauen der Gemeindevertretung zurückzugewinnen. Antrags- und Fristenerfordernis stellen sicher, daß der Betroffene von einer Abwahl nicht überrascht werden kann” (BVerwG, a. a. O. [171]). Es hat des weiteren ausgeführt, dass im Hinblick darauf, dass der von der Abwahl bedrohte Bürgermeister keine an rechtlichen Maßstäben überprüfbare Begründung für diese Entscheidung fordern könne, es an einer sinnvollen Voraussetzung für die Einräumung rechtlichen Gehörs fehle (BVerwG, a. a. O. [172]). Von diesem Rechtsstandpunkt weicht das angefochtene Urteil ab, indem es den Rechtssatz aufstellt, dass für die Abberufung (hier des Ersten Beigeordneten) nach § 70 Abs. 3 der Gemeindeordnung für das Land Brandenburg, der ebenfalls keine Anhörungspflicht der Gemeindevertretung vorsieht, der Amtsinhaber, der abberufen werden soll, auch ohne eine ausdrückliche gesetzliche Regelung vom Abberufungsverfahren zu unterrichten sei und nach allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätzen rechtliches Gehör beanspruchen könne; die Anhörung setze danach „ein zielgerichtetes Handeln im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens voraus mit dem Bewusstsein, eine bestimmte Rechtsfolge herbeizuführen und zu erreichen” (S. 7 des Urteilsabdrucks).
Das angefochtene Urteil beruht auch auf dieser Abweichung, weil das Verwaltungsgericht die Rechtswidrigkeit der Abberufung des Klägers allein auf dessen fehlende Anhörung vor der Abberufung – gemessen an den zuvor genannten rechtlichen Anforderungen in der Entscheidung des Verwaltungsgerichts – gestützt hat.
Ob weitere Zulassungsgründe gegeben sind, bedarf danach keiner Erörterung.
Das Antragsverfahren wird als Berufungsverfahren unter dem selben Aktenzeichen fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht (§ 124 a Abs. 2 Satz 4 VwGO).
Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
Unterschriften
Liebert, Wolnicki, Bergk
Fundstellen