Verfahrensgang
VG Minden (Aktenzeichen 7 K 4176/99) |
Tenor
Das angefochtene Urteil wird geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die am 12. Mai 1997 geborene Tochter der Klägerin, E. M., wurde in der Zeit vom 1. Oktober 1998 bis zum 30. September 1999 in der Tagespflegestelle der Frau M. D. betreut. Die Klägerin, allein erziehende Mutter, absolvierte seinerzeit ein Studium der Gesundheitswissenschaften. Im vorliegenden Verfahren begehrt sie Ersatz der durch die Vergütung der Tagespflegeperson entstandenen Aufwendungen für die Zeit vom 1. Oktober 1998 bis zum 12. Mai 1999 in Höhe von monatlich 235 DM. In diesem Zeitraum bezog sie Erziehungsgeld nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) in Höhe von monatlich 600 DM. Die Tagespflegekosten für die sich an den Bewilligungszeitraum für das Erziehungsgeld anschließende Zeit vom 13. Mai bis zum 30. September 1999 übernahm der Beklagte unter Hinweis auf § 23 SGB VIII mit Bewilligungsbescheid gegenüber Frau M.D..
Im August 1998 hatte die Klägerin erstmals bei dem Jugendamt des Beklagten vorgesprochen und die Erstattung der Betreuungskosten für ihre Tochter beantragt. Hierauf war ihr – so der Vermerk in den Verwaltungsvorgängen des Beklagten vom 9. Februar 1999 – mitgeteilt worden, dass die zweckidentische Leistung des Erziehungsgeldes der Kostenübernahme entgegenstehe.
Unter dem 30. Januar 1999 wandte sie sich erneut an den Beklagten und begehrte die Übernahme der Betreuungskosten für ihre Tochter seit dem 1. Oktober 1998.
Der Beklagte lehnte mit Bescheid vom 9. Februar 1999 die begehrte Hilfeleistung unter Hinweis darauf ab, dass es sich bei dem Erziehungsgeld um eine damit zweckidentische Leistung im Sinne des § 93 Abs. 5 SGB VIII handele. Die Kosten für die Tagespflege müssten aus dem Erziehungsgeld aufgebracht werden, da diese Kostenbeteiligung gemäß § 92 Abs. 1 SGB VIII vorrangig sei. Hiergegen wandte sich die Klägerin mit ihrem Widerspruch vom 9. März 1999. Zur Begründung bezog sie sich auf eine Stellungnahme des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 25. März 1999, in der die Auffassung vertreten wird, wegen § 8 BErzGG dürfe eine Leistung der Jugendhilfe nicht wegen des Bezugs von Erziehungsgeld entfallen; zudem sei Erziehungsgeld auch keine zweckidentische Leistung i.S.d. § 93 Abs. 5 SGB VIII.
Auf Anfrage des Beklagten wiederholte das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend unter dem 20. Juli 1999 die in der Stellungnahme vom 25. März 1999 abgegebene Einschätzung.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24. November 1999 stellte der Beklagte fest, dass für das Wohl des Kindes E. M. die Tagespflege bei Frau M. D. von bis zu 6 Stunden an 5 Tagen die Woche geeignet und erforderlich gewesen sei. Im Übrigen wies er den Widerspruch zurück und führte aus: Die Klägerin als Personensorgeberechtigte sei nicht Inhaberin des Aufwendungsersatzanspruchs gemäß § 23 Abs. 3 SGB VIII. Dieser Anspruch stehe vielmehr allein der Tagespflegeperson zu. Unabhängig davon scheitere der Anspruch an § 93 Abs. 5 SGB VIII. Die Geldleistungen zur Betreuung in Tagespflege gemäß § 23 Abs. 3 Satz 2 SGB VIII dienten dem gleichen Zweck wie das Erziehungsgeld.
Am 21. Dezember 1999 hat die Klägerin unter Wiederholung ihres Vorbringens aus dem Widerspruchsverfahren Klage erhoben und ergänzend ausgeführt: Mit der Feststellung der Geeignetheit und Erforderlichkeit der Tagespflege sei auch die Übernahme der Kosten für die Aufwendungen der Tagespflegeperson verbunden. Aus der Regelung in § 23 Abs. 3 Satz 2 SGB VIII könne nicht hergeleitet werden, dass nur die Tagespflegeperson selbst aktivlegitimiert zur Durchsetzung des Aufwendungsersatzanspruchs sei. Dieser Anspruch müsse von dem Personensorgeberechtigten geltend gemacht und durchgesetzt werden können, da dieser zur Bezahlung der Tagespflegeperson verpflichtet sei. Ferner sei das Erziehungsgeld keine zweckidentische Leistung im Sinne des § 93 Abs. 5 SGB VIII. Mit der Regelung in § 8 Abs. 1 BErzGG habe der Gesetzgeber ausdrücklich den Charakter des Erziehungsgeldes als zusätzliche Leistung betont. Für dieses Ziel sei unerheblich, ob das Erziehungsgeld als Einkommen angerechnet werde oder direkt eine andere Sozialleistung ausschließe. Schließlich sei zu berücksichtigten, dass sie – die Klägerin – für den Fall der Unterbringung ihrer Tochter in einer Tageseinrichtung keinen Beitrag zu diesen Kosten hätte leisten müssen. Das Erziehungsgeld wäre bei der Berechnung nicht angerechnet worden. Die Betreuung ihrer Tochter in einer Tageseinrichtung sei jedoch daran gescheitert, dass die von ihr besuchten Studienveranstaltungen zum Teil bis in den Abend hinein angedauert...