Verfahrensgang

VG Arnsberg (Aktenzeichen 7 K 3660/96)

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen 1987 und 1991 baute der Beklagte die S. Straße aus, an der das Grundstück S. Straße 55 (Gemarkung B., Flur 17, Flurstück 111) liegt. Eigentümer des Grundstücks waren die Mitglieder der ungeteilten Erbengemeinschaft nach F. R., an der die Klägerin mit einem Achtel beteiligt war. Durch notarielle Urkunde vom 24. Mai 1995 des Notars im Bezirk des Oberlandesgerichts zu (Urkunden-Rolle Nr. 298 für das Jahr 1995) bot die Klägerin ihren Erbanteil den übrigen 19 Miterben zum Kauf an. Der Vertrag sollte zu Stande kommen, wenn das Angebot von sämtlichen Angebotsempfängern bis spätestens zum 31. Juli 1995 zu notariellem Protokoll angenommen wurde. Der Verkauf des Erbanteils sollte mit dinglicher Wirkung erfolgen. Dieses Angebot nahmen die Angebotsempfänger, zum Teil vertreten durch andere Miterben, am 29. Juni 1995 durch vor dem Notar errichtete Urkunden an (Urkunden-Rolle Nrn. 362 bis 372 für das Jahr 1995). Für den Miterben A. R. nahm seine Mutter K. R. das Angebot an (Urkunden-Rolle Nr. 370 für das Jahr 1995). Die Miterbin M. P. ließ folgende Erklärung beurkunden (Urkunden-Rolle Nr. 372 für das Jahr 1995):

„Durch Urkunde vom 24.05.1995 (UR 298/95 amtierenden Notars) hat mir Frau R. S., Haus R. 1, H. den Abschluss eines Übertragungsvertrages angeboten. Dieses Annahmerecht trete ich an meinen Sohn J. P. P., geb. am 26.09.1969, ab. Im Namen meines Sohnes nehme ich die Abtretung an und erkläre zugleich für meinen Sohn die Annahme des Vertragsangebotes der Frau R. S., von dem ich eine Ausfertigung erhalten habe und dessen Inhalt mir in allen Teilen bekannt ist.”

Dazu legte sie eine Vollmacht des J. P. P. vom 4. Juni 1995 mit dessen notariell beglaubigter Unterschrift vor, wonach er seine Mutter M. P. und seinen Vater, und zwar jeden für sich und unter Befreiung von den Einschränkungen des § 181 BGB, bevollmächtigte, die Annahme des Angebots der Frau S. vom 24. Mai 1995 zu erklären bzw. neu zu verhandeln.

Dieser Übergang des Erbanteils der Klägerin wurde am 1. Dezember 1995, berichtigt am 16. Juli 1996, in das Grundbuch eingetragen. Die Übertragung des Erbanteils zeigte die Klägerin mit Schreiben vom 4. Juli 1995 dem Nachlassgericht gemäß § 2384 BGB an.

Mit Bescheid vom 21. November 1995 (zugestellt am 25. November) zog der Beklagte die Klägerin für eine Teilfläche des Flurstücks „als beitragspflichtiges Mitglied der Erbengemeinschaft, bestehend aus (s. Anlage)” zu einem Straßenbaubeitrag für den Ausbau der S. Straße in Höhe von 5.105,85 DM heran. Dem Bescheid war als Anlage eine Übersicht über die Mitglieder der Erbengemeinschaft beigefügt, wie sie sich nach der Grundbucheintragung vom Stande 19. Oktober 1995 darstellte.

Dagegen legte die Klägerin Widerspruch ein, den sie mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 15. Januar 1996 damit begründete, dass sie zum Zeitpunkt der Zustellung des Bescheides nicht mehr Mitglied der Erbengemeinschaft gewesen sei. Den Widerspruch wies der Beklagte durch Bescheid vom 9. Juli 1996 zurück.

Mit der rechtzeitig erhobenen Klage hat die Klägerin vorgetragen: Sie sei im Zeitpunkt der Zustellung des Heranziehungsbescheides nicht Mitglied der Erbengemeinschaft gewesen und es auch nicht mehr geworden. Der Übergang des Erbteils sei mit dinglicher Wirkung durch den Vertrag vom 24. Mai und 29. Juni 1995 vollzogen, der Mitteilungspflicht nach § 2384 BGB ordnungsgemäß nachgekommen worden. Soweit der Beklagte Zweifel an der Wirksamkeit der Übertragung äußere, seien diese nicht berechtigt: Die ihren Sohn A. vertretende Mutter K. R. sei allein sorgeberechtigt gewesen, da sie mit dem Vater ihres minderjährigen Sohnes nie verheiratet gewesen sei. Die Miterbin M. P. habe das dingliche Vertragsangebot an ihren Sohn abgetreten. Damit sei die Klägerin einverstanden gewesen. Eine notarielle Beurkundung der Vollmacht des J. P. P. wegen der Befreiung von der Vorschrift des § 181 BGB sei nicht erforderlich gewesen, da grundsätzlich eine Vollmacht nicht der Form bedürfe, die das Rechtsgeschäft erfordere, für die die Vollmacht erteilt werde. Die in der Rechtsprechung anerkannten Ausnahmen von diesem Grundsatz lägen nicht vor.

Die Klägerin hat beantragt,

den Heranziehungsbescheid des Beklagten vom 21. November 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Juli 1996 aufzuheben.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat vorgetragen: Im maßgeblichen Zeitpunkt, nämlich dem Zeitpunkt der Zustellung des Beitragsbescheides, sei nach Auskunft des Grundbuchamtes die Klägerin Miteigentümerin gewesen. Da in diesem Zeitpunkt eine Gr...

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