Leitsatz (amtlich)
1. Durch eine Zuwegungsbaulast, die mangels baurechtlicher Bedeutsamkeit dem greifbaren Risiko jederzeitiger Löschung von Amts wegen ausgesetzt ist, wird ein Erschlossensein i.S.v. § 133 Abs. 1 BauGB nicht bewirkt.
2. Steht der Erreichbarkeit eines (Anlieger-)Grundstücks ein dicht mit Bäumen und Sträuchern bestandener und entsprechend gewidmeter unselbständiger Grünstreifen als (ausräumbares) tatsächliches und rechtliches Hindernis entgegen, ist dieses Grundstück solange nicht beitragspflichtig, wie dieses Hindernis nicht ausgeräumt ist. Hierzu reicht eine von der Gemeinde dem Eigentümer des Anliegergrundstücks gegenüber übernommene Verpflichtung, eine Zufahrt an gewünschter Stelle unter Durchbrechung des Gehölzstreifens anzulegen und ihm ein entsprechendes Nutzungsrecht einzuräumen, nicht aus.
Normenkette
BauGB § 133 Abs. 1; BauO NRW § 4 Abs. 1 Nr. 1, § 83 Abs. 1, 3
Verfahrensgang
VG Düsseldorf (Aktenzeichen 12 K 12968/96) |
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zu einem Erschließungsbeitrag für die erstmalige Herstellung der Erschließungsanlage „G.-Straße” im Gebiet der Stadt D..
Das 1630 qm große Grundstück der Klägerin Flurstück 143 grenzt mit einer Breite von ca. 18 m an die K. Straße an. Es ist dort straßennah mit einem zweigeschossigen freistehenden Wohnhaus bebaut und erstreckt sich mit ca. 85 m in den rückwärtigen – bislang gärtnerisch genutzten – Bereich. Das Grundstück unterfällt dem Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der es als Kerngebiet ausweist und innerhalb der durch Baugrenzen bestimmten überbaubaren Grundstücksflächen eine viergeschossige Bebauung zulässt. Die Lage des festgesetzten Baufensters orientiert sich teilweise an dem vorhandenen Gebäudebestand, erstreckt sich jedoch darüber hinaus ca. 55 m in den rückwärtigen Bereich. Die südliche Baugrenze liegt überwiegend auf der Grenze des Flurstücks der Klägerin zu dem sich dort südlich anschließenden, ca. 5 m tiefen und 85 m breiten Flurstück 171, das im Eigentum der Stadt steht. Dieses Flurstück gehört als nicht überbaubare Grundstücksfläche zu dem festgesetzten Kerngebiet. Es ist mit Bäumen und Sträuchern dicht bestanden. Südlich des Flurstücks 171 weist der Bebauungsplan eine Verkehrsfläche aus, die die G.-Straße in Anspruch nimmt.
Diese Straße, die beidseitig über Gehwege verfügt, wurde im Jahre 1969 gewidmet. Mit Baulasterklärung vom 31.3.1992 verpflichtete sich die Stadt gegenüber ihrer Bauaufsichtsbehörde zu dulden, dass die Fläche des Grundstücks Flurstück 171 vom jeweiligen Eigentümer des Grundstücks Flurstück 143 als Zufahrt bzw. Zugang zum Privatgrundstück genutzt wird. Die Verpflichtungserklärung wurde am 3.4.1992 in das Baulastenverzeichnis des Beklagten eingetragen.
Nachdem im Dezember 1992 letzte Arbeiten zur Herstellung von Gehwegen an der G.-Straße abgeschlossen waren, zog der Beklagte die Klägerin zu einem Erschließungsbeitrag heran.
Das VG gab der Klage der Klägerin durch das angefochtene Urteil statt.
Die vom Senat zugelassene Berufung des Beklagten hatte keinen Erfolg.
Entscheidungsgründe
Das VG hat zutreffend erkannt, dass die mit dem streitbefangenen Bescheid geltend gemachte Erschließungsbeitragspflicht bisher nicht entstanden ist, weil das veranlagte Grundstück nicht zu den von der G.-Straße erschlossenen Grundstücken im Sinne von § 133 Abs. 1 BauGB gehört. Hieran hat sich bis zum Zeitpunkt der Entscheidung durch den Senat nichts geändert.
Nach § 133 Abs. 1 BauGB ist ein Grundstück beitragspflichtig, wenn es der abzurechnenden Anbaustraße wegen bebaubar ist, d.h. unter anderem von ihr aus in einer Weise verkehrlich erreichbar ist, die den einschlägigen Bestimmungen des Bebauungsrechts, § 30 BauGB, und des Bauordnungsrechts, § 4 BauO NRW, genügt. Dabei muss bei Wohngrundstücken – bei Grundstücken in einem festgesetzten Kerngebiet gelten jedenfalls keine minderen Anforderungen – regelmäßig die Möglichkeit bestehen, mit privaten Kraftfahrzeugen und solchen des öffentlichen Versorgungs- und Rettungswesens auf der Fahrbahn der Anbaustraße bis zur Höhe des Grundstücks zu fahren und es von dort aus (u. U. über einen Geh- und/oder Radweg) zu betreten.
Grenzt das Grundstück nicht an die abzurechnende Anbaustraße (Hinterliegergrundstück), muss das auch hier erforderliche Heranfahrenkönnen an die Grundstücksgrenze im Falle zwischenliegenden fremden Grundbesitzes durch eine öffentlich-rechtlich gesicherte Zufahrt über diesen Grundbesitz vermittelt werden. Erst dann wird das Hinterliegergrundstück durch die Anbaustraße i.S.v. § 133 BauGB erschlossen und kommt die Erschließungswirkung der Anbaustraße zum Tragen.
Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben.
Dabei braucht der Senat nicht weiter zu untersuchen, ob sich das Grundstück der Klägerin nach dem hierfür maßgeblichen Eindruck eines unbefangenen Beobachters vor Ort,
vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 29.10.1993 – 8 C 53.91 –, NVwZ 1994, 909,
im Verhältnis zu der Erschließungsanlage „G.-Straße” wegen des vorgelagerten städtischen Flurstücks 171 als Hinterli...