Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausnahme. Bestattung. Bestattungskosten. Bestattungspflicht. Ersatzvornahme. Feuerbestattung. Kosten. Kosten der Ersatzvornahme. Verwandter, naher
Leitsatz (amtlich)
1. Die landesgewohnheitsrechtliche Bestattungspflicht naher Angehöriger entfällt in Niedersachsen allenfalls in besonderen Ausnahmefällen, zu denen Unterhaltspflichtverletzungen des Verstorbenen gegenüber dem Bestattungspflichtigen nicht gehören.
2. Wird die Bestattung im Wege der Ersatzvornahme von der Ordnungsbehörde veranlasst und liegen für die Durchführung der Bestattung keine ausdrücklichen Erklärungen des Verstorbenen oder des Bestattungspflichtigen vor, so kann die Ordnungsbehörde die Bestattung nach Maßgabe ihrer dafür vorgesehenen Sozialhilferichtlinien ausführen lassen. Es besteht keine Verpflichtung, aus Kostengründen die Leiche verbrennen zu lassen.
Normenkette
Nds SOG 66
Verfahrensgang
VG Hannover (Beschluss vom 21.02.2005; Aktenzeichen 1 A 6875/04) |
Gründe
Die Beschwerde ist unbegründet, weil das Verwaltungsgericht den Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Klageverfahren nach § 166 VwGO i. V. m. § 114 ZPO zu Recht abgelehnt hat. Der Senat stimmt mit dem Verwaltungsgericht darin überein, dass die Rechtsverfolgung der Klägerin keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
Die Klägerin wendet sich gegen die Erstattung von Bestattungskosten für ihren verstorbenen Vater. In der Rechtsprechung des Senats (vgl. Senatsbeschl. v. 27.9.2004 – 8 ME 227/04 –, NJW 2005, 1067 = Nds. VBl. 2005, 54; Beschl. v. 19.5.2003 – 8 ME 76/03 – NST-N 2003, 205; v. 16.5.2003 – 8 LA 100/02 –; v. 9.12.2002 – 8 LA 158/02 –, Nds. VBl. 2003, 109, und v. 9.7.2002 – 8 PA 94/02 –) ist geklärt, dass die „nahen” Angehörigen eines Verstorbenen in Niedersachsen grundsätzlich landesgewohnheitsrechtlich dazu verpflichtet sind, für dessen Bestattung zu sorgen. Zu diesem Personenkreis gehören die Kinder des Verstorbenen. Kommen die nahen Angehörigen ihrer Bestattungspflicht nicht nach, so hat ersatzweise die zuständige Ordnungsbehörde die Bestattung zu veranlassen. Sie kann nachfolgend durch Leistungsbescheid gestützt auf § 66 Abs. 1 Satz 1 Nds. SOG von dem Bestattungspflichtigen die Kosten der im Wege der Ersatzvornahme durchgeführten Bestattung geltend machen. Von diesen Grundsätzen ist zutreffend auch das Verwaltungsgericht ausgegangen und hat darauf beruhend der Anfechtungsklage der Klägerin keine Aussicht auf Erfolg beigemessen. Sie sei von der Beklagten als Ordnungsbehörde zu Recht zur Erstattung der Kosten herangezogen worden, die für die Bestattung ihres Vaters entstanden seien. Die Inanspruchnahme der Klägerin sei auch nicht unverhältnismäßig. Dies komme nur in Fällen in Betracht, in denen die Heranziehung zur Bestattung oder zum Kostenersatz grob unbillig und damit ermessensfehlerhaft wäre. Hierbei dürfte es sich jedoch in erster Linie um Fälle handeln, in denen sich der Verstorbene schwerer Straftaten gegenüber dem an sich bestattungspflichtigen Angehörigen schuldig gemacht habe. Diese Voraussetzungen seien vorliegend nicht gegeben.
Die Klägerin wendet gegen diese Entscheidung sinngemäß ein, dass ihre Heranziehung sowohl in der Sache als auch aufgrund ihrer persönlichen, nämlich ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse eine unbillige Härte darstelle. Sachlich sei ihre Heranziehung unbillig, weil sie ihren verstorbenen Vater erst im Jahre 2002 ausfindig gemacht habe. Bis dahin habe sie zu ihm 45 Jahre lang keinen Kontakt gehabt. Er habe weder Unterhalt gezahlt noch persönliche Beziehungen zu ihr unterhalten. Er habe vielmehr ihre Mutter verlassen, als die Klägerin noch im Säuglingsalter gewesen sei. Nach ihren persönlichen Verhältnissen sei die Heranziehung unbillig, weil sie seit mehreren Jahren arbeitslos und es ihr deshalb finanziell nicht möglich sei, den streitigen Betrag in Höhe von 2.229,44 EUR aus eigenen Mitteln aufzubringen. Schließlich bestreitet sie hilfsweise den geltend gemachten Betrag auch der Höhe nach, da die ausgeführte Erdbestattung nicht die billigst mögliche gewesen sei. Diese Einwände greifen jedoch nicht durch.
Als Rechtsgrundlage für die von der Klägerin unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung anderer Obergerichte (vgl. OVG Münster, Beschl. v. 15.10.2001 – 19 A 571/00 –, NVwZ 2002, 996 ff., OVGE 48, 228 ff., m. w. N., sowie v. 2.2.1996 – 19 A 3802/95 –, NVwZ-RR 1997, 99 ff.; OVG Saarlouis, Urt. v. 25.8.2003 – 2 R 18/03 –, AS RP-SL 30, 439 ff.) sinngemäß geltend gemachte Berücksichtigung von Billigkeitserwägungen kommt nach dem maßgeblichen niedersächsischen Landesrecht allenfalls § 11 Abs. 2 Satz 2 NVwKostG in Betracht. Danach kann die Behörde von der Erhebung von Kosten absehen, wenn dies im Einzelfall mit Rücksicht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Kostenschuldners oder sonst aus Billigkeitsgründen geboten ist. Diese Vorschrift ist auf die hier streitigen Ersatzvornahmekosten jedoch schon dem Grunde nach nicht anwendbar. § 66 Abs. 1 Satz 1 Nds. SOG als Rechtsgrundl...