Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Eingliederungshilfe. Zuständigkeitswechsel. Kostenerstattung. Erstattungsanspruch. Aktivlegitimation. Passivlegitimation. örtlicher Träger. überörtlicher Träger. Ausführungsgesetz. Konnexitätsprinzip. Aufgabenübertragung. sozialhilferechtlicher Kostenerstattung
Leitsatz (amtlich)
Der Kostenerstattungsanspruch gemäß § 2 Abs. 3 Satz 2 SGB X besteht in Mecklenburg-Vorpommern gegenüber dem örtlichen Träger der Sozialhilfe und nicht gegenüber dem Land Mecklenburg-Vorpommern als überörtlichem Träger der Sozialhilfe (Bestätigung des Urt. v. 18.09.2003 – 1 L 124/03 –)
Normenkette
SGB X § 2 Abs. 3 Sätze 2, 1; BSHG § 97 Abs. 2; SGB X §§ 111, 113; AG-BSHG M-V § 3; SGB XII-AG M-V § 3; Lverf M-V Art. 72 Abs. 3; SozhfinanzG M-V § 3
Verfahrensgang
VG Greifswald (Urteil vom 01.09.2004; Aktenzeichen 5 A 3148/99) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten zu 1. und die Anschlussberufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 01. September 2004 – 5 A 3148/99 – teilweise wie folgt geändert:
Die Klage gegen den Beklagten zu 1. wird abgewiesen.
Über die stattgebende Entscheidung des Verwaltungsgerichts hinausgehend wird festgestellt, dass der Beklagte zu 2. auch verpflichtet ist, dem Kläger die zu Gunsten der Hilfeempfängerin … rechtmäßig aufgewendeten Kosten der Hilfe in einer Anstalt, einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung für die Zeit vom 01.12.1998 bis zum 31.12.2001 zu erstatten.
Im Übrigen bleibt es bei der Abweisung der Klage gegen den Beklagten zu 2.
Gerichtskosten werden für das erstinstanzliche Verfahren nicht erhoben. Die Gerichtskosten für das Berufungsverfahren tragen der Kläger und der Beklagte zu 2. je zur Hälfte. Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1. für das gesamte Verfahren. Der Beklagte zu 2. trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers für das gesamte Verfahren zur Hälfte und seine eigenen Kosten selbst. Der Kläger trägt seine außergerichtlichen Kosten im Übrigen selbst.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem jeweiligen Vollstreckungsschuldner wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe der vollstreckbaren Kosten des Vollstreckungsgläubigers abzuwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Berufungsverfahren noch um die vom Kläger begehrte Feststellung, dass einer der Beklagten verpflichtet ist, ihm die seit dem 01. Dezember 1998 bis zum 31. Dezember 2001 aufgewendeten notwendigen Sozialhilfekosten für die Hilfeempfängerin … zu erstatten.
Die am 28. April 1965 in … geborene Frau … leidet an einer schweren intellektuellen Behinderung im Ausprägungsgrad einer Imbezillität. Sie wohnt in einer Wohngruppe der S.-Stiftung „…” in … und arbeitet in einer Werkstatt für Behinderte. Bei der Bewältigung des Tagesablaufs benötigt sie laufende Hilfe und Betreuung. Die für die Hilfeempfängerin aufgewandten Kosten trug für den streitgegenständlichen Zeitraum der Kläger im Rahmen der Eingliederungshilfe nach den §§ 39 ff. BSHG.
Nach einem Entwicklungsbericht der S.-Stiftung vom 10. März 1999 war Frau … seit ihrer Geburt mit wenigen Tagen Unterbrechung in verschiedenen Kliniken untergebracht. Ab August 1966 besuchte sie die Wochenkrippe in …, an den Wochenenden war sie bei ihrer Mutter. Im Juli 1968 erkrankte die Mutter schwer und beantragte die Heimunterbringung ihrer Tochter. Am 07. September 1968 wurde Frau … in eine Einrichtung der S.-Stiftung in … aufgenommen, wo sie sich bis heute befindet. Laut zweier Meldebescheinigungen des Ordnungsamtes des Beklagten zu 2. war die Hilfeempfängerin ab 07. September 1968 in …, zuvor in …, Möchteich 8, gemeldet, wo auch ihre Mutter von 1963 bis 1972 gemeldet war.
Der Kläger meldete beim Beklagten zu 2. mit Schreiben vom 17. Dezember 1999 seinen Erstattungsanspruch nach § 2 Abs. 3 Satz 2 SGB X an.
Am 29. Dezember 1999 hat er gegen den Beklagten zu 2. Klage erhoben und diese mit Schriftsatz vom 30. April 2002 auch gegen den Beklagten zu 1. gerichtet, soweit der Zeitraum der begehrten Kostenerstattung vor dem 01. Januar 2002 liegt.
Zur Begründung hat der Kläger im Wesentlichen vorgetragen, dass er nach dem Zweiten Brandenburgischen Funktionalreformgesetz für Aufgaben gemäß § 100 Abs. 1 Nr. 1 BSHG sachlich zuständig sei. Hinsichtlich seiner Aufwendungen stehe ihm ein Erstattungsanspruch gegen die Beklagten aus § 2 Abs. 3 Satz 2 SGB X zu, da sich im Jahre 1993 die örtliche Zuständigkeit geändert habe. Nunmehr seien die sachlich zuständigen Sozialhilfeträger in Mecklenburg-Vorpommern für die Hilfegewährung zuständig, da Frau … vor der ersten Heimaufnahme ihren gewöhnlichen Aufenthalt in …, Landkreis …, gehabt habe.
Der Kläger hat beantragt,
- den Beklagten zu 2. zu verpflichten, die Gewährung der Sozialhilfe für die Hilfeempfängerin …, geb. am 28.04.1965, ab Rechtskraft des Urteils in die eigene Zuständigkeit zu übernehmen,
- festzustellen, dass der Beklagte ...