Entscheidungsstichwort (Thema)
Altersgrenze. Altersrente. Alterssicherung. Altersversorgung. Altersvorsorge. Altersvorsorgebeiträge. Altersvorsorgevertrag. angemessen. angemessene Alterssicherung. Angemessenheit. Aufwendung. Dauerleistung. Einkommen. Eintritt. Eintritt in den Ruhestand. Erstattung. fällig. Fälligkeit. gesetzlich. Jugendhilfe. Kapital. kapitalbildend. Kapitallebensversicherung. Lebensjahr. lebenslang. Lebensversicherung. monatlich. privat. Regelaltersrente. Rente. rentengleich. Rentenversicherung. Riesterrente. Ruhestand. unbestimmter Rechtsbegriff. Vereinbarung. Vermögen. Vermögensbildung. Versicherungssumme. Vertrag. vertraglich. verwertbar. verwerten. Verwertung. Verwertungsausschluss. Vollendung. zertifiziert. Zweck. Zweckbindung
Leitsatz (amtlich)
1) Eine kapitalbildende Lebensversicherung ist zur angemessenen Altersicherung i.S.v. § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII nicht von vorneherein und ausnahmslos objektiv ungeeignet. Als angemessene Alterssicherung stellt sich eine solche grundsätzlich aber nur dann dar, wenn ihre Verwertung vor dem Eintritt in den Ruhestand vertraglich ausgeschlossen ist.
2) Vom Eintritt in den Ruhestand kann bei Frauen wie Männern frühestens mit der Vollendung des 60. Lebensjahres ausgegangen werden, sofern nicht im konkreten Einzelfall kraft Gesetzes, tarifvertraglich oder aufgrund objektiver persönlicher Umstände ausnahmsweise etwas anderes gilt.
Normenkette
AltZertG §§ 1, 1 Abs. 1, 1 Nrn. 2, 4; EStG § § 82, 82 Abs. 1, § 92a, § 92a Abs. 1; SGB II §§ 12, 12 Abs. 2, 2 Nr. 3; SGB VIII §§ 23, 23 Abs. 2, 2 Sätze 1, 1 Nr. 3, §§ 39, 39 Abs. 4, 4 S. 2; VVG §§ 168, 168 Abs. 3; ZPO § 851c
Verfahrensgang
VG Koblenz (Entscheidung vom 29.08.2007; Aktenzeichen 5 K 844/07) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 29. August 2007 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die am 14. November 1964 geborene Klägerin begehrt vom Beklagten die hälftige Erstattung ihrer nachgewiesenen Aufwendungen zu einer angemessenen Alterssicherung im Sinne von § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII ab dem 1. Oktober 2005.
Im Haushalt der Klägerin und ihres Ehemannes lebt seit dem 12. August 1998 auch das Kind S…, für das der Beklagte Hilfe zur Erziehung in Form von Vollzeitpflege gewährt. Mit einem am 15. November 2005 versandten Schreiben wies dieser die Klägerin darauf hin, dass ihr deshalb im Falle einer entsprechenden Antragstellung bis zum 30. November 2005 aufgrund einer zum 1. Oktober 2005 in Kraft getretenen Gesetzesänderung rückwirkend ab diesem Tag ihre Aufwendungen für eine Unfallversicherung ganz und für eine angemessene Altersicherung hälftig erstattet würden. Daraufhin stellte die Klägerin am 28. November 2005 einen dahingehenden Antrag und fügte die Kopien eines eine Unfallversicherung betreffenden Versicherungsscheines sowie eines Versicherungsscheines vom 21. Mai 1996 über eine Kapitallebensversicherung auf den Todes- und Erlebensfall bei. Danach sind vom 1. Juni 1996 bis zum 1. Juni 2020 bzw. bis zu einem etwaigen vorherigen Tod der Klägerin monatliche Raten in Höhe von 155,80 DM = 79,66 € zu zahlen, die Versicherungssumme in Höhe von 60.279,00 DM = 30.820,16 € ist im Erlebensfall am 1. Juni 2020 an die Klägerin und im Falle ihres vorherigen Todes an ihren Ehemann auszuzahlen.
Nach Mitteilung des Beklagten erfolgte wegen Schwierigkeiten bei der Anwendung der neuen Regelung zunächst keine Antragsbearbeitung. Nachdem auf seine Bitte vom 14. November 2006 hin die Klägerin aktuelle Nachweise für ihre Beitragszahlungen vorgelegt hatte, bewilligte ihr der Beklagten mit Bescheid vom 17. Januar 2007 die Erstattung von Aufwendungen für ihre Unfallversicherung in Höhe von 6,62 €/M, lehnte jedoch die Erstattung von Aufwendungen für ihre Kapitallebensversicherung ab. Zur Begründung führte er aus, als Alterssicherung könnten nur Modelle anerkannt werden, durch die eine der gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbare Alterssicherung erreicht werde. Beiträge zu einer privaten Lebensversicherung könnten deshalb nur dann erstattet werden, wenn diese eine Rente garantiere, nicht aber als Kapitallebensversicherung abgeschlossen worden sei.
Über den hiergegen am 23. Januar 2007 erhobenen Widerspruch der Klägerin ist bislang nicht entschieden worden.
Am 30. April 2007 hat die Klägerin Untätigkeitsklage erhoben und geltend gemacht, der Wortlaut des § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII schließe die Anerkennung von Kapitallebensversicherungen als angemessene Alterssicherung nicht aus. Dies habe ihr auch das Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung bestätigt. Zwar habe das Deutsche Institut für Jugendhilfe und Familienrecht in einem Rechtsgutachten vom 16. Januar 2006 zunächst gegenteiliges geäußert, vertrete in einem Rechtsgutachten vom 18. Januar 2007 jedoch nunmehr die Auffassung, dass Altersicherung durch eine Vielzahl von Maßnahmen und Anlageformen betrieben we...