rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Sonderabfall. Andienungspflicht. besonders überwachungsbedürftige Abfälle. Abfälle zur Verwertung. Abfälle zur Beseitigung. Abfall. Reststoff. Wirtschaftsgut. Werkstattrückstände. Ethylenglykole. Glykolether. Kaltreiniger. Altöle. Altölprivileg. hochwertige Verwertung. umweltverträgliche Verwertungsart. Grundsatz der Nähe der Entsorgung. Entsorgungsautarkie. Andienungspflicht für Sonderabfälle

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Andienungspflicht für Sonderabfälle gemäß § 8 Abs. 4 Satz 1 LAbfWAG 1998 ist mit höherrangigem Bundesrecht vereinbar.

  1. Dem Land Rheinland-Pfalz steht die Gesetzgebungskompetenz für die getroffene Regelung zu. Eine Sperrwirkung ist weder durch § 13 Abs. 4 KrW-/AbfG noch durch die Regelungen im Abfallgesetz 1986 erfolgt.
  2. Die rheinland-pfälzische Andienungsregelung ist auch mit den verfassungsrechtlichen Gewährleistungen der Eigentums- und Berufsfreiheit vereinbar.
  3. Die interne Organisation der Sonderabfallentsorgung innerhalb der SAM war nicht Gegenstand des Rechtsstreits.

2. Ob ein bestimmter Stoff als Sonderabfall der Andienungspflicht nach rheinland-pfälzischem Landesabfallrecht unterliegt, kann nicht rein stoffbezogen, sondern nur unter Berücksichtigung der konkreten Verwendungsabsichten und -möglichkeiten des Besitzers beurteilt werden.

3. Besonders überwachungsbedürftige Abfälle zur Verwertung sind gemäß § 8 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 3 1. Halbsatz LAbfWAG 1998 in Rheinland-Pfalz nur dann andienungspflichtig, wenn sie bereits der Andienungspflicht gemäß § 8 a Abs. 2 Satz 1 LAbfWAG 1991/93 unterlegen sind, was voraussetzt, dass sie als Abfall i.S.v. § 1 Abs. 1 AbfG 1986 qualifiziert werden können.

4. Altstoffe mit negativem Marktwert unterfallen in aller Regel, aber nicht ausnahmslos dem objektiven Abfallbegriff des § 1 Abs. 1 Satz 1 2. Alternative AbfG 1986. Die Indizwirkung des negativen Marktpreises kann mit Blick auf eine private, das Wohl der Allgemeinheit wahrende Weiterverwendung oder Wiederverwertung erschüttert werden (im Anschluss an BVerwGE 92, 353 und 359).

5. Kaltreiniger unterfallen nur dann dem Altölprivileg gemäß § 5 a Abs. 2 Satz 1 AbfG 1986 i.V.m. §64 KrW-/AbfG, wenn sie unmittelbar einer stofflichen oder thermischen Verwertung in einer hierfür genehmigten Anlage i.S.v. § 4 BImSchG zugeführt werden; dies ist bei der Verbringung in ein selbständiges Zwischenlager nicht der Fall.

 

Normenkette

KrW-/AbfG § 3 Abs. 1 S. 2, Abs. 4, § 4 Abs. 3, § 5 Abs. 5 S. 3, Abs. 5, § 6 Abs. 1 S. 2, § 13 Abs. 4, § 41 Abs. 1 S. 2, § 42 Abs. 3 Nr. 1, § 64; AbfG 1986 § 1 Abs. 1 S. 1, § 5a Abs. 1, 2 S. 1; BImSchG § 5 Abs. 1 Nr. 3; LAbfWAG 1998 § 8 Abs. 4 S. 1, Abs. 2, § 9 Abs. 1; LAbfWAG 1991/93 §§ 8, 8a Abs. 2 S. 1; GG Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1, Art. 33 Abs. 4, Art. 72 Abs. 1, Art. 74 Abs. 1 Nr. 24; EG-Abfallrahmenrichtlinie Art. 5 Abs. 2

 

Verfahrensgang

VG Mainz (Urteil vom 21.12.1995; Aktenzeichen 2 K 2139/94)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird die Klage unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Mainz vom 21. Dezember 1995 in vollem Umfang abgewiesen.

Die Anschlussberufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des festzusetzenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit der Andienungspflicht für die von der Klägerin in Rheinland-Pfalz eingesammelten Werkstattrückstände.

Die Klägerin betreibt in K. ein Unternehmen, das sich mit dem Einsammeln und der Entsorgung von Werkstattrückständen befasst. Am 4. Februar 1993 erteilte der Oberstadtdirektor in K. die Bestätigungen zu den von der Klägerin vorgelegten Sammelentsorgungsnachweisen für die folgenden Stoffe:

  • 1. mineralölhaltige Werkstattrückstände (Altölfilter, Lappen, Kleingebinde etc), Abfall- bzw. Reststoffschlüssel-Nr. 54209, Jahresmenge: 400 cbm;
  • 2. Ethylenglykole (Alt-Kühlmittel bzw. Frostschutz aus KFZ), Abfall- bzw. Reststoffschlüssel-Nr. 55303, Jahresmenge 20 cbm;
  • 3. Glykolether (Alt-Bremsflüssigkeit aus KFZ), Abfall- bzw. Reststoffschlüssel-Nr. 55356, Jahresmenge: 20 cbm;
  • 4. Kaltreiniger, frei von halogenisierten organischen Lösemitteln, Abfall- bzw. Reststoffschlüssel-Nr. 55357, Jahresmenge: 20 cbm.

Als Entsorger war in dem Sammelentsorgungsnachweis die Klägerin benannt. Die Entsorgungsbestätigungen des Oberstadtdirektors … waren befristet bis zum 3. Februar 1998 erteilt worden.

Nachdem die Beklagte, die zum 1. Januar 1994 ihre Aufgabe der Organisation der Sonderabfallentsorgung in Rheinland-Pfalz nach § 8 a LAbfWAG i.V.m. der Landesverordnung über die Andienung von Sonderabfällen vom 2. Dezember 1993 (GVBl. Seite 617) übernommen hatte, Kenntnis von den oben genannten Sammelentsorgungsnachweisen erlangt hatte, wies sie mit Bescheiden vom 23. Juni...

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