rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Jugendhilferecht. Jugendhilfeträger. Träger der Jugendhilfe. örtlicher Träger. Hilfe zur Erziehung. Eingliederungshilfe. Hilfeprozess. Kosten. Erstattung. Kostenerstattung. Kostenerstattungspflicht. Kostenerstattungsberechtigter. gewöhnlicher Aufenthalt. Leistung. Leistung der Jugendhilfe. Beginn der Leistung. nach Beginn der Leistung. Altfall. Gesamtmaßnahme. Zuständigkeit. örtliche Zuständigkeit. bisherige Zuständigkeit. wandernd. dynamisch. Aufenthalt. Leistungsbeginn. Aufenthaltsort. Jugendhilfe (Kostenerstattung)
Leitsatz (amtlich)
1. Ein örtlicher Träger der öffentlichen Jugendhilfe war nur dann i.S.v. § 89 a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII „zuvor zuständig”, wenn sich diese Zuständigkeit aus § 86 Abs. 1 bis 5 SGB VIII ergeben hat.
2. Bei so genannten Altfällen, die vor In-Kraft-Treten des § 86 SGB VIII 1993 begonnen haben, ergibt sich die örtliche Zuständigkeit nach dieser Bestimmung aufgrund der danach maßgeblichen Umstände vor und seit Beginn der Leistung.
3. Haben die Elternteile vor Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, begründen sie nach Beginn der Leistung aber beide ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich desselben örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe, so wird dieser gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII örtlich zuständig. Begründen die Elternteile danach wieder verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, ergibt sich die örtliche Zuständigkeit aus § 86 Abs. 5 SGB VIII (Prinzip der dynamischen und wandernden Zuständigkeit).
4. Ob eine Leistung der Jugendhilfe fortgesetzt wird oder ob eine neue Leistung beginnt, kann nicht allein danach beurteilt werden, ob die nunmehr benötigte Jugendhilfeleistung oder ein Teil davon einer anderen Nummer des § 2 Abs. 2 SGB VIII unterfallen würde als die bisherige Leistung der Jugendhilfe.
Normenkette
SGB VIII § § 2, 2 Sätze 2, 2 Nrn. 4-6, § 35a, § 35a Abs. 4, 4 S. 1, §§ 86, 86 Abs. 1, 1 S. 1, Abs. 2 Sätze 2, 4, Abs. 3, 5, 5 S. 2, Abs. 6, 6 Sätze 1, 3, § 89a, § 89a Abs. 1, 1 Sätze 1-2, Abs. 3; SGB X §§ 105, 105 Abs. 1, 1 S. 1, § 112
Verfahrensgang
VG Koblenz (Urteil vom 17.07.2002; Aktenzeichen 5 K 3129/01) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung des Beklagten wird das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17. Juli 2002 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz – 5 K 3129/01.KO – dahin geändert, dass der Beklagte Prozesszinsen ab dem 19. Dezember 2001 nur in Höhe von 4 v.H. zu zahlen hat. Im Übrigen wird die Berufung des Beklagten zurückgewiesen.
II. Die Berufung des Klägers gegen das vorgenannte Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz wird zurückgewiesen.
III.Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 5/6 und der Beklagte und der Beigeladene zu je 1/12.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beteiligten dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der vollstreckbaren Kosten abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.
Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt vom Beklagten die Rückerstattung der diesem bis zum
25. Januar 1999 erstatteten Kosten sowie die Erstattung der von ihm seit dem 25. Januar 1999 erbrachten Leistungen im Jugendhilfefall K. J..
K. wurde am 29. Juni 1984 in B. als Sohn von Herrn U. J. und Frau A. R. geboren, die damals miteinander verheiratet waren und am 6. Juni 1990 geschieden wurden. Am 1. April 1985 verzog K.'s Vater nach Sierra Leone, K. verblieb bei seiner Mutter in B., bis diese am 21. Januar 1986 in die Nervenklinik S. eingewiesen wurde und K. deshalb vom Bezirksamt B. – Jugendamt – im Kinderheim Elisabeth-Stift in B. untergebracht wurde. Dort blieb er auch nach der Entlassung seiner Mutter aus der Nervenklinik, nach der Rückkehr seines Vaters nach B. im Herbst 1986 und nach dem Umzug seiner Mutter am 12. November 1988 nach S.. Durch Beschluss des AG vom 14. Juli 1989 wurde die Personensorge für K. dem Bezirksamt B. – Jugendamt – als Pfleger übertragen. Ab dem 27. Oktober 1989 wurde K. bei einer Pflegefamilie im Zuständigkeitsbereich des Beklagten untergebracht. Das Bezirksamt B. erstattete dem Beklagten die diesem dadurch entstehenden Kosten bis zum 31. März 1993 und vertrat die Auffassung, ab dem 1. April 1993 sei der Kläger kostenerstattungspflichtig geworden. Dieser teilte die Auffassung, gemäß § 89 a i.V.m § 86 Abs. 3 und Abs. 2 Satz 2 SGB VIII kostenerstattungspflichtig zu sein, und erstattete dem Beklagten, der am 31. Oktober 1990 auch Vormund K.'s geworden war, die diesem für die Unterbringung K.'s in der Pflegefamilie entstehenden Kosten. Ab dem 25. Januar 1999 wurde in der Jugendhilfeeinrichtung und später im Evangelischen Jugendhilfe-Zentrum G. untergebracht. Auf Antrag des Beklagten als Vormund K.'s bewilligte der Kläger hierfür Eingliederungshilfe gemäß § 35 a Abs. 1 Nr. 4 SGB VIII und trug die ihm hierdurch entstehenden Kosten selbst.
Mit Bescheid vom 19. März 2001 stellte der ...