Detlef Burhoff, Annika Hirsch
Das Wichtigste in Kürze:
1. |
Die Verteidigerbestellung wegen richterlicher Vernehmung ist seit der Reform des Rechts der notwendigen Verteidigung 2019 in § 140 Abs. 1 Nr. 10 geregelt. Sie stellt für die Verteidigung eine wichtige Einflussnahmemöglichkeit auf den weiteren Gang des Verfahrens dar. Eines Beiordnungsantrags der StA bedarf es nicht mehr. |
2. |
Inhaltlich sind die Beiordnungsvoraussetzungen unverändert geblieben. |
Rdn 3595
1. Die Mitwirkung an – für den späteren Ausgang des Hauptverfahrens nicht selten vorentscheidenden – richterlichen Vernehmungen im EV stellt eine wichtige Einflussnahmemöglichkeit für die Verteidigung dar. Hier können entlastende Umstände herausgearbeitet und zusätzliche Belastungen des Mandanten, insbesondere durch (weitere) strafprozessuale Maßnahmen, frühzeitig vermieden werden.
Rdn 3596
Die Verteidigerbestellung wegen richterlicher Vernehmung ist seit Inkrafttreten der Neuregelung des Rechts der notwendigen Verteidigung in § 140 Abs. 1 Nr. 10 geregelt. Die zuvor in § 141 Abs. 3 S. 4 a.F. (hierzu Schlothauer StV 2017, 557 ff. und Burhoff, StPO 2017, Rn 106 ff.) enthaltene Regelung, die die Bestellung eines Pflichtverteidigers vorsah, wenn eine richterliche Vernehmung durchzuführen war und die StA dies beantragte oder die Mitwirkung eines Verteidigers aufgrund der Bedeutung der Vernehmung zur Wahrung der Rechte des Beschuldigten geboten erschien, wurde im Zuge der Reform in den Katalog des § 140 Abs. 1 überführt mit der Maßgabe, dass ein Antrag der StA seither nicht mehr vorgesehen ist. Der Beschuldigte kann/muss die Beiordnung deshalb nunmehr selbst beantragen. Die Überführung der Regelung, welche sich bis dahin nach Ansicht des Gesetzgebers an "versteckter Stelle" befand, sollte zu einer klareren Gesetzessystematik führen (BT-Drucks. 19/13829, S. 32).
Rdn 3597
2. Inhaltlich sind die Beiordnungsvoraussetzungen unverändert geblieben. Es ist weiterhin ein Pflichtverteidiger zu bestellen, wenn dessen Mitwirkung bei einer richterlichen Vernehmung aufgrund der Bedeutung der Vernehmung zur Wahrung der Rechte des Beschuldigten geboten erscheint. Die Voraussetzungen hierfür sowie die weiteren Einzelheiten werden, der neuen Gesetzessystematik folgend, unter → Pflichtverteidiger, Beiordnung nach § 140 Abs. 1, Teil P Rdn 3514 dargestellt. Auf die dortigen Ausführungen wird verwiesen.
Siehe auch: → Pflichtverteidiger, Auswahl des Verteidigers, Teil P Rdn 3429, mit Antragsmustern, Teil P Rdn 3464 f.; → Pflichtverteidiger, Beiordnung wegen Vorführung/Inhaftierung des Beschuldigten, Teil P Rdn 3575; → Pflichtverteidiger, Honoraranspruch/Vergütungsfragen, Teil P Rdn 3691, mit Antragsmuster; → Pflichtverteidiger, Verfahren der Beiordnung, Teil P Rdn 3794; → Pflichtverteidiger, Zeitpunkt der Beiordnung, Teil P Rdn 3831.