Rdn 3594

 

Literaturhinweise:

S. die Hinw. bei → Pflichtverteidiger, Allgemeines, Teil P Rdn 3304.

 

Rdn 3595

1.a) Die gerichtlichen Entscheidungen über die Bestellung/Nichtbestellung eines Pflichtverteidigers sind seit dem Inkrafttreten des "Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der notwendigen Verteidigung" v. 10.12.2019 (BGBl I, S. 2128) zum 13.12.2019 nicht mehr mit der "einfachen", sondern mit der → sofortigen Beschwerde, Teil S Rdn 4112, anfechtbar (§§ 142 Abs. 7, 143 Abs. 3, 143a Abs. 4, 144 Abs. 2 S. 2). Mit dieser Änderung verfolgte der Gesetzgeber das Ziel, schneller Klarheit darüber zu schaffen, wer die Verteidigung übernehmen soll und Verfahrensverzögerungen durch die Einlegung eines Rechtsmittels zu einem späteren Zeitpunkt im Verfahren zu vermeiden (BT-Drucks 19/13829, S. 44). Erfasst sind richterliche Entscheidungen in jedem Stadium des Verfahrens, auch solche des erkennenden Gerichts (Meyer-Goßner/Schmitt, § 142 Rn 62). Zudem besteht das Beschwerderecht seit der Reform auch in erstinstanzlichen Verfahren vor dem OLG und gegen Verfügungen des Ermittlungsrichters beim BGH und beim OLG (§ 304 Nr. 4 und Nr. 5).

 

☆ Diese Änderung, insbesondere die seither zu beachtende einwöchige Beschwerdefrist , muss die Verteidigung immer im Blick haben. Die Umstellung auf die sofortige Beschwerde hat nämlich zur Folge, dass Beiordnungsentscheidungen im Revisionsverfahren nicht mehr überprüft werden ( § 336 S. 2 ); BGH, Beschl. v. 4.5.2021 – 3 StR 49/21. Die Versäumung der Beschwerdefrist oder ggf. auch unzureichender Vortrag in der Beschwerdebegründung kann also im weiteren Verlauf des Verfahrens nicht mehr geheilt bzw. nachgebessert werden, zumal gegen Beiordnungsentscheidungen auch der Rechtsweg nach §§ 23 ff. EGGVG nicht eröffnet ist (OLG Oldenburg, Beschl. v. 20.7.2020 – 1 VAs 12/20).einwöchige Beschwerdefrist, muss die Verteidigung immer im Blick haben. Die "Umstellung" auf die sofortige Beschwerde hat nämlich zur Folge, dass Beiordnungsentscheidungen im Revisionsverfahren nicht mehr überprüft werden (§ 336 S. 2); BGH, Beschl. v. 4.5.2021 – 3 StR 49/21. Die Versäumung der Beschwerdefrist oder ggf. auch unzureichender Vortrag in der Beschwerdebegründung kann also im weiteren Verlauf des Verfahrens nicht mehr geheilt bzw. nachgebessert werden, zumal gegen Beiordnungsentscheidungen auch der Rechtsweg nach §§ 23 ff. EGGVG nicht eröffnet ist (OLG Oldenburg, Beschl. v. 20.7.2020 – 1 VAs 12/20).

 

Rdn 3596

b) Die sofortige Beschwerde ist allerdings gem. § 142 Abs. 7 S. 2 ausgeschlossen, wenn der Beschuldigte nach § 143a Abs. 2 S. 1 Nr. 1 innerhalb von drei Wochen die Auswechslung des Pflichtverteidigers beantragen kann, weil ihm nicht der von ihm fristgerecht benannte Verteidiger beigeordnet oder ihm für die Benennung des Verteidigers nur eine kurze Frist gesetzt wurde (hierzu OLG Hamburg, Beschl. v. 4.5.2021 – 2 Ws 37/21; → Pflichtverteidiger, Entpflichtung/Verteidigerwechsel, Teil P Rdn 3519; → Pflichtverteidiger, Verfahren der Beiordnung, Teil P Rdn 3656; → Pflichtverteidiger, Auswahl des Verteidigers, Teil P Rdn 3340). Die daraufhin ergehende Entscheidung ist dann aber ihrerseits beschwerdefähig (vgl. LG Berlin, Beschl. v. 13.1.2021 – 538 Qs 101/20).

 

☆ Mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar sind auch die Entscheidungen, die im richterlichen Bestätigungsverfahren nach einer wegen besonderer Eilbedürftigkeit gem. § 142 Abs. 4 von der StA vorgenommenen Bestellung ergehen ( Meyer-Goßner/Schmitt , § 142 Rn 62).richterlichen Bestätigungsverfahren nach einer wegen besonderer Eilbedürftigkeit gem. § 142 Abs. 4 von der StA vorgenommenen Bestellung ergehen (Meyer-Goßner/Schmitt, § 142 Rn 62).

Hat das Gericht ohne vorherige Anhörung des Beschuldigten einen Verteidiger bestellt, der ihn bereits in früheren Verfahren vertreten hatte, ist hingegen die sofortige Beschwerde dann statthaft, wenn sich der Beschuldigte nur gegen die Beiordnung dieses bestimmten Rechtsanwalts wenden, selbst aber keinen anderen Verteidiger benennen will; andernfalls würde eine vom Gesetz nicht vorgesehene Benennungspflicht geschaffen (OLG Saarbrücken, Beschl. v. 8.7.2021 – 4 Ws 97/21).

 

Rdn 3597

c) Ist bei einem Übergang der Zuständigkeit nach Beschwerdeeinlegung, z.B. nach Erhebung der Anklage oder infolge der Vorlage der Akten an das Rechtsmittelgericht, die Beschwerde gegen die Ablehnung einer Pflichtverteidigerbestellung noch nicht erledigt, ist sie entsprechend den bei Rechtsmitteln gegen Haftentscheidungen geltenden Grundsätzen in einen (erneuten) Antrag auf Beiordnung eines Pflichtverteidigers umzudeuten und dem Vorsitzenden des nunmehr mit der Sache befassten Gerichts vorzulegen (BGH, Beschl. v. 12.11.2020 – StB 34/20, StRR 1/2021, 18 m. Anm. Burhoff; Meyer-Goßner/Schmitt, § 142 Rn 64; s. auch OLG Celle NStZ-RR 2010, 381; OLG Stuttgart NJW 2008, 246 [Ls.]; s. dazu auch LG Zweibrücken VRS 97, 38, das in dem Zusammenhang allerdings von der Unzulässigkeit der Beschwerde ausgeht, wenn das erstinstanzliche Verfahren abgeschlossen ist). Die hierauf ergehende...

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