Leitsatz
Ein unter einer auflösenden Bedingung (hier: behördliche Nutzungsuntersagung) geschlossener Pachtvertrag ist als unbefristeter Vertrag ordentlich kündbar, wenn die Parteien die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung nicht ausgeschlossen haben. Ein solcher Ausschluss des Rechts zur ordentlichen Kündigung kann auch schon in der Vereinbarung einer auflösenden Bedingung als solcher zu finden sein. Ob der Vereinbarung eine solche weiter gehende, das ordentliche Kündigungsrecht ausschließende Bedeutung zukommt, hat im Streitfall diejenige Vertragspartei darzulegen und zu beweisen, die sich auf diese Bedeutung beruft.
(amtlicher Leitsatz des BGH)
Normenkette
BGB §§ 542, 584
Kommentar
Die Parteien schlossen im Jahr 1994 einen Pachtvertrag über ein Grundstück zum Betrieb eines Schießstands zu einer Jahrespacht von 500 DM. Hinsichtlich der Vertragsbeendigung ist in dem Vertrag Folgendes geregelt:
§ 2 Pachtzeit
Das Pachtverhältnis beginnt am 1. April 1994. Der Pachtvertrag läuft so lange, bis die Nutzung des Schießstandes als Schießstand aufgrund behördlicher Anordnung untersagt wird.
§ 3 Außerordentliches Kündigungsrecht
Der Verpächter kann das Pachtverhältnis unter den Voraussetzungen der §§ 553, 554, 554a BGB fristlos kündigen. Die Kündigungsvorschriften für gewerbliche Anlagen sind zu beachten.
Mit Schreiben vom 19.9.2006 hat der Verpächter das Pachtverhältnis zum 31.3.2007 ordentlich gekündigt. Der BGH hatte zu entscheiden, ob das Recht zur ordentlichen Kündigung durch die Regelungen in den §§ 2 und 3 des Pachtvertrags ausgeschlossen wird.
Dies wird vom BGH verneint:
1. Grundsätzliche Erwägungen
Für das Pachtverhältnis gelten die Vorschriften über die Miete entsprechend (§ 581 Abs. 2 BGB). Hinsichtlich der Vertragsbeendigung ist bei der Miete zu unterscheiden zwischen einem Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit (§ 542 Abs. 1 BGB) und einem Mietverhältnis auf bestimmte Zeit (befristetes Mietverhältnis, § 542 Abs. 2 BGB). Im erstgenannten Fall endet das Mietverhältnis durch Kündigung, im letztgenannten durch Zeitablauf.
Soll das Mietverhältnis – wie hier – bei Eintritt eines bestimmten Ereignisses enden, so ist zu unterscheiden. Gehen die Parteien davon aus, dass der Eintritt des Ereignisses gewiss, der Zeitpunkt des Eintritts aber ungewiss ist, so liegt ein Mietverhältnis i. S. v. § 542 Abs. 2 BGB vor. Deshalb wird ein Mietverhältnis auf Lebenszeit allgemein als befristetes Mietverhältnis bewertet (BayObLG, RE v. 2.7.1993, RE-Miet 5/92, NJW-RR 1993, 1164; Blank in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 9. Aufl., § 542 BGB Rdn. 152 m. w. N.). Ein gewerblicher Mietvertrag endet ohne Weiteres mit dem Eintritt des Ereignisses, weil dieser Umstand dem Ablauf der Mietzeit entspricht. Eine vorherige Kündigung ist – wie allgemein bei befristeten Mietverhältnissen – ausgeschlossen.
Ist dagegen ungewiss, ob das Ereignis eintritt, so ist das Mietverhältnis als unbefristetes Mietverhältnis i. S. v. § 543 Abs. 1 BGB zu bewerten. Ein solcher Fall liegt auch dann vor, wenn die Parteien den Eintritt des Ereignisses zwar für wahrscheinlich halten, aber letztlich ungewiss ist, ob es eintritt. Lediglich die Gewissheit des Bedingungseintritts führt zur Geltung des § 542 Abs. 2 BGB. Vorliegend ist der BGH davon ausgegangen, dass der Eintritt der Bedingung ungewiss war. Dies führt zur Annahme eines befristeten Mietverhältnisses i. S. v. § 543 Abs. 1 BGB.
2. Verschiedene Literaturmeinungen
In der Literatur wird teilweise die Ansicht vertreten, dass auch diese Mietverhältnisse ausschließlich durch den Bedingungseintritt beendet werden (Lammel, Wohnraummietrecht, 3. Aufl. 2007, § 572 BGB Rdn. 13). Nach anderer Meinung ist auf das auflösend bedingte Mietverhältnis § 542 Abs. 1 BGB anzuwenden mit der weiteren Folge, dass es auch vor Bedingungseintritt im Wege der ordentlichen Kündigung beendet werden kann (Palandt/Weidenkaff, § 572 BGB Rdn. 5). Eine vermittelnde Ansicht stellt im Einzelfall darauf ab, ob die auflösende Bedingung nach den Vorstellungen der Parteien der einzige Grund der Vertragsbeendigung sein soll oder ob dadurch lediglich der späteste Beendigungszeitpunkt bestimmt wird (Rolfs in: Staudinger (2006), § 572 BGB Rdn. 12; Blank in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 9. Aufl., § 572 BGB Rdn. 13).
3. Rechtsansicht des BGH
Der BGH erachtet die letztgenannte Ansicht für zutreffend. Daraus folgt, dass es für das Recht der Parteien zur ordentlichen Kündigung vor dem Bedingungseintritt auf die Vereinbarungen im Mietvertrag ankommt. Nach Ansicht des BGH kann sich ein Kündigungsausschluss auch aus den Umständen ergeben. Hiervon ist auszugehen, wenn die Parteien mit der auflösenden Bedingung "die Beendigung des Nutzungsverhältnisses ... abschließend regeln und nicht nur einen Zeitpunkt festlegen wollten, zu dem das Nutzungsverhältnis in jedem Fall ... enden soll". Die Beweislast für solche Umstände trägt – wie Allgemein – derjenige, der sich bei einem Mietvertrag auf unbestimmte Zeit auf einen vereinbarten Kündigungsausschluss beruft.
4. Auslegung des Pachtvert...