Leitsatz

1. Die Parteibezeichnung im Beschlussanfechtungsklageverfahren kann in zeitlicher Verlängerung spätestens bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erfolgen
2. Allerdings sind bis zu diesem Zeitablauf die Beteiligten namentlich und mit ladungsfähiger Anschrift zu bezeichnen
3. Wird vom Verwalter – erst verspätet – in einem Erwiderungsschriftsatz die Eigentümernamens- und Anschriftenliste bei Gericht eingereicht, kann die Klägerseite in Kurzform auch auf diese Anlage schriftsätzlich Bezug nehmen
 

Normenkette

§ 44 Abs. 1 Satz 2 WEG, § 253 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 4 i.V.m. § 130 Nr. 1 ZPO

 

Kommentar

1.

Eine Beschlussanfechtungsklage wurde fristgemäß in Monatsfrist im Anschluss an eine EV vom 4.6.2009 am 6.7.2009 (Montag) bei Gericht eingereicht; die beklagte Partei wurde als "die sonstige Wohnungseigentümergemeinschaft des Grundstücks zu den Gebäuden …." bezeichnet. In der Klageschrift heißt es weiter: "Die ausführliche Eigentümerliste wird gemäß § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG nachgereicht." Weiterhin wurde behauptet, dass sich die Verwaltung trotz mehrfacher Aufforderung geweigert habe, eine aktuelle Eigentümerliste herauszugeben; aus diesem Grund beantragten die Kläger des Weiteren, das Gericht möge der Verwalterin die Vorlage einer aktuellen Liste nach § 142 ZPO aufgeben. Mit Klageerwiderung wurde dann die Liste bei Gericht eingereicht; der Kläger hat mit einem Folgeschriftsatz auf diese Anlage Bezug genommen und "vorsorglich" die sonstigen Wohnungseigentümer nochmals selbst, allerdings ohne Anschriften, benannt.

Nach Abweisung der Klage durch das Amtsgericht und erfolglos gebliebener Berufung hatte die Revision Erfolg; die Sache wurde zu neuer Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten des Revisionsgerichts an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

2. Aus der hier eingereichten Klageschrift folgt mit hinreichender Deutlichkeit, dass die Anfechtungsklage von vornherein gegen die übrigen Eigentümer gerichtet sein sollte und durch die Zustellung an den Verwalter auch gegen diese erhoben worden ist (§ 45 Abs. 1 WEG; § 253 Abs. 1 ZPO); allenfalls liegt eine unzureichende Bezeichnung der Beklagtenpartei vor, die durch eine Klarstellung des Rubrums zu berichtigen ist. Eine Klageschrift ist sehr wohl auslegungsfähig, wenn – wie hier – die Beklagtenseite als "die sonstige Wohnungseigentümergemeinschaft des Grundstücks …." bezeichnet wird. Insoweit kann diese Formulierung nur "sonstige Wohnungseigentümer" meinen, zumal dann auch in der Klageschrift weiterhin angekündigt wurde, dass die "ausführliche Eigentümerliste gemäß § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG nachgereicht werde". Bei einer gewollten Klage gegen die Gemeinschaft als teilrechtsfähiger Verband wäre eine Benennung der Mitglieder nicht erforderlich (h.M. zu § 10 Abs. 6 Satz 5 WEG i.V.m. Satz 4 WEG).
3.

Dass die Klägerseite nicht selbst die ladungsfähigen Anschriften der Beklagten beigebracht hat, rechtfertigt nicht die Abweisung der Klage als unzulässig. Allerdings sind auch die Wohnorte der Parteien anzugeben, worunter nach allgemeiner Auffassung eine ladungsfähige Anschrift zu verstehen ist (h.M.). Hiervon kann nur abgesehen werden, wenn einem Kläger dies in bestimmten Konstellationen nicht möglich oder unter Berücksichtigung schutzwürdiger Belange nicht zumutbar ist. Auch § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG verlängert zwar den Zeitpunkt, bis zu dem die Parteien nach § 253 ZPO unter Angabe einer ladungsfähigen Anschrift zu bezeichnen sind, mildert aber die an die Bezeichnung zu stellenden Anforderungen nicht ab (vgl. BT-Drucks. 16/887 S. 36 und h.M.).

Vorliegend muss allerdings berücksichtigt werden, dass sich die Verwaltung trotz mehrfacher Aufforderungen geweigert hatte, eine aktuelle Liste herauszugeben. Dies erfolgte erst im späteren Klageerwiderungsschriftsatz. Damit waren allerdings die fehlenden Angaben schriftsätzlich noch vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung (§ 44 Abs. 1 Satz 2 WEG) aktenkundig gemacht worden; es wäre reine Förmelei und widerspräche in eklatanter Weise der dienenden Funktion des Prozessrechts, wenn man bei dieser Sachlage von den Klägern verlangen wollte, diese Angaben nochmals selbst in den Prozess einzuführen; insoweit konnte die Klägerseite also auf diese Liste Bezug nehmen; mehr ist von einer auf die Wahrung ihrer prozessualen Obliegenheiten bedachten Partei nicht zu verlangen. Dies gilt umso mehr, als die Klage bereits an die – zur Unterrichtung der sonstigen Eigentümer verpflichtete – Verwaltung zugestellt worden war (vgl. auch BGH, Urteil v. 5.3.2010, NZM 2010 S. 406, 407).

Anmerkung

Beschlussanfechtungswillige Eigentümer sollten möglichst rechtzeitig vom Verwalter die Übersendung einer aktuellen Namens- und Anschriftenliste der Eigentümer schriftlich beweisbar unter Fristsetzung fordern (ggf. verbunden auch mit entsprechender Erstattungszusage für Kopie- und Portokosten). Einige Amtsgerichte auch im bayerischen Raum lehnen hier leider aus mir im Hinblick auf prozessökonomische Gründe unverständlicher Sicht weitere Anträge bzw. Anregungen ab,...

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