Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Keine Verwalter-Sondervergütung (hier: pauschal DM 120,-) für Betreiben des gerichtlichen Mahnverfahrens
Wohngeldversäumnis: Verzugszinspauschale mit 15 % nicht zu beanstanden
Neuer Beschluss beendet Wirkung eines früheren Beschlusses zu gleichem Gegenstand
Normenkette
§ 21 Abs. 3 WEG, § 23 Abs. 4 WEG, § 286 Abs. 1 BGB, § 288 BGB
Kommentar
1. Eine Gemeinschaft hatte beschlossen:
"Soweit wegen Forderungen der Gemeinschaft das gerichtliche Mahnverfahren betrieben werden muss, steht der Verwaltung wegen des besonderen Verwaltungsaufwands ein pauschalierter Kostenerstattungsanspruch von DM 120,- zu. Erstattungspflichtig ist der säumige Wohnungseigentümer . . .".
Entgegen der Münchner Vorinstanzen wurde der Beschluss über die Kostenpauschale von DM 120,- für das Betreiben eines gerichtlichen Mahnverfahrens als Verstoß gegen Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung in dieser Allgemeinheit für ungültig erklärt. Sondervergütungen für Sonderleistungen eines Verwalters mit viel Zeit- und Arbeitsaufwand seien zwar zulässig, nicht allerdings, wenn für jedes Mahnverfahren unterschiedslos ein Betrag von DM 120,- geschuldet sei. Zu berücksichtigen sei hierbei, dass die das Wohngeld betreffende Buchführung einschließlich der Geltendmachung und Einziehung von offenen Wohngeldforderungen zu den vom Gesetz umschriebenen gewöhnlichen Aufgaben des Verwalters gehöre (nicht die gerichtliche Geltendmachung). Für die Beantragung eines Mahnbescheids (und ggf. eines Vollstreckungsbescheids) eine Zusatzvergütung von DM 120,- fordern zu können, sei nicht angemessen und sprenge den Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung. Möglich wäre allenfalls unter besonderer Berücksichtigung eines Zeit- und Arbeitsaufwandes eine Zusatzvergütung für den Fall, dass ein Verwalter gegen einen Wohnungseigentümer innerhalb eines bestimmten Zeitraumes mehrmals wegen rückständiger Wohngelder gerichtlich vorgehen müsse.
Im Übrigen sei im Beschluss nur vom "Betreiben eines gerichtlichen Mahnverfahrens" die Rede, wobei sehr umstritten sei, ob Wohngeldansprüche zulässigerweise überhaupt im Mahnverfahren nach den §§ 688 ff. ZPO geltend gemacht werden können.
2. Unter Bezug auf eine frühere Senatsentscheidung (vom 16. 5. 1986, ZMR 86, 297 = WEZ 87, 222) sei ein Beschluss über die Pauschalierung von Verzugszinsen in Höhe von 15 % auf offene Wohngelder weder nichtig noch als Verstoß gegen Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung anzusehen. Der Beschluss sei geeignet, Auseinandersetzungen über die Höhe des Verzugsschadens zu vermeiden und außerdem den einzelnen Wohnungseigentümer zur pünktlichen Entrichtung geschuldeter Zahlungen anzuhalten, da Wohngeldzahlungen für die ordnungsgemäße Verwaltung von wesentlicher Bedeutung seien. Durch Eigentümermehrheitsbeschluss könnten zwar grundsätzlich keine neuen Zahlungspflichten begründet werden (z. B. aus Anlass eines Umzuges), da sich solche neuen Zahlungspflichten nur aus dem Gesetz und aus zwischen Eigentümern getroffenen Vereinbarungen ergeben könnten. Bei der Verzugszinspauschale gehe es jedoch nicht um neue Zahlungspflichten, da sich die Verpflichtung eines in Verzug geratenen Schuldners, Schadenersatz zu leisten, bereits aus dem Gesetz ergebe ( § 286 Abs. 1, § 288 Abs. 2 BGB). Hieran knüpfe die beschlossene Regelung an; sie erspare der Gemeinschaft nur im Einzelfall die Darlegung und den Nachweis, dass und in welcher Höhe über den gesetzlichen Mindestanspruch hinaus ein Schaden entstanden sei (Pauschalierung der Schadenersatzpflicht). Rechtsgedanken des auf Eigentümerbeschlüsse nicht anwendbaren AGB-Gesetzes stünden dieser Pauschalierung ebenfalls nicht entgegen. Die Höhe von 15 % sei ebenfalls zulässig und habe keinen "strafenden", sondern nur kostendeckenden Charakter (Durchschnittssatz, der näher erläutert wird).
3. Mit erneuter Beschlussfassung zu Gegenständen früherer Beschlüsse endet die Bestandskraft früherer Beschlüsse, da bereits die Bereitschaft, über den gleichen Gegenstand erneut zu beraten und zu beschließen, den Willen der Eigentümer beinhaltet, es nicht bei der alten Regelung zu belassen, wobei selbst bei gerichtlicher Ungültigerklärung späterer Beschlüsse die Wirkung früherer Beschlüsse nicht wieder aufleben würde.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 03.03.1988, BReg 2 Z 104/87= BayObLGZ 1988 Nr. 10)
zu Gruppe 4: Wohnungseigentumsverwaltung
Anmerkung zu 1.:
M. E. entspricht eine beschlossene Pauschalierung in der angemessenen Höhe von DM 120,- für den zeitlichen und arbeitsmäßigen Zusatzaufwand eines Verwalters im Rahmen eines gerichtlich zu verfolgenden Wohngeldinkassos (sicher zu ergänzen: im Falle der Begründetheit der Forderung) ordnungsgemäßer Verwaltung im Sinne des § 21 WEG, da in der Regel erstattungspflichtige Rechtsanwaltskosten auf Antragstellerseite (im Falle vereinbarter Rechtsanwaltsbeauftragung) einen Schuldner höher belasten als diese Pauschale und die restliche Gemeinschaft vorerst einmal vorschussweise in Vorlage treten müsste, selbst bei gerichtlich ausgesprochener Kostenerstattungspfli...