Prof. Dr. jur. Tobias Huep, Stefanie Hock
20.1 Pfändungsfortwirkung bei Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses
Da eine Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses mit einer vereinbarten Suspendierung der Hauptleistungspflichten das Arbeitsverhältnis nicht beendet, erstreckt sich die Pfändung ohne Weiteres auf das wieder fortlaufend fällig werdende Arbeitseinkommen nach Wiederaufnahme der Beschäftigung. Gleiches gilt nach § 833 Abs. 1 ZPO auch bei einer Inhaltsänderung des Arbeitsverhältnisses.
Weiterbeschäftigung nach Unterbrechung
Weiterbeschäftigung beim Arbeitgeber nach einem "Sabbatical" oder nach Ablauf der Elternzeit, zwischenzeitlicher Abordnung zu einer Arbeitsgemeinschaft, Ableisten des freiwilligen Wehrdienstes.
20.2 Pfändungsfortwirkung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses und Neubegründung
Die Pfändungsfortwirkung bestimmt darüber hinaus § 833 Abs. 2 ZPO. Endet das Arbeitsverhältnis, z. B. infolge Kündigung oder aufgrund eines Auflösungsvertrags und begründen Schuldner und Drittschuldner innerhalb von 9 Monaten ein solches neu, so erstreckt sich die Pfändung auch auf das Einkommen aus dem neuen Arbeitsverhältnis. Unerheblich ist, aus welchem Grund das Arbeitsverhältnis beendet und wieder neu begründet wurde. Die Pfändungsfortwirkung erfasst saisonbedingte Entlassungen im Baugewerbe, in Gaststätten-, Fremdenverkehrs- und Ferienbetrieben sowie im Einzelhandel ebenso wie andere Beendigungsgründe (z. B. Ausstellung wegen Arbeitsmangels oder auch nur in der Absicht, der Pfändung zu entgehen). Es kommt nicht darauf an, ob bei Beendigung eine Wiedereinstellung bereits in Aussicht gestellt, schon zugesagt oder nicht beabsichtigt war. Fort besteht die Pfändung mit dem früheren Pfändungsrang und im bisherigen Umfang. Gerichtliche Anordnungen, so über die Nichtberücksichtigung eines Angehörigen, zusätzliche Pfändungsfreibeträge und die Zusammenrechnung mehrerer Arbeitseinkommen wirken somit fort und müssen daher nicht neu erwirkt werden.
Die Gläubigerforderung kann sich in der Zeit der "Unterbrechung" des Arbeitsverhältnisses durch Zahlungen des Schuldners, andere Vollstreckungsmaßnahmen gegen ihn oder auf sonstige Weise verringert haben. Der Drittschuldner wird sich daher durch zumutbare Kontaktaufnahme mit dem Gläubiger über den Forderungsbestand zu unterrichten haben. Seiner Fürsorgepflicht wird der Arbeitgeber aber auch genügen, wenn er den Schuldner unter Hinweis auf die fortdauernde Pfändung veranlasst, eine Erklärung des Gläubigers über den noch offenen Forderungsbestand beizubringen. Bleibt die Höhe der verbliebenen Forderung zwischen Gläubiger und Schuldner streitig, kann für den Drittschuldner nur der Betrag der Gläubigeransprüche nach dem Wortlaut des Pfändungsbeschlusses (unter Abzug der bei früheren Lohnzahlungen einbehaltenen gepfändeten Beträge) maßgeblich sein. Dann ist es Sache des Schuldners, seinen Erfüllungseinwand auf gerichtlichem Weg geltend zu machen und die (gerichtliche) Einstellung der Zwangsvollstreckung zu erwirken.
Wenn das Arbeitsverhältnis bereits bei Zustellung des Pfändungsbeschlusses an den Drittschuldner beendet war, hat die Pfändung keine rechtliche Wirkung erlangt. Eine "angebliche" Forderung hat nicht bestanden, weswegen sie als "gegenstandslos" gilt und das Arbeitseinkommen nicht erfasst. Dann kann sich die Pfändung auch nicht nach § 833 Abs. 2 ZPO auf die Forderungen aus einem innerhalb von 9 Monaten beim vormaligen Arbeitgeber neu begründeten Arbeitsverhältnis erstrecken. Das allerdings ist nicht geklärt; Erfahrungen zu dieser (neuen) Frage bestehen noch nicht.
Nach Ablauf von 9 Monaten verliert die Pfändung ihre Wirkung. Dem Arbeitgeber, der dann mit dem Schuldner ein Arbeitsverhältnis neu begründet, wird aus Gründen der Rechtssicherheit nicht zugemutet, Unterlagen aus weiter zurückliegender Zeit im Auge zu behalten und zu beachten. Arbeitseinkommen aus dem neuen Arbeitsverhältnis beim früheren Arbeitgeber muss daher nach Ablauf von 9 Monaten neu gepfändet werden. Rang hat diese Pfändung nur nach dem Zeitpunkt der Zustellung des (neuen) Beschlusses an den Drittschuldner.