Leitsatz
Es ist prinzipiell möglich, eine offene Kreditlinie zu pfänden. Eine solche Pfändung setzt voraus, dass der Bankkunde den Kredit in Anspruch nimmt, die Bank zur Kreditgewährung verpflichtet ist und dem Kontoinhaber das Kapital zur freien Verfügung überlässt.
Sachverhalt
Das Finanzamt verlangt von der Beklagten, der Hausbank des M, auf der Grundlage einer wegen Steuerschulden erfolgten Kontenpfändung Zahlung. Gegenstand der Pfändung waren unter anderem ein Girokonto sowie alle hiermit in Zusammenhang stehenden Forderungen aus abgeschlossenen und künftigen Kreditverträgen, einschließlich Überziehungskrediten. Das LG hatte die Klage abgewiesen. Auch vor dem OLG hatte das Finanzamt keinen Erfolg.
Entscheidung
Es entspricht der Rechtsprechung des BGH, dass die Ansprüche des Bankkunden gegen das Kreditinstitut aus einem vereinbarten Dispositionskredit ("offene Kreditlinie") grundsätzlich pfändbar sind, wenn und soweit der Kunde den Kredit in Anspruch nimmt. Dies gilt allerdings nur, wenn die Bank zur Kreditgewährung verpflichtet ist und dem Kontoinhaber das Kapital zudem zur freien Verfügung überlässt. Die bloße Duldung einer Kontoüberziehung seitens der Bank führt dagegen nicht zu einem pfändbaren Anspruch auf Kredit. Gleiches gilt, wenn ein Dispositionskredit lediglich zweckgebunden eingeräumt wird.
Im Streitfall hatte die Bank intern zwar ein Überziehungslimit von 5000 DM eingeräumt. Dies war aber dauerhaft ausgeschöpft. Darüber hinaus gehende Belastungen hatte das Institut zwar zeitweise zugelassen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hatte es sich hierbei aber um reine Überziehungen gehandelt. Der Kontoinhaber war also darauf angewiesen, dass die Bank in jedem Einzelfall die Kontobelastung noch duldete. Eine diesbezügliche Absprache zwischen den Beteiligten, also eine Darlehensabrede, gab es indes nicht. In den zugelassenen Kontobelastungen ist nach Auffassung des Senats aus diesem Grund nur ein bankseitiges Entgegenkommen zu sehen, jedoch kein pfändbarer Rechtsanspruch des Kunden.
An dieser Betrachtungsweise ändert auch die Feststellung nichts, dass von dem Konto regelmäßig Darlehensraten abgebucht wurden. Es gab nämlich insoweit ebenfalls keine konkrete Absprache. Selbst wenn man aber in der Duldung dieser Buchungen eine konkludente zusätzliche Kreditgewährung sehen würde, müsste man von einer zweckgebundenen Zuwendung ausgehen, die einer Pfändung nicht unterliegt.
Link zur Entscheidung
Saarländisches OLG, Urteil vom 20.07.2006, 8 U 330/05-98