Leitsatz

1. Die Pfändung von Mietforderungen im Wege der Zwangsvollstreckung aus einem persönlichen Titel führt auch dann nicht zur (relativen) Unwirksamkeit zeitlich vorangehender Verfügungen über diese Forderungen, wenn der Vollstreckungsgläubiger zuvor die Eintragung einer Zwangshypothek bewirkt hatte.

2. Der Inhaber einer Zwangshypothek, der sich durch Pfändung von Mieten aus dem Grundstück befriedigen will, benötigt einen dinglichen Titel.

(amtliche Leitsätze des BGH)

 

Normenkette

ZPO § 867 Abs. 3; BGB § 1124 Abs. 2, § 1147

 

Kommentar

Am 14.5.1991 verpflichtete sich der Eigentümer eines vermieteten Grundstücks (E) durch notarielle Urkunde gegenüber einem Darlehensgeber (D) zur Rückzahlung eines Darlehens und unterwarf sich insoweit der Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen. Aufgrund dieser Urkunde ließ (D) am 21.3.2002 eine Zwangshypothek auf dem Grundstück des (E) eintragen. Am 4.9.2002 trat (E) die Mietzinsansprüche an einen anderen Gläubiger (G) ab. Am 1.6.2005 erwirkte (D) hinsichtlich der Mietzinsansprüche einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss. Hiergegen hat (G) Drittwiderspruchsklage erhoben (§ 771 ZPO). Der BGH hatte zu entscheiden, wem die Mietzinsen zustehen.

1 Notarielle Unterwerfungserklärung

Die Pfändung der Mieten durch (D) setzt einen Vollstreckungstitel voraus. Vorliegend kam als Vollstreckungstitel die notarielle Unterwerfungserklärung vom 14.5.1991 in Betracht (§ 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO). Allerdings war zu bedenken, dass die Ansprüche bereits am 4.9.2002 – also vor Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses – an (G) abgetreten worden sind. In diesem Fall gilt das Prioritätsprinzip: die Abtretung hat Vorrang vor der späteren Pfändung.

Der Umstand, dass zugunsten des (D) am 21.3.2002 eine Zwangshypothek eingetragen wurde, ändert am Prioritätsprinzip nichts. Zwar bestimmt § 1124 Abs. 2 BGB u. a., dass eine Abtretung der Mieten gegenüber dem Hypothekengläubiger unwirksam ist, wenn sie sich auf eine spätere Zeit als den zur Zeit der Beschlagnahme laufenden Kalendermonat bezieht. Voraussetzung der Beschlagnahme ist aber ein dinglicher Titel. Bei einer Zwangsvollstreckung aus einer persönlichen Unterwerfungserklärung ist diese Voraussetzung nicht gegeben.

2 Zwangshypothek

Des Weiteren war zu überlegen, ob die am 21.3.2002 eingetragene Zwangshypothek ein zur Pfändung der Mieten ausreichender Vollstreckungstitel ist.

Dies wird vom BGH verneint: Die Zwangshypothek gewährt Befriedigung aus dem Grundstück (§ 1113 BGB). Die Befriedigung des Gläubigers aus dem Grundstück erfolgt durch Zwangsvollstreckung (§ 1147 BGB). Diese setzt einen dinglichen Titel voraus, der auf Duldung der Zwangsvollstreckung in das belastete Grundstück lautet. Bei einer Zwangsvollstreckung aus einer persönlichen Unterwerfungserklärung ist diese Voraussetzung nicht gegeben. Zwar ist in § 867 Abs. 3 BGB geregelt, dass zur "Befriedigung aus dem Grundstück durch Zwangsversteigerung ... der vollstreckbare Titel (genügt), auf dem die Eintragung vermerkt ist". Die Regelung gilt aber nach ihrem ausdrücklichen Wortlaut nur für die Zwangsversteigerung des Grundstücks, nicht für die Pfändung von Mietforderungen durch den Inhaber einer Zwangshypothek. Eine analoge Anwendung lehnt der BGH ab, weil die Vorschrift auf einer bewussten Entscheidung des Gesetzgebers beruht.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 13.03.2008, IX ZR 119/06BGH, Urteil v. 13.3.2008, IX ZR 119/06, ZMR 2008, 610 m. Anm. Zimmer = NJW 2008, 1601

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