Kommt es nicht wegen des Schattenwurfs von Bäumen und Sträuchern oder deren Nadel- oder Laubfall zum Nachbarstreit, können sich die Nachbarn wegen Pflanzenschädlingen in die Haare geraten, die grenzüberschreitend aktiv werden.

 
Praxis-Beispiel

Wollläuse

Im sog. "Wollläusefall" hat der BGH hierzu Stellung bezogen[1]: Wollläuse hatten eine Lärche befallen und sich anschließend auf Kiefern des Nachbargrundstücks ausgebreitet und diese beschädigt. Der BGH hat den nachbarrechtlichen Vorschriften des BGB die gesetzgeberische Wertung entnommen, dass – abgesehen von der spezialgesetzlichen Regelung zum Überhang von Zweigen und zu grenzüberschreitenden Wurzeln[2] – die natürlichen Auswirkungen von Bäumen und Sträuchern, die den landesgesetzlich vorgeschriebenen Grenzabstand einhalten, regelmäßig keine abwehrfähige Eigentumsbeeinträchtigung darstellen.

Dies gelte auch für den Wollläusebefall der Lärche, der auf ein zufälliges Naturereignis zurückgeht, das alle Grundstückseigentümer als allgemeines Risiko treffe und zur natürlichen Eigenart jeder Art von Anpflanzung gehöre. Eine Störereigenschaft des Baumeigentümers oder -besitzers käme daher nur dann in Betracht, wenn ihm ein pflichtwidriges Unterlassen vorgeworfen werden könne, er mithin gegen eine Rechtspflicht zum Handeln verstoßen habe. Eine solche Garantenstellung zum Schutz des Nachbarn hat der BGH aber ebenso verneint, wie eine Pflicht zur Bekämpfung der Wollläuse aus dem Gesichtspunkt des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses.

Auch beim Blattlausbefall einer Eiche hat die Rechtsprechung ähnlich argumentiert und festgestellt, dass der Blattlausbefall nicht auf eine Erkrankung des Baums zurückzuführen sei, sondern zu den jahreszeitlich bedingten Vorgängen gehöre. Diese seien als "normale" Folgeexistenz der Eiche hinzunehmen.[3]

An dem Grundsatz, dass beim Einwirken von Naturkräften eine Störung nur bei einem pflichtwidrigen Unterlassen in Betracht kommt, hat der BGH in dem sog. "Mehltau-Fall"[4] festgehalten. Hier hatte ein Winzer seinen Nachbarn verklagt, weil dieser seinen Weinberg für den Fall von Mehltau nicht durch Einsatz chemischer oder mechanischer Mittel geschützt hat und sich deshalb der Mehltau auch auf seinem Weinberg ausbreitete.

 
Achtung

Ggf. Informationspflicht!

Wie bereits in dem Wollläusefall[5] entschieden, ist ein Nachbar bei einem Schädlingsbefall, der auf ein Naturereignis zurückgeht, nicht verpflichtet, diesen zu verhindern. Ergänzend zu dieser Rechtsprechung wurde in dem Mehltau-Fall[6] aber auf eine Informationspflicht des Nachbarn hingewiesen. Danach ist ein Eigentümer im Hinblick auf die nachbarliche Verbundenheit verpflichtet, seinen Nachbarn ggf. auf Schädlingsbefall hinzuweisen. Wenn er dieser Verpflichtung nicht nachkommt, kann er sich ggf. schadensersatzpflichtig machen. Die Informationspflicht besteht aber nur, wenn der Nachbar einer Unterrichtung über die drohende Gefahr bedarf. Hat er Kenntnis von dem Schädlingsbefall, so muss er nicht nochmals von dem Eigentümer des mit Schädlingen befallenen Grundstücks informiert werden.

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