Dr. Björn-Axel Dißars, Falk-Birger Dißars
Leitsatz
Nach dem Gebot des sichersten Wegs ist ein Steuerberater u. U. dazu verpflichtet, seinem Mandanten die Einholung einer verbindlichen Auskunft des Finanzamts zu empfehlen. Dies kommt jedenfalls dann in Betracht, wenn die Rechtslage nach Erschöpfung der eigenen Erkenntnismöglichkeiten ungeklärt ist und die Beratung eine einschneidende, dauerhafte rechtliche Gestaltung betrifft.
Sachverhalt
Die Klägerinnen waren Gesellschafterinnen einer KG. Sie beabsichtigten ihre Gesellschaftsanteile an einen Dritten zu veräußern. Sie beauftragten insoweit eine Sozietät aus Steuerberatern und Rechtsanwälten, sie steuer- und zivilrechtlich zu beraten.
Für den Kaufvertrag war zunächst ein Tranchenmodell vorgesehen, wonach die Gesellschaftsanteile schrittweise an den Dritten übertragen worden wären. Der Dritte hätte jeweils entsprechende Teilzahlungen geleistet. Nachdem Zweifel aufkamen, ob diese Vertragsgestaltung dazu führt, dass der gesamte Veräußerungsgewinn sofort zu versteuern ist, kam von einem, von dem Ehemann einer der Klägerinnen zusätzlich beauftragten, Steuerberater ein Optionsmodell ins Gespräch. Hiernach hätte der Käufer der Anteile die Option, weitere Anteile zu erwerben. Diesen Vorschlag nahm die Sozietät auf.
Der Kaufvertrag wurde auf Basis dieses Optionsmodells geschlossen. Parallel hatte der zusätzliche Steuerberater beim Finanzamt eine verbindliche Auskunft zu dem ursprünglichen Tranchenmodell beantragt. Nach Unterzeichnung des Kaufvertrags bestätigte das Finanzamt dieses ursprüngliche Modell als steuerunschädlich.
In der Folge lehnte es der Erwerber zunächst ab, seine Option für die weiteren Gesellschaftsanteile auszuüben. Erst nach einer Herabsenkung des Kaufpreises wurde die Option doch ausgeübt. Die Klägerinnen verlangten nunmehr die Kaufpreisdifferenz von den Beklagten wegen mangelhafter Beratung ersetzt.
Der BGH gab dem Ansinnen der Klägerinnen statt. Die beklagte Sozietät sollte die Klägerinnen in Bezug auf den Verkauf steuer- und zivilrechtlich beraten. Hieraus kann die Pflicht entstehen, den Mandanten auf die Möglichkeit einer verbindlichen Auskunft hinzuweisen. Dies ist der Fall, wenn die Rechtslage nach Erschöpfung der eigenen Erkenntnismöglichkeiten ungeklärt und die Angelegenheit von schwerwiegender Bedeutung ist. Beides war vorliegend der Fall. Die Beklagten sind also zum Schadensersatz verpflichtet.
Hieran ändert sich auch nichts dadurch, dass vom Ehemann einer der Klägerinnen ein weiterer Steuerberater beauftragt worden war. Beide Steuerberater haben eine eigene Prüf- und Beratungspflicht, die sich durch die Einschaltung des jeweils anderen nicht vermindert.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 08.02.2007, IX ZR 188/05BGH, Urteil v 8.2.2007, IX ZR 188/05.