Nadine Rumland-Gelzhäuser
4.1 Allgemeines
Maßgeblich für die Höhe des Pflichtteilsanspruch sind die Höhe der gesetzlichen Erbquote (§ 2303 Abs. 1 S. 2 BGB) und der Wert und der Bestand des Nachlasses zum Zeitpunkt des Erbfalls (§ 2311 Abs. 1 S. 1 BGB).
Der Pflichtteilsanspruch beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils (§ 2303 Abs. 1 S. 2 BGB).
Anhand der gesetzlichen Erbquote ist also zunächst die Höhe der Pflichtteilsquote zu ermitteln. Sodann kann der Pflichtteilsanspruch entsprechend dem Wert des Nachlasses berechnet werden. Um den Wert des Nachlasses ermitteln zu können, muss zunächst der Nachlassbestand festgestellt werden. Der Wert des Nachlasses ergibt sich aus den vorhandenen Nachlassgegenständen (Aktiva) abzüglich der Erblasserschulden und Erbfallschulden (Passiva). Aus der Differenz zwischen Aktiva und Passiva kann dann der Pflichtteil entsprechend der zuvor errechneten Quote ermittelt werden.
4.2 Pflichtteilsquote
Die gesetzliche Erbquote, d. h. die Höhe des gesetzlichen Erbteils, hängt vom Vorhandensein der weiteren gesetzlichen Erben ab. Hierbei werden auch mitgerechnet:
- die nach § 1938 BGB von der gesetzlichen Erbfolge Ausgeschlossenen,
- die gem. §§ 2339 ff. BGB für erbunwürdig Erklärten und
- diejenigen, die ausgeschlagen haben.
Auswirkungen eines Erbverzichts
Zu beachten ist, dass die Personen, die einen Erbverzicht erklärt haben, bei der Berechnung des Pflichtteils außen vor bleiben.
Im Gegensatz zum Pflichtteilsverzicht vergrößert der Verzicht auf das gesetzliche Erbrecht daher die Pflichtteilsquote der anderen Pflichtteilsberechtigten. Soll es nicht zu einer Erhöhung der Pflichtteilsquote der anderen Pflichtteilsberechtigten kommen, empfiehlt es sich, statt eines Erbverzichts nur einen Pflichtteilsverzicht zu erklären, da der Pflichtteilsverzicht an der Berechnung des Pflichtteils der übrigen Pflichtteilsberechtigten nichts ändert.
Sonderfall: Güterstand der Zugewinngemeinschaft
Zu bedenken ist, dass es beim Güterstand der Zugewinngemeinschaft zu einer Abweichung der gesetzlichen Erbquoten und damit auch der Pflichtteilsquoten vom gesetzlichen Regelfall kommt. Gem. § 1931 Abs. 3, § 1371 Abs. 2 BGB bestimmt sich der Pflichtteil des überlebenden Ehegatten oder eines anderen Pflichtteilsberechtigten nach dem nicht erhöhten gesetzlichen Erbteil des Ehegatten, wenn der Ehegatte infolge Enterbung oder Ausschlagung weder Erbe noch Vermächtnisnehmer wird. Sind Erben erster Ordnung vorhanden, so erhält der Ehegatte einen Pflichtteil von 1/8 (sog. kleiner Pflichtteil). Dies entspricht der Hälfte des nicht erhöhten Erbteils gem. § 1931 Abs. 1 BGB. Gleichzeitig erhöht sich der Pflichtteil anderer Pflichtteilsberechtigter gem. § 1371 Abs. 2 S. 2 BGB.
Wird der Ehegatte gesetzlicher Erbe und schlägt nicht aus, hat er keinen Anspruch auf den konkreten Zugewinnausgleich.
Wird der Ehegatte gewillkürter Erbe in Höhe eines Erbteils, der geringer ist, als die Hälfte des nach § 1371 Abs. 1 BGB erhöhten Erbteils, oder Vermächtnisnehmer, kann er nach §§ 2305, 2307 BGB einen Zusatzpflichtteil bis zur Höhe der Hälfte des erhöhten gesetzlichen Erbteils verlangen. Schlägt er aus, hat er die Möglichkeit, den sog. kleinen Pflichtteil nebst konkretem Zugewinn zu bekommen.
Bei Gütertrennung gem. § 1414 BGB gilt § 1931 Abs. 4 BGB, wonach der gesetzliche Erbteil des Ehegatten neben einem Kind auf 1/2 und neben zwei Kindern auf 1/3 erhöht wird. Der Pflichtteil ergibt sich dann aus der Hälfte des jeweiligen Erbteils. Bei Gütergemeinschaft nach §§ 1415 ff. BGB beträgt der Pflichtteil des überlebenden Ehegatten neben Abkömmlingen 1/8 und ansonsten 1/4.
4.3 Nachlassbestand
Nicht in den Nachlassbestand fallen Vermögensgegenstände, deren Erwerb außerhalb des Nachlasses stattfindet. Häufig ist dies bei Lebensversicherungen der Fall, wenn ein Bezugsberechtigter benannt ist, der den Anspruch auf die Versicherungsleistung mit dem Tod des Erblassers unmittelbar erwirbt. Bei der Berechnung des Pflichtteilsanspruchs bleiben damit sowohl die Versicherungssumme als auch die eingezahlten Prämien außen vor. Anderes kann für einen etwaigen Pflichtteilsergänzungsanspruch nach § 2325 BGB gelten.
Nicht in den für den Pflichtteilsanspruch maßgeblichen Nachlass fallen auch solche Gegenstände, die beispielsweise von einem gegenständlichen Pflichtteilsverzicht erfasst sind.
Auflösend bedingte Rechte werden (zunächst) voll angesetzt (§ 2313 Abs. 1 S. 2 BGB), aufschiebend bedingte Rechte und Verbindlichkeiten hingegen nicht. Ferner fällt auch eine Vorerbschaft des Erblassers als sog. Sondervermögen nicht in den Nachlass, da diese mit dem Tod des Vorerben unmittelbar dem Nacherben zufällt.
Da der Erblasser Pflichtteilsrechte durch Verfügungen von Todes wegen nicht beeinträchtigen kann, dürfen Vermächtnisse und Auflagen für die Berechnung des Pflichtteils nicht vom Nachlassbestand abgezogen werden. Gleiches gilt für Pflichtteilsansprüche Anderer sowie die den Erben treffende Erbschaftsteuerschulden.