Slawomir Lakomy, Jakub Müller-Judenau
Rz. 61
Gemäß Art. 992 ZGB sind bei der Festlegung des Erbteils, der die Grundlage für die Berechnung des Pflichtteils bildet, auch erbunwürdige Erben sowie Erben zu berücksichtigen, die die Erbschaft ausgeschlagen haben. Dagegen werden die Erben, die auf die Erfolge verzichtet haben oder enterbt worden sind, nicht berücksichtigt.
Weiter werden bei der Berechnung des Pflichtteils einfache Vermächtnisse und Auflagen nicht berücksichtigt, dagegen werden die vom Erblasser vorgenommenen Schenkungen und Vindikationsvermächtnisse entsprechend den nachfolgenden Vorschriften zur Erbschaft dazugerechnet (Art. 993 § 1 ZGB). Bei der Berechnung des Pflichtteils wird zum Erbe gemäß den nachstehenden Bestimmungen auch das durch den Erblasser eingebrachte Gründungskapital der Familienstiftung hinzugerechnet, wenn diese Stiftung nicht durch das Testament gegründet ist (Art. 993 § 2 ZGB). Bei der Berechnung des Pflichtteils wird zum Erbe gemäß den nachstehenden Bestimmungen das mit der Auflösung der Familienstiftung zusammenhängende Vermögen von einem Wert, der nicht höher als der Wert des durch den Erblasser eingebrachten Gründungskapitals der Familienstiftung ist, hinzugerechnet (Art. 993 § 3 ZGB).
Rz. 62
Bei der Berechnung des Pflichtteils sind zur Erbschaft nicht dazuzurechnen:
1. |
kleinere Schenkungen, die für die jeweiligen Verhältnisse gewöhnlich sind und diejenigen, die vor mehr als zehn Jahren vom Anfall der Erbschaft rückwirkend gerechnet zugunsten von Personen vorgenommen worden sind, die keine Erben oder Pflichtteilberechtigte sind (Art. 994 § 1 ZGB), |
2. |
wenn der Pflichtteil einem Abkömmling zusteht, die Schenkungen, die der Erblasser zu der Zeit gemacht hat, als er keine Abkömmlinge gehabt hat; dies gilt jedoch nicht, wenn eine Schenkung später als dreihundert Tage vor der Geburt des Abkömmlings gemacht worden ist (Art. 994 § 2 ZGB), |
3. |
wenn der Pflichtteil dem Ehegatten zusteht, die Schenkungen, die der Erblasser zu der Zeit vor der Eheschließung mit diesem Ehegatten gemacht hat (Art. 994 § 3 ZGB), |
4. |
das Gründungskapital der Familienstiftung, welches vor mehr als zehn Jahren, zurückgerechnet ab dem Erbfall, eingebracht wurde, es sei denn, die Familienstiftung ist selbst Erbe (Art. 9941 § 1 ZGB), |
5. |
das mit der Auflösung der Familienstiftung zusammenhängende Vermögen, welches durch Personen vor mehr als zehn Jahren, zurückgerechnet ab dem Erbfall, empfangen wurde, die keine Erben oder Pflichtteilberechtigten sind (Art. 9941 § 2 ZGB), |
6. |
wenn der Pflichtteil einem Abkömmling zusteht, das Gründungskapital der Familienstiftung und das Vermögen im Zusammenhang mit der Auflösung der Familienstiftung, wenn ihre Übergabe zu der Zeit erfolgen ist, als der Erblasser keine Abkömmlinge gehabt hat; dies gilt jedoch nicht, wenn die Übergabe später als dreihundert Tage vor der Geburt des Abkömmlings gemacht worden ist (Art. 9941 § 3 ZGB), |
7. |
wenn der Pflichtteil dem Ehegatten zusteht, das Gründungskapital der Familienstiftung und das Vermögen im Zusammenhang mit der Auflösung der Familienstiftung, die vor der Eheschließung mit dem Erblasser übergeben worden sind (Art. 9941 § 4 ZGB). |
Rz. 63
Bei der Berechnung des Pflichtteils sind auf den einem Pflichtteilberechtigten zustehenden Pflichtteil anzurechnen:
1. |
das Vindikationsvermächtnis und die Schenkung, die vom Erblasser zugunsten des Pflichtteilberechtigten vorgenommen worden sind; ist ein weiterer Abkömmling pflichtteilberechtigt, so werden auf den ihm zustehenden Pflichtteil auch das Vindikationsvermächtnis und die Schenkung angerechnet, die vom Erblasser zugunsten eines Verwandten des Abkömmlings in aufsteigender Linie gemacht worden sind (Art. 996 § 1 ZGB), |
2. |
die Leistung der Familienstiftung und das Vermögen im Zusammenhang mit der Auflösung der Familienstiftung, die zugunsten des Pflichtteilberechtigten übergeben werden; wenn ein weiterer Abkömmling des Erblassers zum Pflichtteil berechtigt ist, wird zu dem ihm zustehenden Pflichtteil auch die Leistung der Familienstiftung und das Vermögen im Zusammenhang mit der Auflösung der Familienstiftung angerechnet (Art. 996 § 2 ZGB), |
3. |
wenn der Pflichtteil einem Abkömmling zusteht, die vom Erblasser getragenen Kosten der Erziehung des Abkömmlings, sowie Kosten der allgemeinen und beruflichen Ausbildung, soweit diese Kosten das für die Lebensverhältnisse gemeinschaftsübliche Maß übersteigen (Art. 997 § 1 ZGB), |
4. |
wenn der Pflichtteil einem Abkömmling zusteht, die Kosten der durch die Familienstiftung realisierten Unterhaltspflicht, die auf dem Erblasser lastet, soweit diese Kosten das für die Lebensverhältnisse gemeinschaftsübliche Maß übersteigen (Art. 997 § 2 ZGB). |