I. Materielle Voraussetzungen
1. Persönliche Voraussetzungen
Rz. 1
Nach Art. 1 § 1 FVGB wird eine Ehe dadurch geschlossen, dass ein Mann und eine Frau bei gleichzeitiger Anwesenheit vor dem Leiter des Standesamtes erklären, dass sie miteinander in den Ehebund eintreten; eine Ehe kann demnach nur zwischen einem Mann und einer Frau begründet werden. Weitere Voraussetzungen sind die Ehemündigkeit beider künftigen Ehegatten sowie das Nichtvorliegen von Ehehindernissen.
a) Ehemündigkeit
Rz. 2
Ehemündigkeit setzt zunächst die Vollendung des 18. Lebensjahres voraus (Art. 10 § 1 FVGB). Das Vormundschaftsgericht kann jedoch einer Frau, die das 16. Lebensjahr vollendet hat, aus wichtigen Gründen die Eheschließung erlauben (Art. 10 § 1 S. 2 FVGB). Durch die Eheschließung wird ein Minderjähriger volljährig und verliert die Volljährigkeit durch die Nichtigerklärung der Ehe nicht (Art. 10 § 2 ZGB). Ein Ehegatte darf nicht vollentmündigt sein (Art. 11 § 1 FVGB). Bei geisteskranken Personen oder Personen mit Geistesschwäche (Art. 12 § 1 FVGB) kann das Gericht die Eheschließung erlauben, wenn die Person nicht vollentmündigt ist und der Gesundheits- oder Geisteszustand weder die Ehe noch die Gesundheit der künftigen Nachkommenschaft gefährdet.
b) Keine Ehehindernisse
Rz. 3
Das Gesetz enthält folgende Ehehindernisse:
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Bestehende Ehe (Verbot der Doppelehe; Art. 13 § 1 FVGB); |
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Verbot der Ehe zwischen geradlinigen Verwandten, zwischen Geschwistern sowie zwischen geradlinig Verschwägerten (Art. 14 § 1 FVGB); im letztgenannten Fall kann das Gericht aus wichtigen Gründen die Eheschließung gestatten; |
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Verbot der Ehe zwischen Annehmendem und angenommenem Kind (Art. 15 § 1 FVGB); |
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Abgabe der Eheerklärung in einem die bewusste Willensäußerung ausschließenden Zustand (Art. 15/1 § 1 Nr. 1 FVGB); |
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Abgabe der Eheerklärung unter dem Einfluss eines Irrtums über die Identität des anderen Beteiligten (Art. 15/1 § 1 Nr. 2 FVGB); |
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Abgabe der Eheerklärung unter dem Einfluss von Drohung durch den anderen Beteiligten oder einen Dritten (Art. 15/1 § 1 Nr. 3 FVGB). |
2. Rechtsfolgen von Verstößen
Rz. 4
Sofern die vorgenannten Ehehindernisse bei Eheschließung vorlagen, kann eine Ehe für nichtig erklärt werden (vgl. dazu im Einzelnen Art. 10 ff. FVGB). Die Nichtigerklärung kann nur aus den in Teil I des 1. Titels des FVGB genannten Gründen erfolgen (Art. 17 FVGB). Insbesondere bilden andere als die dort geregelten Willensmängel keine Grundlage für eine Nichtigerklärung. Wer klageberechtigt ist, hängt von der Art des Ehehindernisses ab: Wurde die Ehe unter Verletzung des Verbots der Doppelehe oder der Verwandtschaft geschlossen, so ist jeder klageberechtigt, der daran ein rechtliches Interesse hat (Art. 13 § 2, Art. 14 § 2 FVGB). Nur die Ehefrau ist klageberechtigt, wenn ein Ehegatte nicht das erforderliche Alter besaß und die Ehefrau schwanger ist (Art. 10 § 4 FVGB). In den übrigen Fällen sind beide Ehegatten klageberechtigt. Wurde die Ehe durch einen Bevollmächtigten geschlossen (siehe Rdn 12), so kann nur der Vollmachtgeber nach Maßgabe des Art. 16 FVGB die Nichtigerklärung verlangen. In allen Fällen kann der Staatsanwalt (Art. 22 FVGB), und folglich auch der Ombudsmann, die Nichterklärung verlangen. Nach Beendigung der Ehe ist eine Nichtigerklärung grds. ausgeschlossen (Art. 18 S. 1 FVGB). Davon ausgenommen ist die Nichtigerklärung bei Vorliegen des Ehehindernisses der Verwandtschaft sowie der Doppelehe (Art. 18 S. 2 FVGB).
Rz. 5
Wird die Ehe durch den Tod eines Ehegatten aufgelöst, so ist zu unterscheiden: Verstirbt der Ehegatte, gegen den die Klage auf Nichtigerklärung betrieben wird, so kann die Klage gegen einen vom Gericht zu ernennenden Pfleger fortgeführt werden (Art. 19 § 1 FVGB). Verstirbt der Ehegatte, der die Klage auf Nichtigerklärung betreibt, so können dessen Abkömmlinge das Verfahren fortführen (Art. 19 § 2 FVGB).
Rz. 6
Kannte ein Ehegatte die Umstände, die zur Nichtigkeit der Ehe führten, so ist er bösgläubig (Art. 20 § 2 FVGB). Dies ist im Urt. v. Gericht von Amts wegen festzustellen (Art. 20 § 1 FVGB). Wird eine Ehe für nichtig erklärt, so finden hinsichtlich des Verhältnisses der Ehegatten zu ihren gemeinsamen Kindern und hinsichtlich der Vermögensverhältnisse zwischen den Ehegatten die Vorschriften über die Scheidung Anwendung. War ein Ehegatte bösgläubig, so wird er – insbesondere unterhaltsrechtlich – so behandelt, als ob er an der Zerrüttung der ehelichen Gemeinschaft schu...