Slawomir Lakomy, Jakub Müller-Judenau
I. Quellen des Internationalen Erbrechts
Rz. 1
Grundlage für die Bestimmung des Erbstatuts sind die Landesvorschriften des Internationalen Privatrechts. In der Republik Polen ist dieses im Gesetz vom 4.2.2011 über das Internationale Privatrecht (IPRG 2011) geregelt. Dieses ersetzt das Gesetz vom 12.11.1965 (im Folgenden "IPRG 1965").
Rz. 2
Neben dem IPRG finden die Bestimmungen der internationalen Abkommen Anwendung. Von großer Bedeutung ist das Haager Abkommen über die Testamentsform vom 5.10.1961, das ein multilaterales Abkommen ist.
Rz. 3
Polen ist auch verpflichtet, die Verordnung (EU) Nr. 650/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4.7.2012 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses (EuErbVO), in Kraft getreten am 18.8.2012, anzuwenden. Die Verordnung gilt seit dem 17.8.2015 und findet somit auf die Rechtsnachfolge von Personen Anwendung, die am 17.8.2015 oder danach verstorben sind.
Rz. 4
Darüber hinaus gibt es auch bilaterale Verträge. Dabei handelt es sich insbesondere um folgende Verträge:
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Vertrag mit der Russischen Föderation vom 18.9.1996 über die Leistung der Rechtshilfe in Zivil- und Strafsachen; |
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Vertrag mit Ungarn vom 6.3.1959 über den Rechtsverkehr in Zivil-, Familien- und Strafsachen; |
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Vertrag mit dem ehemaligen Jugoslawien von 6.2.1960 über den Rechtsverkehr in Zivil-, Familien- und Strafsachen; |
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Vertrag mit Bulgarien vom 4.12.1961 über die Rechtshilfe in Zivil-, Familien- und Strafsachen; |
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Vertrag mit Rumänien vom 15.5.1999 über die Leistung der Rechtshilfe in Zivilsachen; |
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Vertrag mit der Republik Österreich vom 11.12.1963 über die gegenseitigen Beziehungen im Bereich des Zivilrechts und bezüglich der Dokumente; |
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Vertrag mit der ehemaligen Tschechoslowakei vom 21.12.1987 über die Rechtshilfe in Zivil-, Familien-, Arbeitsrechts- und Strafsachen. |
Rz. 5
Bezüglich der Kollisionsnormen gelten zwischen der Republik Polen und Bundesrepublik Deutschland keine bilateralen Verträge. Von Bedeutung sind allerdings die Kollisionsnormen des Vertrages zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und der Volksrepublik Polen vom 1.2.1957.
Rz. 6
Für die Geltendmachung der aus der Erbfolge hervorgehenden Rechte sind die im Dritten Teil der Zivilprozessordnung vom 17.11.1964 enthaltenen Verfahrensvorschriften maßgeblich.
II. Bestimmung des Erbstatuts
Rz. 7
In vielen Rechtssystemen bestimmt sich in Nachlasssachen das Erbstatut nach dem Heimatrecht des Erblassers. Auch der polnische Gesetzgeber hat diese Konstruktion dem IPRG 1965 zugrunde gelegt. Gemäß Art. 34 IPRG 1965 fand in Nachlasssachen das Heimatrecht des Erblassers zur Zeit seines Todes Anwendung. Über die Gültigkeit eines Testaments und anderer von Todes wegen vorgenommener Rechtsgeschäfte entschied das Heimatrecht des Erblassers zur Zeit der Vornahme dieser Geschäfte. Es genügte jedoch die Beachtung der Form, die nach dem Recht des Staates vorgeschrieben ist, in dem das Rechtsgeschäft vorgenommen wird (Art. 35 IPRG 1965). Sah das Gesetz die Anwendung des Heimatrechts vor und ließ sich die Staatsangehörigkeit des Erblassers nicht feststellen oder hatte der Erblasser keine Staatsangehörigkeit, so fand das Recht des Staates Anwendung, in dem er zur Zeit seines Todes seinen Wohnsitz hatte (Art. 3 IPRG 1965). Gemäß Art. 7 IPRG 1965 fand auch das polnische Erbrecht Anwendung, wenn der Wohnsitz des Erblassers zur Z...