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Die Scheidung ist grds. unzulässig, wenn sie von demjenigen Ehegatten beantragt wird, der an der Zerrüttung allein[69] schuldig ist (Art. 56 § 2 FVGB). Der Begriff der Schuld entspricht dem zivilrechtlichen Verschulden, so dass Vorsatz oder Fahrlässigkeit erforderlich ist. Ein Verschulden liegt u.a. vor bei Ehebruch, Verschweigen von Tatsachen, die in die Ehe hineinwirken (z.B. Existenz eines nichtehelichen Kindes, nicht aber eine vor langer Zeit verbüßte Freiheitsstrafe), Misshandlungen oder groben Beleidigungen des anderen Ehegatten. Eine Verzeihung lässt das Verschulden nicht entfallen, kann aber ein Indiz gegen die Zerrüttung der Ehe sein. Trotz bestehender Alleinschuld kann die Ehe geschieden werden, wenn der andere Ehegatte in die Scheidung einwilligt (einverständliche Scheidung) oder die Verweigerung der Einwilligung im konkreten Fall den Grundsätzen des gesellschaftlichen Lebens zuwiderlaufen würde (Art. 56 § 3 FVGB). Die Verweigerung der Einwilligung ist unbeachtlich, wenn sie aus verwerflicher Gesinnung entspringt (z.B. Schikane, Rache, Hass) oder wenn sie aus objektiven Gründen zu missbilligen ist. Dies spielt eine Rolle bei kinderlosen Ehen oder solchen, in denen nur erwachsene, der elterlichen Unterstützung nicht bedürfende Kinder vorhanden sind.

[69] Dem anderen Ehegatten darf kein (auch kein geringes) Mitverschulden an der Zerrüttung vorzuwerfen sein.

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