Slawomir Lakomy, Jakub Müller-Judenau
1. Arten testamentarischer Verfügungen
Rz. 39
Über Vermögen kann von Todes wegen nur durch Testament verfügt werden (Art. 941 ZGB). Gemäß Art. 942 ZGB darf ein Testament die Verfügungen nur eines Erblassers enthalten. Gemeinschaftliche Testamente sind im polnischen Recht nicht vorgesehen. Ein Vertrag über den Nachlass einer noch lebenden Person ist unwirksam (Art. 1047 ZGB). Nach dem polnischen Recht ist als Erbvertrag nur der Erbverzicht oder der Verzicht auf das Recht zum Pflichtteil im Ganzen oder zum Teil möglich (Art. 1048 §§ 1 und 2 ZGB). Ein solcher Vertrag ist in Form einer notariellen Urkunde abzuschließen. Der Verzicht auf das Erbe zugunsten einer anderen Person wird im Zweifelsfall als Verzicht betrachtet, unter der Bedingung, dass diese Person erben wird (Art. 1048 § 3 ZGB).
Rz. 40
Gemäß Art. 944 § 1 ZGB kann nur ein voll Geschäftsfähiger ein Testament errichten und widerrufen. Ein Testament kann nicht durch einen Vertreter errichtet oder widerrufen werden (Art. 944 § 2 ZGB).
2. Testamentsformen
Rz. 41
Im polnischen Recht sind gewöhnliche Testamente (eigenhändiges Testament, notarielles Testament, allographes Testament) und besondere Testamente (Nottestament, Nottestament auf Reisen, Militärtestament) vorgesehen.
Rz. 42
Der Erblasser kann ein Testament in der Weise errichten, dass er es insgesamt handschriftlich niederlegt, unterschreibt und mit dem Datum versieht (eigenhändiges Testament), Art. 949 § 1 ZGB. Gemäß Art. 949 § 2 ZGB zieht das Fehlen des Datums die Unwirksamkeit eines handschriftlichen Testaments nicht nach sich, wenn hierdurch keine Zweifel hinsichtlich der Fähigkeit des Erblassers zur Testamentserrichtung, hinsichtlich des Testamentsinhalts oder hinsichtlich der gegenseitigen Verhältnisse mehrerer Testamente entstehen.
Rz. 43
Gemäß Art. 950 ZGB kann ein Testament in der Form einer notariellen Urkunde errichtet werden (notarielles Testament).
Rz. 44
Das allographe Testament ist in Art. 951 ZGB geregelt. Der Erblasser kann ein Testament auch in der Weise errichten, dass er in Gegenwart von zwei Zeugen seinen letzten Willen vor dem Leiter einer Gemeinde, dem Landrat, dem Woiwodschaftsvorsitzenden, dem Kreissekretär oder dem Leiter des Standesamtes mündlich erklärt (Art. 951 § 1 ZGB). Die Erklärung des Erblassers wird unter Angabe des Datums seiner Errichtung zu Protokoll genommen. Das Protokoll wird dem Erblasser in Gegenwart der Zeugen vorgelesen. Dann muss dieses Protokoll vom Erblasser, von der Person, der gegenüber die Erklärung abgegeben worden ist, und von den Zeugen unterschrieben werden. Wenn der Erblasser das Protokoll nicht unterschreiben kann, sollte ein Vermerk im Protokoll unter Angabe des Grundes für das Fehlen der Unterschrift aufgenommen werden (Art. 951 § 2 ZGB). Ein allographes Testament kann nicht von Tauben und Stummen errichtet werden (Art. 951 § 3 ZGB).
Rz. 45
Die praktische Bedeutung der besonderen Testamente ist nicht so groß wie die praktische Bedeutung der gewöhnlichen Testamente. Es ist darauf hinzuweisen, dass die besonderen Testamente sechs Monate nach dem Ende der Umstände, die die Nichtwahrung der Form eines gewöhnlichen Testaments begründet haben, kraftlos werden. Eine Ausnahme sieht Art. 955 ZGB vor, wenn der Erblasser vor dem Ablauf der vorgenannten Frist verstorben ist. Der Lauf der Frist ruht während der Zeit, innerhalb derer der Erblasser keine Möglichkeit hat, ein gewöhnliches Testament zu errichten.
Rz. 46
Wenn es um besondere Testamente geht, hat ein Nottestament die größte Bedeutung. Besteht die Gefahr eines baldigen Todes des Erblassers oder ist infolge besonderer Umstände die Wahrung der gewöhnlichen Testamentsform unmöglich oder sehr erschwert, so kann der Erblasser seinen letzten Willen bei gleichzeitiger Anwesenheit von mindestens drei Zeugen mündlich erklären. Diese Regel ist in Art. 952 § 1 ZGB vorgesehen. Gemäß Art. 952 § 2 ZGB kann der Inhalt eines mündlichen Testaments in der Weise festgestellt werden, dass einer der Zeugen oder ein Dritter die Erklärung des Erblassers vor Ablauf eines Jahres seit ihrer Abgabe unter Angabe des Ortes und des Datums der Erklärung sowie des Orts und des Datums der Errichtung des Schriftstücks schriftlich niederlegt und das Schriftstück vom Erblasser und von zwei oder allen Zeugen unterzeichnet wird. Ist der Inhalt eines mündlichen Testaments in der vorgenannten Weise nicht feststellbar, kann er innerhalb von sechs Monaten seit dem Erbfall durch übereinstimmende Aussagen der Zeugen vor Gericht festgestellt werden (Art. 952 § 2 ZGB). Das Gericht kann es bei den übereinstimmenden Aussagen von zwei Zeugen bewenden lassen, wenn die Vernehmung eines Zeugen nicht möglich ist oder sie auf schwer überwindbare Hindernisse stößt.
Rz. 47
Während einer Reise auf einem polnischen See- oder Luftfahrzeug kann ein Testament vor dem Kapitän oder seinem Stellvertreter errichtet werden, indem ihm der Erblasser in Gegenwart von zwei Zeugen seinen letzten Willen erklärt (Art. 953 ZGB).