Dipl.-Finanzwirt Bernhard Paus
Zusammenfassung
Als Policendarlehen bezeichnet man Darlehen der Versicherungsgesellschaft an den Versicherungsnehmer, bei denen die Police der Lebensversicherung, d. h., die Ansprüche des Versicherungsnehmers aus dem Vertrag zur Sicherung der Darlehensforderung eingesetzt werden. Steuerlich werden den Policendarlehen Kredite einer Bank (aber auch eines anderen, ggf. privaten Darlehensgebers) gleichgestellt, wenn zur Sicherung die Ansprüche aus der Lebensversicherung abgetreten werden.
Die steuerlichen Auswirkungen einer schädlichen Beleihung eines LV-Vertrags waren in § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG 2004 geregelt. Diese Bestimmungen sind in Altfällen weiterhin anzuwenden (§ 10 Abs. 1 Nr. 3a EStG, dritte Variante bzw. drittes und viertes Semikolon).
1 Überblick
Das Alterseinkünftegesetz (AltEinkG) hatte die steuerlichen Vergünstigungen für die meisten Lebensversicherungen gestrichen: Bei Vertragsabschluss oder Zahlung des ersten Beitrags nach dem 31.12.2004 kommt ein Abzug der Beiträge bei den Sonderausgaben nur noch in Betracht, wenn es sich entweder um eine reine Risikoversicherung oder um eine Rentenversicherung ohne Kapitalwahlrecht handelt, die zudem zusätzliche Voraussetzungen erfüllen muss (sog. Rürup-Rente).
Die Steuerfreiheit der Erträge entfällt, wenn der Vertrag nach dem 31.12.2004 abgeschlossen worden ist. Für früher abgeschlossene Verträge bleibt es bei den bisherigen Vergünstigungen, insbesondere bei der Steuerbefreiung der Erträge. Die bisherigen Regelungen behalten deshalb bei lang laufenden "Altverträgen" noch für einige Jahre ihre Bedeutung.
Dem Grundsatz nach hat jede Abtretung von Ansprüchen aus entsprechenden "alten" Versicherungsverträgen denkbar ungünstige Auswirkungen: Die steuerlichen Vergünstigungen, nämlich der Sonderausgabenabzug im Rahmen der ab 2005 geänderten Höchstbetragsberechnung und die Steuerfreiheit der Erträge, gehen für den gesamten Versicherungsvertrag und für die gesamte Vertragslaufzeit verloren, meist sogar rückwirkend.
Soweit in zurück liegenden Jahren die Beiträge als Sonderausgaben abgezogen worden waren (und sich im Rahmen der Höchstbetragsberechnung ausgewirkt hatten), wird dem Grundsatz nach eine Nachversteuerung verlangt (Vorsorgeaufwendungen).
Abweichend von dem genannten Grundsatz bleibt die Beleihung der Versicherungsansprüche jedoch unter bestimmten Voraussetzungen unschädlich, insbesondere, wenn
- die Ansprüche allein für den Todesfall abgetreten werden,
- die Zinsen für das besicherte Darlehen nicht zu den Betriebsausgaben oder Werbungskosten gehören, wenn also mit dem Darlehen rein privat genutzte Wirtschaftsgüter finanziert werden, oder
- das besicherte Darlehen unmittelbar und ausschließlich der Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten betrieblicher Sachanlagen und vermieteter Grundstücke dient.
Nur zeitweise schädliche Abtretung möglich
Ist eine schädliche Beleihung auf einen Zeitraum von höchstens 36 Monaten beschränkt und das besicherte Darlehen ausschließlich betrieblich verwendet worden, treten die nachteiligen steuerlichen Folgen nicht für die gesamte Vertragslaufzeit ein, sondern nur für die (maximal 4) Kalenderjahre, in deren Lauf zumindest zeitweise eine schädliche Abtretung vorlag.
Damit die Fälle der schädlichen Beleihung von den Finanzämtern möglichst vollständig erfasst werden, trifft sowohl das Versicherungsunternehmen als auch den Darlehensgeber eine Anzeigepflicht. Die Finanzämter haben durch gesonderten Feststellungsbescheid rechtsverbindlich festzustellen, ob eine Beleihung als steuerlich schädlich oder als unschädlich zu behandeln ist.
2 Schädliche bzw. unschädliche Beleihungen
2.1 Abtretung für den Erlebensfall
Die schädliche Verfügung über den Vertrag liegt regelmäßig in einer Beleihung während der Vertragslaufzeit. Hat der Steuerpflichtige die Ansprüche nicht im Voraus abgetreten, steht es ihm bei Eintritt des Erlebensfalls (regelmäßig Ablauf der Vertragslaufzeit) frei, beliebig über die Ablaufleistung der Versicherung zu verfügen. Er kann die Ablaufleistung der Versicherung also auch für solche Zwecke verwenden, die das Gesetz im Rahmen der Abtretung als schädlich ansieht, z. B. zur Finanzierung betrieblichen Umlaufvermögens oder laufender Betriebsausgaben.
Nach dem Wortlaut des Gesetzes ist es nur schädlich, wenn die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag "im Erlebensfall" der Sicherung eines Darlehens dienen. Daraus ist zu schließen, dass eine Abtretung der Ansprüche nur für den Todesfall unschädlich bleibt, also nicht zum Verlust der steuerlichen Vergünstigungen führt.
Form der Sicherung
Häufig genügt dem Kreditgeber bei einer sonst schädlichen Verwendung der Kreditmittel, z. B. für betriebliches Umlaufvermögen, diese Form der Sicherung, auch wenn sie nicht so weitgehend ist wie bei einer auch den Erlebensfall umfassenden Abtretung der Versicherungsansprüche.
Als schädlich sieht es die Verwaltung an, wenn dem Kreditgeber ein unwiderrufliches Bezugsrecht für den Todesfall eingeräumt wird...