Rz. 24
Der portugiesische Código Civil geht – wie auch andere romanische Rechte – vom Grundsatz der Vertragsfreiheit im Ehegüterrecht aus. So finden sich im Kapitel über die "Wirkungen der Ehe in Bezug auf das Vermögen der Ehegatten" zum Güterrecht zunächst die Regelungen über die (vorehelichen) "Eheverträge" (Convenções antenupciais – Art. 1698–1716 CC), anschließend die zum gesetzlichen Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft (Comunhão de adquiridos – Art. 1717 ff. CC) sowie der weiteren Wahlgüterstände. Die Verlobten können – dem Grundsatz der Privatautonomie auch im Ehegüterrecht folgend – in einem Ehevertrag den Güterstand frei bestimmen. Nach Art. 1698 CC steht es ihnen frei, einen der im Gesetz vorgesehenen Güterstände zu wählen oder auch einen von diesen innerhalb der gesetzlichen Grenzen frei nach ihren Bedürfnissen zu modifizieren. Das Gesetz ermöglicht damit eine weitgehend individuelle Gestaltung des Ehegüterrechts; ein Typenzwang besteht nicht. Zu den zu beachtenden gesetzlichen Grenzen zählen nach Art. 1699 CC u.a. die gesetzliche Erbfolge, die ehelichen bzw. elterlichen Rechte und Pflichten sowie die Vermögensverwaltung und Haftung. In gewissen Grenzen können auch Verfügungen von Todes wegen in den Ehevertrag aufgenommen werden (Art. 1700–1706 CC); dies überrascht insofern, als nach portugiesischem Erbrecht der Abschluss eines Erbvertrages nicht zulässig ist. Grundsätzlich ist der mittels Ehevertrag vereinbarte – wie auch der gesetzliche – Güterstand unwandelbar (Art. 1714 CC). Doch sind Befristungen und Bedingungen zulässig (Art. 1713 CC). So kann etwa vereinbart werden, dass Gütertrennung gelten, diese aber, sobald ein gemeinsames Kind geboren wird, in Gütergemeinschaft übergehen soll. Um Gültigkeit zu erlangen, muss der Ehevertrag in notarieller Urkunde oder durch standesamtliche Eintragung geschlossen werden (Art. 1719 CC); eine gerichtliche Genehmigung wird nicht vorausgesetzt.
Rz. 25
Mangels wirksamer vertraglicher Güterstandsvereinbarung gilt die Ehe als im Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft (Regime da Comunhão de adquiridos) geschlossen (Art. 1717 CC). Insofern versteht sich die Normüberschrift als ergänzender (gesetzlicher) Güterstand: Regime de bens supletivo. Zulässige (Wahl-)Güterstände sind die allgemeine Gütergemeinschaft (Comunhão geral, Art. 1732–1734 CC) und die Gütertrennung (Regime de Separação, Art. 1735–1736 CC). In zwei Fällen allerdings kommt die Gütertrennung als zwingender Güterstand zur Anwendung (Art. 1720 CC): Zum einen falls die Ehe ohne vorheriges Aufgebotsverfahren geschlossen wurde (Noteheschließung; siehe Rdn 15), zum anderen falls einer der Ehegatten bei der Eheschließung bereits sein 60. Lebensjahr vollendet hat. Bis 1977 war zudem der Güterstand des Dotalrechts vorgesehen; die diesbezüglichen Art. 1738–1752 CC wurden im Zuge der Reform des Código Civil auf der Grundlage der neuen Verfassung als gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßend aufgehoben. Eine Einschränkung der freien Vereinbarung bzw. Abänderung eines Güterstandes enthält Art. 1699 Abs. 2 CC, wenn ein Ehegatte bei Eingehung der Ehe bereits Kinder – auch volljährige – hat: Dann kann der Güterstand der allgemeinen Gütergemeinschaft nicht und auch nicht die Gemeinschaftlichkeit des eigenen Vermögens (Art. 1722 CC) vereinbart werden. Die Vorschrift dient ersichtlich der Wahrung der wirtschaftlichen Interessen der Kinder.
Rz. 26
Um Wirkung auch gegenüber Dritten zu entfalten, ist der Vertrag ins Eheregister einzutragen. Die von Dritten bereits erworbenen Rechte bleiben insofern gewahrt, als den im Vertrag enthaltenen Änderungen ihnen gegenüber keine Rückwirkung zukommt (Art. 1711, 1713 Abs. 2 CC, Art. 190 f. CRC).
Rz. 27
Unabhängig vom Güterstand haben beide Ehegatten die Pflicht, ein jeder mit seinem Vermögen Unterhalt zu leisten sowie – gegebenenfalls auch durch persönliches Tätigwerden im Haushalt – zum Bestreiten des familiären Lebens beizusteuern (Art. 1675 Abs. 1, 1676 Abs. 1 CC – quasi eine "Erwerbsobliegenheit"). Bei Verstoß gegen diese Pflicht kann das Gericht auf Antrag des anderen Ehegatten einen Teil der Einkünfte festsetzen, der vom Schuldner unmittelbar zu übergeben ist (Art. 1676 Abs. 3 CC).