Rz. 123
Die wesentliche Neuerung der Reform des Adoptionsrechts 2015 besteht in der ersatzlosen Streichung der "eingeschränkte Adoption" (der auch sogenannten schwachen oder hinkenden Adoption). Somit kennt das portugiesische Recht nun allein (noch) die Volladoption. Begrifflich wird diese – mangels erforderlicher Abgrenzung – daher nurmehr als "Adoption" bezeichnet; es gibt schlicht nur diese eine Form der Adoption.
Rz. 124
Was die Voraussetzungen, unter denen eine Adoption möglich ist, angeht, gilt im Grunde weiterhin das, was bereits nach altem Recht für die Volladoption vorgesehen war (Art. 1979 ff. CC): Die (Voll-)Adoption von Minderjährigen, bei der das Eltern-Kind-Verhältnis neu geregelt wird, vollzieht sich – im Anschluss an die gemeinsamen allgemeinen Regelungen – nach den besonderen Bestimmungen der Art. 1979 –1991 CC. Adoptieren können danach grundsätzlich Eheleute, die länger als vier Jahre verheiratet und beide älter als 25 Jahre alt sind (Art. 1979 Abs. 1 CC). Möglich und zulässig ist damit auch die Adoption durch homosexuelle Ehepaare, da diese Norm nur von "zwei Personen, die länger als vier Jahren verheiratet sind", spricht – nicht (mehr) von zwei Personen verschiedenen Geschlechts. Auch eine Adoption durch Einzelpersonen ist möglich; hier muss der Adoptierende mindestens 30 Jahre alt oder, wenn es um die Adoption des Kindes seines Ehegatten, also ein Stiefkind geht, mindestens 25 Jahre alt sein. Als Höchstalter gilt die Grenze von 60 Jahren in dem Zeitpunkt, in dem das Kind dem Adoptierenden anvertraut wurde; zudem darf der Altersunterschied zum Adoptierenden nicht mehr als 50 Jahre betragen, wenn der Adoptierende bereits älter als 50 Jahre ist; Ausnahmen hiervon aus wichtigem Grund sind zulässig. Die Höchstaltersgrenzen finden indes keine Anwendung, wenn der zu Adoptierende das Stiefkind des Adoptierenden ist (Art. 1979 Abs. 2–5 CC). Hinsichtlich des zu Adoptierenden gilt grundsätzlich das Höchstalter von 15 Jahren; doch kann auch der bis zu 18 Jahre alte ledige (d.h. noch nicht emanzipierte) Jugendliche adoptiert werden, wenn er bereits vor dem 15. Lebensjahr in der Obhut des oder der Adoptierenden lebte oder ein Kind des Ehegatten des Adoptierenden ist (Art. 1980 CC).
Rz. 125
Ein Haupterfordernis besteht weiterhin in der Zustimmung zur Adoption (Art. 1981–1983 CC), und zwar folgender Personen: des nicht getrennt lebenden Ehegatten des Adoptierenden, der Eltern des zu Adoptierenden oder bei deren Vorversterben der Verwandten oder des Vormunds, die ihn betreut haben bzw. mit denen er zusammengelebt hat sowie des zu Adoptierenden selbst, wenn er älter als 12 Jahre ist (Art. 1981 Abs. 1 CC). In genau beschriebenen Einzelfällen ist die Zustimmung der Eltern nicht erforderlich bzw. kann das Gericht von dem Einwilligungserfordernis befreien (Art. 1981 Abs. 2 und 3 CC). Hinsichtlich der Form und Frist der Zustimmung sei lediglich erwähnt, dass die Mutter ihre Zustimmung nicht vor Ablauf von sechs Wochen nach der Geburt erteilen kann (Art. 1982 Abs. 3 CC). Bei fehlerhafter Zustimmung wie auch bei unrichtiger gerichtlicher Befreiung kann das die Adoption aussprechende Urteil aufgehoben werden.
Rz. 126
Weitgehend fortgeschrieben wurden auch die alten Reglungen über die Wirkungen der Volladoption, nunmehr also für die Adoption (Art. 1986 Abs. 1 CC). Die wesentliche Wirkung der Adoption besteht in der Begründung eines neuen Kind-Eltern-Verhältnisses zum Adoptierenden: Der Adoptierte hat nun die Stellung eines Kindes der Adoptierenden. Das alte Kindschaftsverhältnis zwischen dem Adoptierten und seinen natürlichen Eltern erlischt. Nur bei Adoption des Kindes des Ehegatten bleiben die Beziehungen zwischen dem Adoptierten und dem Ehegatten des Adoptierenden samt dessen Verwandten bestehen (Art. 1986 Abs. 2 CC). Eine Neuerung findet sich in Art. 1986 Abs. 3 CC, wonach ausnahmsweise ein persönlicher Kontakt zwischen dem Adoptierten und seinen biologischen Verwandten gestattet bzw. angeordnet werden kann, wenn dieser Kontakt dem übergeordneten Interesse des Adoptierten dient; vom Gesetz ausdrücklich genannt wird hier der Kontakt zwischen biologischen Geschwistern. Voraussetzung ist dabei stets die Zustimmung der Adoptiveltern zu diesen Kontakten. Damit wirkt die Adoption gegenüber jedermann. Nach außen wird dies deutlich gemacht, indem der Adoptierte seinen ursprünglichen Namen verliert und sein neuer Name nach den allgemeinen Regeln gebildet wird (Art. 1988 CC).
Rz. 127
Mit dem Gesetz 143/2015 wurde eine weitere Neuerung eingefügt, nämlich das Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung in Art. 1990-A CC. Ergänzt wird dieses Recht durch eine Regelung in dem "Rechtsregime des Adoptionsverfahrens" (Art. 6 Abs. 1 RJPA): Danach sind die Behörden der Sozialversicherung verpflichtet, einem über 16-Jährigen auf Antrag Auskunft über seine Abstammung zu geben wie auch ihm Hilfe und technische Unterstützung bei deren weiterer Ermittlung zu gewähren. Ergänzend sei an dieser Stelle nochmals hervorgehobe...