Rz. 70
Das portugiesische Recht verbietet ausdrücklich das gemeinschaftliche Testament: Nach Art. 2181 CC dürfen zwei oder mehr Personen nicht in einer Urkunde testieren – unabhängig, ob zu wechselseitigem Vorteil oder zugunsten eines Dritten.
Rz. 71
Das Verbot gilt für alle Portugiesen im portugiesischen Inland (einschließlich der Inselgruppe Madeira sowie den Azoren) und für all jene Personen, die nach der EuErbVO ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Portugal haben, d.h. auch für die dauerhaft in Portugal lebenden deutschen Ehegatten.
Rz. 72
Portugiesen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben und für die bei Errichtung des gemeinschaftlichen Testaments deutsches Erbrecht Anwendung fände, würden sie zum Zeitpunkt der Errichtung versterben, können mittlerweile wirksam gemeinschaftlich verfügen.
Rz. 73
Wird im Rahmen eines Berliner Testaments verfügt und kehren die Eheleute zu einem späteren Zeitpunkt nach Portugal zurück, begründen dort ihren gewöhnlichen Aufenthalt und einer der Ehegatten verstirbt, wird der Notar die Gültigkeit der erbrechtlichen Verfügung bei portugiesischen Ehegatten anzweifeln, weil die in Portugal erforderliche Form nicht eingehalten wurde. Es ist daher portugiesischen Ehegatten immer zu raten, im Rahmen der gemeinschaftlichen Verfügung zumindest die notarielle Form einzuhalten, damit es zu einem späteren Zeitpunkt weder Zweifel an der Echtheit des Dokuments noch an der Wahl des deutschen Rechts gibt.
Rz. 74
In der Praxis sind aktuell häufig Fälle von Berliner Testamenten deutscher Ehegatten Gegenstand der Prüfung. Es handelt sich um Berliner Testamente, die vor Inkrafttreten der EuErbVO errichtet wurden und in denen zu diesem Zeitpunkt keine ausdrückliche Rechtswahl getroffen werden konnte, bei denen der Erblasser jedoch mit gewöhnlichem Aufenthalt in Portugal verstirbt. In diesen Fällen versuchen die befassten Kollegen die Eröffnung des Testaments nach Deutschland zu ziehen, um dem portugiesischen Notar nicht das deutsche Erbrecht und auch nicht die Verfügung in Form eines Berliner Testaments erläutern zu müssen. Die deutschen Gerichte eröffnen die Testamente und versehen diese mit dem Vermerk, dass der Erblasser seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Portugal hatte. Das eröffnete Testament wird dann in Portugal umgesetzt.
Rz. 75
Aktuell kommt es zu den ersten Fällen von Berliner Testamenten, die von Deutschen, die endgültig nach Portugal verzogen sind und in Portugal Ihren gewöhnlichen Aufenthalt begründet haben, nach dem Inkrafttreten der EuErbVO errichtet wurden. Die Verfügenden sind sich überhaupt nicht bewusst, dass mit dem Umzug ein anderes Erbrecht Anwendung findet. Aufgrund des fehlenden Problembewusstseins wird keine Rechtsrat gesucht. Die Informationen werden üblicherweise im Internet "gegoogelt" und es herrscht der Glaube, dass wegen der deutschen Nationalität deutsches Recht auf den Erbfall Anwendung findet. Eine ausdrückliche Rechtswahl wird im Rahmen der Verfügung nicht getroffen. Es bleibt in der Praxis abzuwarten, ob durch die Eröffnung des Testaments in Deutschland unter Anwendung von Art. 22 Abs. 2 S. 2 EuErbVO die Wirksamkeit der Verfügung erreicht werden kann. In Portugal ist die Verfügung gleich aus zwei Gründen unwirksam: Zum einen, weil es sich um ein gemeinschaftliches Testament handelt (vgl. Rdn 70 ff.) und zum anderen, weil die erforderliche Form nicht eingehalten wurde (vgl. Rdn 59).
Rz. 76
Da in diesen Fällen auch eine Gerichtsstandsvereinbarung gem. Art. 5 EuErbVO nicht getroffen wurde, sind für die gem. Art. 4 EuErbVO für die Entscheidungen in Erbsachen die Gerichte des Mitgliestaates zuständig, in dessen Gebiet der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Es bleibt auch hier abzuwarten, ob in Portugal die Standesämter, an die die Kompetenz zur Ausstellung des Nachlasszeugnisses deligiert wurde, in diesen Fällen Art. 6 EuErbVO zur Anwendung bringen und sich für unzuständig erklären.
Rz. 77
Kommt es in diesen Fällen zur Anwendung des portugiesischen Rechts, weil die Wirksamkeit des Testements nicht erreicht werden kann, dann ist das Ergebnis vollständig anders als der Verfügende erwartet hat. Zumeist ist es für Änderungen zu spät, da die Testamentseröffnung erst dann stattfindet, wenn einer der Ehegatten verstorben ist.
Rz. 78
Es ist deutschen Ehegatten, die in Portugal ihren gewöhnlichen Aufenthalt begründet haben und für die portugiesisches Erbrecht zur Anwendung kommt, dringend zu raten, das gemeinschaftliche Testament notariell beurkunden zu lassen und eine ausdrückliche Rechtswahl zu treffen. Mit der Begründung des gewöhnlichen Aufenthalts in Portugal findet portugiesisches Erbrecht Anwendung und das Verbot der gemeinschaftlichen Verfügung greift.
Rz. 79
Die Beurteilung nach der EuErbVO richtet sich nach Art. 25 EuErbVO, d.h., eine solche Verfügung ist immer dann unwirksam, wenn portugiesisches Erbrecht zur Anwendung kommt.
Rz. 80
In der Praxis lässt sich Rechtssicherheit nicht herstellen, da im Rechtsverständnis der po...