a) Allgemeines
Rz. 92
Im Anschluss an die Regelungen über die Ersatzerbschaft (substitução directa) finden sich im portugiesischen Código Civil Bestimmungen über die substituição fideicomissária (oder fideicomisso; Art. 2286–2296 CC). Die fideikommissarische Substitution, quasi die treuhänderische Ersatzerbschaft, entspricht ihrem Wesen nach der diesbezüglichen Regelung des deutschen Rechts. Dies wird auch nach der Begriffsbestimmung in Art. 2286 CC deutlich: Der "belastete" Erbe wird als fiduciário bezeichnet, als fideicomissário indes der Begünstigte der Substitution (beneficiário da substituição). So wird der portugiesische Terminus konsequenterweise mit "Vorerbschaft/Nacherbschaft" übersetzt. Der Vorerbe ist also gewissermaßen der zeitliche Ersatzmann für den, der nach dem Willen des Erblassers durch Eintritt des Nacherbfalls die Position des (Nach-) Erben erhalten soll.
Rz. 93
Obwohl das portugiesische Recht damit das Rechtsinstitut der Vor- und Nacherbschaft grundsätzlich zulässt, ist in Art. 2288 CC eine maßgebliche Einschränkung vorgesehen: Danach ist die Einsetzung eines Nacherben unwirksam, wenn sie über mehr als eine Generation erfolgt. Die Einsetzung eines Nacherben (oder Nachvermächtnisnehmers) ist mithin nur einmalig möglich. Der Vater kann also seinen Sohn als Vor- und seinen Enkel als Nacherben einsetzen, nicht aber einen möglichen Urenkel als Nachnacherben. Mittels der substitução fideicomissária kann auch eine entsprechende Eintragung ins portugiesische Grundbuch veranlasst werden.
Rz. 94
Daneben nennt der Código Civil in Art. 2295 Fälle außergewöhnlicher Vor- und Nacherbschaft (fideicomissos irregulares): Das gilt zunächst für Verfügungen, mit denen der Erblasser dem Erben untersagt, über Nachlassgegenstände zu verfügen – sei es durch Rechtsgeschäft inter vivos, sei es mittels letztwilliger Verfügung (Art. 2295 Abs. 1 lit. a CC); des Weiteren für letztwillige Verfügungen, mit denen der Erblasser eine Person bestimmt, der die Erbschaft beim Tod des Erben verbleiben soll (Art. 2295 Abs. 1 lit. b CC), sowie für solche, mit denen der Erblasser bestimmt, dass die einer juristischen Person hinterlassenen Vermögensgegenstände einer bestimmten Person zufallen sollen, falls die juristische Person aufgelöst wird (Art. 2295 Abs. 1 lit. c CC).
b) Die Stellung des Vorerben
Rz. 95
Das Grundbild des Vorerben portugiesischen Rechts ist geprägt von dessen treuhänderischer Aufgabe, "den Nachlass" zu erhalten (conservar a herança, Art. 2286 CC), damit dieser bei seinem Tod dem Begünstigten (Nacherben) zufällt. Die Verwaltung des Nachlasses obliegt dem Vorerben entsprechend den für den Nießbrauch geltenden Regeln, soweit diese nicht dem Wesen der Vor-/Nacherbschaft entgegenstehen (Art. 2290 CC). Verkäufe oder Belastungen von der Vor-/Nacherbschaft unterliegenden Vermögensgegenstände darf er nur mit gerichtlicher Genehmigung vornehmen (Art. 2291 CC). Dementsprechend ist es auch den persönlichen Gläubigern des Vorerben untersagt, sich aus den zur "treuhänderischen Ersatzerbschaft" gehörenden Vermögensgegenständen zu befriedigen; dieses Recht steht ihnen lediglich hinsichtlich der Früchte zu (Art. 2292 CC). Damit findet dieses Rechtsinstitut seine Entsprechung in der deutschen Vor- und Nacherbschaft.
c) Die Stellung des Nacherben
Rz. 96
Nach Art. 2293 Abs. 1 CC fällt der Nachlass dem Nacherben (fideicomissário) mit dem Tode des Vorerben (fiduciário) zu. Demgemäß kann der Nacherbe die Erbschaft weder vorher annehmen oder ausschlagen noch über die entsprechenden Vermögensgegenstände verfügen – selbst per entgeltlicher Verfügung nicht (Art. 2294 CC). Wenn der Nacherbe die Erbschaft nicht annehmen kann oder will, bleibt die Bestimmung über die fideikommissarische Ersatzerbschaft ohne Wirkung; die Rechtsträgerschaft an den Nachlassgütern gilt als vom Zeitpunkt des Todes des Erblassers als endgültig dem Vorerben zugefallen (Art. 2293 Abs. 2 CC). Im umgekehrten Fall, wenn der Vorerbe die Erbschaft nicht annehmen kann oder will, wird die Vor- und Nacherbschaft in eine direkte Ersatzerbschaft (substitução directa, Art. 2281 ff. CC) umgedeutet, sofern nicht das Testament Gegenteiliges vorsieht (Art. 2293 Abs. 3 CC).