Rz. 199
Auf Antrag eines Berechtigten oder der Staatsanwaltschaft im Sinne des Vertreters des öffentlichen Interesses kann die Beendigung der Erbengemeinschaft zum Zwecke der Erbteilung oder zur Nachlassliquidation herbeigeführt werden (Art. 4, 5). Die Eröffnung des Inventarverfahrens wird zunächst allen Berechtigten im Wege der Zustellung des Eröffnungsbeschlusses bekannt gegeben (Art. 28). Die Berechtigten, die keine Nachricht von der Verfahrenseröffnung erhalten haben, können sich jederzeit zu einem späteren Zeitpunkt dem Verfahren anschließen.
Rz. 200
Der Antragsteller hat den Antrag auf Auflösung der Erbengemeinschaft zu stellen. Dem Antragsschriftsatz ist eine Sterbeurkunde beizufügen.
Rz. 201
Des Weiteren ist der Erbwalter (Cabeça-de-casal) zu benennen (Art. 22). Der Erbwalter ist verantwortlich für die Beibringung der notwendigen Unterlagen zur Inventarisierung des Erbes (Art. 24). Dem Erbwalter obliegt im weiteren Verfahrensverlauf die Pflicht, den Erblasser, dessen letzten Wohnort und Tag und Ort des Versterbens anzugeben. Zudem hat er die Aufgabe, die berechtigten Erben, Vermächtnisnehmer, Erbschaftsgläubiger und Beschenkte zu benennen und dem Notar deren aktuelle Wohnanschrift und Arbeitsplatz mitzuteilen. Der Erbwalter hat sodann Nachweis über die Berechtigung der einzelnen Personen zu erbringen, indem er Eheverträge, Testamente, Schenkungsurkunden und Ähnliches beibringt. Seine Erklärung wird im Rahmen einer Zeugenaussage in der Form der eidesstattlichen Versicherung aufgenommen.
Rz. 202
Im Anschluss daran wird eine Aufstellung der Aktiva und Passiva vorgenommen und die entsprechenden Positionen werden bewertet. Die Bewertung obliegt dem Erbwalter. Die Berechtigten werden zur Stellungnahme aufgefordert und haben Gelegenheit, dem Vortrag des Erbwalters zu widersprechen (Art. 30); auch gegen die Inventarisierung des Erbes besteht die Möglichkeit des Einspruchs (Art. 32).
Rz. 203
Das Verfahren kann vom Notar immer dann ausgesetzt werden, wenn schwierige Rechts- oder Sachfragen aufzuklären sind, die zunächst gerichtlich entschieden werden müssen. Es erfolgt in diesem Fall eine Abgabe der Teilfrage an das zuständige Gericht. Eine Aussetzung des Verfahrens ist auch möglich, wenn ein entscheidungserheblicher Vorprozess abzuwarten ist.
Rz. 204
Das Verfahren ist kostenintensiv, da ein Notarkostenvorschuss, der sich nach der Gerichtskostentabelle berechnet, zu entrichten ist. Anders als die Gerichtskosten, die im Eingangsverfahren auf einen maximalen Vorschuss in Höhe von 1.632 EUR beschränkt sind, richtet sich der Notarkostenvorschuss nach dem vollen Gegenstandswert, ohne diese Beschränkung. Zwar kann für das Verfahren Prozesskostenhilfe beantragt werden, diese wird jedoch grundsätzlich dann, wenn eine Immobilie zum Nachlass gehört, nicht gewährt.
Rz. 205
Sobald das Verfahren der Aufstellung des Inventars und dessen Bewertung abgeschlossen ist, beruft der Notar eine Versammlung der Berechtigten ein, zu der alle Berechtigten geladen werden und in der zunächst auf eine einvernehmliche Entscheidung über die Bewertung der Erbgüter sowie die Benennung der Erbgüter, die im Wege der Auslosung zwischen den Berechtigten aufgeteilt werden sollen (Art. 48), gedrungen wird. Die Versammlung der Berechtigten kann außerdem den Verkauf des gesamten Erbes und die Aufteilung des Erlöses zwischen den Berechtigten beschließen. Zu entscheiden ist schließlich über die Tilgung der Schulden (Art. 48). Kommt es zu keiner Einigung, wird das streitige Verfahren eröffnet. Im Rahmen des streitigen Verfahrens werden die einzelnen Aktiv- und Passivposten bewertet und gegebenenfalls durch einen Gutachter festgestellt.