Rz. 35
In der Errungenschaftsgemeinschaft wird genau genommen zwischen drei Vermögensmassen unterschieden: das eigene Vermögen des einen und das des anderen Ehegatten sowie deren gemeinsames Vermögen (Gesamtgut), das beiden Ehegatten – zur gesamten Hand – zusteht (d.h. das Errungenschaftsgut).
Rz. 36
In der Gesetzessystematik wird zunächst das Eigengut definiert, das "eigene Vermögen" (Bens propios). Nach Art. 1722 ff. CC gehören dazu:
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das von den Ehegatten in die Ehe als jeweils ihm gehörig eingebrachte Vermögen ("voreheliches Vermögen"); |
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dasjenige, was nach der Eheschließung durch Erbfolge oder Schenkung hinzukommt, sowie das hieraus während des Bestehens der Ehe erworbene Vermögen; |
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das vor der Eheschließung unter Eigentumsvorbehalt gekaufte Vermögen; |
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das aufgrund eines Vorzugsrechts, welches bereits vor der Eheschließung begründet war, erworbene Vermögen; |
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Substitute von (eigenen) Vermögensgegenständen (das "an die Stelle von eigenem Vermögen getretene Vermögen", Art. 1723 CC); |
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Zinsen, Renditen, Früchte und Zubehör (Art. 1728 CC). |
Rz. 37
Demgegenüber fällt in die Gemeinschaft folgendes Vermögen, das sog. Gesamtgut oder Gemeinschaftsvermögen (Art. 1724 CC):
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der Lohn der Arbeit der Ehegatten; |
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das von den Ehegatten während des Bestehens der Ehe erworbene Vermögen, sofern es nicht vom Gesetz ausgenommen ist, also in das Eigenvermögen fällt; |
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die nur von einem Ehegatten zur Ausübung seines Berufs benötigten Gegenstände; |
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das durch Erbschaft oder Schenkung während der Ehe zugefallene Vermögen, wenn der Verfügende dies ausdrücklich so bestimmt hat (Art. 1729 CC); sowie |
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Substitute von Vermögensgegenständen, sofern die Eheleute bei Erwerb des Substituts nicht in der Erwerbsurkunde oder in einer vergleichbaren Urkunde dokumentieren, dass die Herkunft der Mittel aus dem eigenen Vermögens herrührt, der Gegenstand also Positionen aus dem Eigengut ersetzt (Art. 1723 lit. c CC). |
Nach der gesetzlichen Vermutung in Art. 1725 CC gelten einzelne bewegliche Gegenstände im Zweifel als zum Gemeinschaftsgut gehörig.
Rz. 38
Bei Erwerb von Gegenständen teils mit eigenen, teils mit gemeinsamen Mitteln entscheidet der wertvollere Teil an der Gesamtleistung über die Zugehörigkeit zum Eigengut oder zum Gemeinschaftsgut (Art. 1726 Abs. 1 CC). Zudem bleibt der von einer Vermögensmasse (Eigengut) an die andere (Gemeinschaftsgut) – oder umgekehrt – geschuldete Ausgleich auch bei Auflösung und Teilung der Gemeinschaft erhalten (Art. 1726 Abs. 2 CC). Ausgehend vom Grundsatz der Abänderbarkeit der gesetzlich vorgesehenen Güterstände können die Eheleute in einem (vorehelichen) Vertrag auch bereits bestimmen, welche Vermögensgegenstände in das Eigengut und welche in das Gemeinschaftsgut fallen sollen (vgl. Art. 1698 f. CC). Dann allerdings handelt es sich im Grunde bereits um einen Wahlgüterstand, nicht mehr um die Errungenschaftsgemeinschaft in der gesetzlich vorgesehenen Form. Das Gesetz stellt aber mit der "Hälfte-Regel" des Art. 1730 CC eindeutig klar, dass beide Ehegatten am Vermögen und an den Verbindlichkeiten der Gemeinschaft je zur Hälfte beteiligt sind; anderslautende Vereinbarungen hierzu sind nichtig.