I. Gemeinsame Aspekte
Rz. 76
Der Wegfall des Verschuldensprinzips im portugiesischen Scheidungsrecht hat zugleich Auswirkungen, d.h. entsprechende Änderungen, für die Scheidungsfolgen. Die gesetzliche Regelung über die "Wirkungen der Scheidung" findet sich in den Art. 1788–1793 CC. Grundsätzlich treten die Rechtsfolgen der Scheidung mit Eintritt der Rechtskraft des Scheidungsurteils ein. Die vermögensrechtlichen Folgen jedoch wirken auf den Zeitpunkt der Klageerhebung zurück (Art. 1789 Abs. 1 CC). Für die einvernehmliche Scheidung bedeutet dies entsprechend den Zeitpunkt des Antragseingangs beim Zivilregister (Standesamt). Darüber hinaus reicht die Rückwirkung gar auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Trennung zurück – wenn ein Ehegatte die entsprechende Feststellung beantragt, der maßgebliche Trennungszeitpunkt gerichtlich benannt wurde und der andere Ehegatte für allein- oder hauptschuldig erklärt ist (Art. 1789 Abs. 2 CC). Vermögensrechtliche Wirkung gegenüber Dritten erlangt die Scheidung indes erst mit Eintragung des Scheidungsurteils in das Zivilregister (Art. 1789 Abs. 3 CC).
II. Vermögensteilung
Rz. 77
Grundsätzlich bestimmt sich die Vermögensteilung nach Rechtskraft der Scheidung nach dem früheren vereinbarten gesetzlichen oder zwingenden Güterstand. Doch spiegelt sich in der einschlägigen Bestimmung über die "Teilung" (Partilha, Art. 1790 CC) das Verschuldensprinzip des (alten) portugiesischen Scheidungsrechts wider. Danach erhält der für haupt- oder alleinschuldig Erklärte bei der Teilung allenfalls so viel, wie er bei Geltung des Güterstands der Errungenschaftsgemeinschaft erhalten würde. Das bedeutet: Bringt etwa die Ehefrau eine Ferienwohnung an der Algarve mit in die Ehe ein, so wird dieses Appartement bei der Wahl des Güterstands der Gütergemeinschaft zum Gesamtgut. Es fällt mithin grundsätzlich in die spätere Vermögensauseinandersetzung bei Auflösung des Güterstands infolge Scheidung, so insbesondere bei einvernehmlicher Scheidung. Erklärt das Gericht bei Scheidung ohne Zustimmung des Ehegatten hingegen etwa den Ehemann für allein- oder hauptschuldig, findet die Auseinandersetzung nicht wie bei der an sich vereinbarten Gütergemeinschaft statt. Es wird vielmehr der Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft fingiert. Und dementsprechend wird die Ferienwohnung wie voreheliches Sondervermögen der Ehefrau behandelt und fällt nicht in das Auseinandersetzungsvermögen.
Rz. 78
Das Verschuldensprinzip kommt auch bei der Behandlung von Zuwendungen, die ein Ehegatte anlässlich oder während der Ehe erhalten hat, zum Tragen. So verliert der für allein- oder hauptschuldig erklärte Ehegatte nach Art. 1791 CC alle Vorteile, die er vom anderen Ehegatten oder einem Dritten im Hinblick auf die Eheschließung oder wegen seines Status "verheiratet" erhalten hat, also insbesondere Verlobungs- und Hochzeitsgeschenke, aber auch Versicherungsleistungen etwa aus einem vom anderen Ehegatten finanzierten Lebensversicherungsvertrag. Diese Vermögensvorteile fallen dann dem nicht bzw. nicht hauptschuldigen Ehegatten zu.
Rz. 79
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Berechnung und Höhe der Auseinandersetzungsansprüche ist – wegen der Rückwirkung des Scheidungsausspruchs (siehe Rdn 76) – der der Anhängigkeit des Scheidungsantrags.
III. Unterhalt
Rz. 80
Die Bestimmungen über die Wirkungen der Scheidung (Art. 1788–1793 CC) – wie auch die über die Trennung von Person und Vermögen (Art. 1794–1795-D CC) – enthalten keine eigene Regel über den Unterhalt. Die Sonderregeln über Unterhaltsansprüche und -verpflichtungen bei Trennung bzw. Scheidung finden sich in den Normen über den Unterhalt (Alimentos) in den Art. 2003–2020 CC. Die Änderung der Scheidungsvoraussetzungen und insbesondere der Wegfall des Verschuldensprinzips führte auch zur Neuregelung des Ehegattenunterhalts (Alimentos depois do divórcio).
Rz. 81
Als Grundsatz gilt: Jeder Ehegatte hat seinen Lebensunterhalt selbst sicherzustellen (Art. 2016 Abs. 1 CC). Im Übrigen aber hat jeder Ehegatte unabhängig von der Art der Scheidung Anspruch auf Unterhalt (Art. 2016 Abs. 2 CC); dieser begründet sich offensichtlich darin, um in der ersten Zeit nach der Scheidung die Grundbedürfnisse des Berechtigten, d.h. des Unterhaltsgläubigers, zu befriedigen.
Rz. 82
Nach altem Recht (bis 2008) hatte einen Unterhaltsanspruch derjenige Ehegatte, der nicht als schuldig oder zumindest nicht als hauptschuldig angesehen worden war (Art. 2016 Abs. 1 CC a.F.). Dies galt auch im Fall der streitigen Scheidung nach dreijähriger Trennungszeit, bei der ja nach Art. 1787 Abs. 2 CC a.F. auch ein Verschuldensausspruch zu erfolgen hatte. Dem unterhaltsverpflichteten Ehegatten konnte vom Gericht aus Billigkeitsgründen je nach Ehedauer und der im ehelichen Unternehmen geleisteten Mitarbeit Unterhalt zugesprochen werden (Art. 2016 Abs. 2 CC a.F.). Dies stellte bereits eine gewisse Aufweichung des Verschuldensprinzips dar. Ein Unterhaltsanspruch bestand zudem in dem Sonde...