I. Abstammung
Rz. 112
Ein maßgebliches Merkmal des 1977 neugefassten portugiesischen Kindschaftsrechts ist die Aufhebung der Unterscheidung zwischen ehelichen und nichtehelichen Kindern. Die gesetzliche Regelung über die Filiação (auch Abstammung) unterscheidet in Art. 1796 CC nach Mutterschaft (Art. 1804–1824 CC) und Vaterschaft (Art. 1826–1846 CC). Die Regelungen über die Abstammung, sprich Kindschaft, spiegeln den Willen des Gesetzgebers wider, dabei weitestgehend der biologischen Wahrheit zu entsprechen.
1. Feststellung der Mutterschaft
Rz. 113
Nach der Grundregel in Art. 1796 CC wird zunächst die Abstammung von der Mutter, ohne Unterscheidung, ob verheiratet oder nicht, begründet durch die Tatsache der Geburt. Im Übrigen bestimmt sich die Feststellung der Mutterschaft nach den Art. 1803–1825 CC. Sie erfolgt primär durch Anzeige durch die hierzu berufenen Personen (Art. 1803 CC). Gesetzessystematisch handelt es sich hierbei – wie wohl auch ganz überwiegend in der Praxis – um den Normalfall der Feststellung der Abstammung von der Mutter. Unterschieden wird bei der Anzeige noch danach, ob die anzuzeigende Geburt vor weniger oder vor mehr als einem Jahr vor der Anzeige erfolgte. Nach Art. 1804 CC gilt die Mutterschaft im Falle einer Anzeige einer vor weniger als einem Jahr erfolgten Geburt im Grunde ohne Weiteres als begründet; nach Art. 1805 CC wird im Falle einer vor einem Jahr oder zuvor erfolgten Geburt die als Mutter bezeichnete Person förmlich geladen, um sich binnen 15 Tagen zur Mutterschaft zu erklären. Ausdrücklich vorgesehen ist zudem die Möglichkeit, eine nicht der Wahrheit entsprechende Mutterschaft anzufechten (Art. 1807 CC). Als Weiteres nennt das Gesetz die Feststellung von Amts wegen (Art. 1808–1813 CC). Diese ist dann erforderlich, wenn die Mutterschaft in der Beurkundung nicht angegeben ist (Art. 1808 Abs. 1 CC). Wird die Mutterschaft von der von Amts wegen als Mutter ermittelten Frau nicht bestätigt, so erfolgt auf Klage der Staatsanwaltschaft ein nichtöffentliches gerichtliches Verfahren zur Feststellung der Mutterschaft. Schließlich kann die Feststellung der Mutterschaft durch Klage des Kindes erfolgen (Art. 1814–1823 CC), nämlich dann, wenn sich die Mutterschaft nicht auf einem der beiden erstgenannten, also vorrangigen, Wege ermitteln lässt (Art. 1814 CC). Die Klage ist gegen die angebliche Mutter zu richten und auch – bei Bestehen einer Ehe – gegen den Vater oder im Falle eines Vaterschaftsanerkenntnisses auch gegen den Anerkennenden. Zulässig ist die Klageerhebung nur während der Minderjährigkeit des Kindes oder in den ersten zehn Jahren nach Erreichen der Volljährigkeit bzw. der Emanzipation (Art. 1817 Abs. 1 CC).
Rz. 114
Die weiteren Bestimmungen dieses Unterabschnitts betreffen die Klageverbindung mehrerer Kinder gegen die gleiche angebliche Mutter (Art. 1820 CC), die Festsetzung eines vorläufigen Unterhalts durch das Gericht (Art. 1821 CC) sowie die Anfechtung der Vaterschaftsvermutung und Begründung der Mutterschaft auf Antrag der Mutter (Art. 1823 bzw. Art. 1824 CC). Mit dem Recht nach Art. 1824 CC hat die Mutter die Möglichkeit, der freiwilligen Anerkennung des Kindes durch einen anderen als ihrem Ehegatten durch Antrag auf Begründung der eigenen Mutterschaft "zuvorzukommen", um damit noch für die Einheit ihrer Familie zu sorgen.
2. Feststellung der Vaterschaft und Anfechtungsrecht
Rz. 115
Die Feststellung der Vaterschaft hat eine ausführliche detaillierte Regelung in den Art. 1826–1873 CC – mit Grundregeln, Ausnahmen und Gegenausnahmen – erfahren. Dabei geht das Gesetz zunächst von der Vaterschaftsvermutung aus (Art. 1826–1846 CC). Je nach Verfahren der Anerkennung der Vaterschaft – ob durch freiwilliges Anerkenntnis (Art. 1846–1863 CC), ein solches von Amts wegen (Art. 1864–1968 CC) oder durch gerichtliches Verfahren (Art. 1869–1873 CC) – sind eigene Regeln über das Recht zur Anfechtung der Vaterschaft vorgesehen; diese werden im Folgenden daher nicht zus...