1. Erbschaftsannahme
Rz. 119
Das portugiesische Recht beruht auf dem römisch-rechtlichen Gedanken einer hereditas iacens, einer ruhenden Erbschaft (herança jacente). Eine solche liegt nach der Umschreibung in Art. 2046 CC bei der eröffneten, aber noch nicht angenommen oder bei einer vom Staat für vakant erklärten Erbschaft vor. Ein Vonselbsterwerb der Erbschaft tritt nicht ein. Der Erbe muss die Erbschaft annehmen (und braucht sie nicht auszuschlagen): Nach Art. 2050 Abs. 1 CC gehen das Eigentum und der Besitz an den Gütern der Erbschaft – erst – mit der Annahme über; es gilt das Erfordernis einer Erbschaftsannahme.
Rz. 120
Die Annahme der Erbschaft wird als einseitige, nicht empfangsbedürftige Rechtshandlung angesehen; damit gelten nach Art. 295 CC die Vorschriften über Rechtsgeschäfte, insbesondere die über Willenserklärungen. Die Annahme kann ausdrücklich oder, durch entsprechende Handlungen bekundet, stillschweigend (konkludent) erfolgen (Art. 2056 CC).
Rz. 121
Eine ausdrückliche Annahme liegt nach Art. 2056 Nr. 2 CC namentlich bei der schriftlichen Form vor; doch ist diese nicht ausschließlich, sondern nur als Beispiel zu verstehen – die Annahme kann auch mündlich erklärt werden. Hinsichtlich der konkludenten Annahme stellt Art. 2056 Nr. 3 CC klar, dass die durch den Erbberechtigten vorgenommenen reinen Akte der Verwaltung nicht die stillschweigende Annahme der Erbschaft implizieren. In jedem Fall muss die Absicht, die Erbschaft anzunehmen, hinreichend deutlich geworden sein, wie etwa bei Inbesitznahme von Erbschaftsgütern, Ausfahrt mit dem vom Erblasser gekauften Fahrzeug etc.
Rz. 122
Die Annahme wirkt auf den Zeitpunkt der Eröffnung der Erbschaft zurück (Art. 2050 Abs. 2 CC). Die Erklärung der Erbschaftsannahme ist unwiderruflich (Art. 2061 CC), kann jedoch wegen arglistiger Täuschung oder Nötigung, nicht aber allein wegen Irrtums annulliert werden (Art. 2060 CC).
Rz. 123
Das Recht auf Annahme der Erbschaft erlischt mit Ablauf von zehn Jahren, gerechnet ab dem Zeitpunkt, in dem der Erbberechtigte Kenntnis von seiner Berufung als Erbe erhalten hat (Art. 2059 Abs. 1 CC).
2. Ausschlagung der Erbschaft
Rz. 124
Die Erbausschlagung (repúdio da herança) ist in den Art. 2062–2067 CC geregelt. Sie muss in derselben Form erklärt werden (Art. 2063 CC), welche für die Veräußerung der Erbschaft (alienação da herança, Art. 2124–2130 CC) vorgeschrieben ist: Diese muss ausdrücklich erfolgen und bezüglich der Vermögensgüter, deren Veräußerung der öffentlichen Form (por escritura pública ou por documento particular autenticado) bedarf, ebenfalls in dieser Form erklärt werden. Im Übrigen genügt die Erklärung durch Privaturkunde (documento particular; Art. 2126 Abs. 1 bzw. 2 CC). Solche Urkunden gelten gem. Art. 363 Abs. 3 CC als beglaubigt, wenn sie von den Parteien vor einem Notar in den Formen des portugiesischen Notargesetzbuches (Código do Notariado) bestätigt wurden oder wenn durch einen in Portugal zugelassenen Anwalt mit Zugang zum elektronischen Zertifizierungssystem in Ausübung der notariellen Beurkundungstätigkeit der Beglaubigungsvermerk angebracht wurde.
Rz. 125
Der Erbe, der ausschlägt, gilt als nicht zum Erben berufen, vorbehaltlich der Wirkungen der Repräsentation (Art. 2062 CC).
Rz. 126
Die Ausschlagung darf nicht unter einer Bedingung oder einer Befristung erfolgen, noch sich nur auf einen Teil der Erbschaft beziehen (Art. 2064 CC). Wie die Erbschaftsannahme ist auch die Erbausschlagung unwiderruflich (Art. 2066 CC), kann jedoch wegen arglistiger Täuschung oder Nötigung, nicht aber allein wegen Irrtums annulliert werden (Art. 2065 CC). Nach Art. 2067 CC besteht für die Gläubiger des Ausschlagenden ein Surrogationsrecht: Sie können dann an seiner Stelle innerhalb einer Frist von sechs Monaten ab deren Kenntnis von der Ausschlagung die Erbschaft annehmen.
Rz. 127
Eine Ausschlagungsfrist sehen die Bestimmungen der Art. 2062 ff. CC nicht ausdrücklich vor. Auszugehen ist auch hier von dem oben genannten Verständnis des portugiesischen Rechts, dass mit dem Tode des Erblassers zunächst eine ruhende Erbschaft vorliegt, die von dem Erben angenommen oder ausgeschlagen werden muss. Die Annahmefrist beträgt zehn Jahre, so dass in diesem Zeitraum die Erbschaft auch ausgeschlagen werden kann.
Rz. 128
Eine gesonderte Verjährungsfrist hinsichtlich des Rechts zur Ausschlagung ist nicht vorgesehen. Allerdings enthält Art. 2059 Abs. 1 CC eine Verfallfrist von zehn Jahren, die für die Annahme der Erbschaft gilt. Hat der Erbe innerhalb von zehn Jahren ab Kenntnis seines Erbrechts die Erbschaft nicht angenommen, verfällt der entsprechende Anspruch.
Rz. 129
Es ist möglich, diesen Zeitraum zu verkürzen. So findet sich in den Bestimmungen über die herança jacente (ruhende Erbschaft) mit Art. 2049 Abs. 1 CC eine für die Annahme wie auch für die Ausschlagung heranzuziehende Regel. Danach kann das Gericht dem Erbberechtigten, der nicht innerhalb von 15 Tagen nach Anfall der Erbschaft un...