1. Zuständigkeiten
Rz. 68
Das Verfahren der einvernehmlichen Scheidung mit dem Einvernehmen über die Detailregelungen fällt seit der Gesetzesverordnung Nr. 272/2001, mit Wirkung ab dem 1.1.2002, in die ausschließliche Zuständigkeit des Standesbeamten (Conservatórias do Registo Civil). Zuständig ist ein Standesamt nach Wahl der Ehegatten. Dabei sind die Ehegatten nach Eingang des Scheidungsantrags beim Standesbeamten gemäß Erlass Nr. 1878/2007 auf die Möglichkeit der Mediation für familiäre Angelegenheiten hinzuweisen. Das Verfahren der einvernehmlichen Scheidung selbst erfolgt im Rahmen der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Dabei obliegt die Wahrung der Kindesinteressen der Staatsanwaltschaft (Ministerio Público); diese kann Änderungen der nach Art. 1775 CC geforderten Vereinbarungen vorschlagen. Folgen die Eltern den Änderungen nicht, so wird das Verfahren an das Gericht verwiesen und dort geführt.
Rz. 69
Das Verfahren der Scheidung ohne Zustimmung des anderen Ehegatten (bisher: streitige Scheidung) wird vor den Familien- und Jugendgerichten (Tribunal de Família e de Menores) am Wohnsitz oder Aufenthaltsort des Klägers geführt, ebenso die Verfahren zur Personen- und Gütertrennung und Verfahren zur Nichtigerklärung oder Annullierung einer Zivilehe. Des Weiteren ist das Familien- und Jugendgericht auch zuständig für Unterhaltsverhandlungen und -vollstreckungen zwischen Ehepartnern und ehemaligen Ehepartnern. Ist ein Familiengericht nicht vorhanden, ist die Zuständigkeit des Bezirksgerichts (Tribunal de Comarca) begründet.
Rz. 70
Für das Scheidungsverfahren gelten grundsätzlich die Art. 1407, 1408 CPC. Danach legt der Kläger die Tatsachen nebst rechtlicher Begründung für die Scheidung dar; zudem kann er provisorische Regelungen insbesondere zu Unterhaltszahlungen und etwa zur Ausübung der elterlichen Sorge beantragen. Einzureichen ist die Klage schriftlich oder auf elektronischem Wege mit Hilfe des Programms "Citius".
2. Anwaltszwang nur bei Scheidung ohne Zustimmung des anderen Ehegatten
Rz. 71
Im Verfahren der einvernehmlichen Scheidung vor dem Standesbeamten besteht kein Anwaltszwang. Allerdings entscheiden sich die scheidungswilligen Eheleute in der Praxis auch hier regelmäßig für anwaltlichen Beistand bzw. Vertretung. Bei Scheidung ohne Zustimmung des anderen Ehegatten haben sich die Parteien im gerichtlichen Verfahren von einem Advogado vertreten zu lassen; es besteht Anwaltszwang. Eine besondere Vereinigung von Familienrechtsanwälten bzw. Fachanwälte für Familienrecht gibt es in Portugal nicht; entsprechende Fachanwaltstitel werden von der portugiesischen Anwaltskammer (Ordem dos Advogados Portugueses) (noch) nicht zugelassen.
3. Dauer und Kosten
Rz. 72
Die Verfahrensdauer einer einvernehmlichen Scheidung (vor dem Registerbeamten des Standesamts) wird mit durchschnittlich zwischen zwei und fünf Monaten angegeben. Das Verfahren der auf schuldhafte Verletzung der ehelichen Pflichten gestützten Scheidung ohne Zustimmung des anderen Ehegatten (also der bisherigen "streitigen" Scheidung) kann sich über mehr als drei Jahre hinziehen bis zum Scheidungsausspruch, naturgemäß abhängig von der Anzahl der beim zuständigen Familiengericht anhängigen Verfahren. Hinsichtlich der Kosten sei auf die Möglichkeit, in familienrechtlichen Verfahren mit Anwaltszwang Prozesskostenhilfe zu erlangen, hingewiesen. Die Prozesskostenhilferegelung gilt für alle Gerichte in Portugal und zwar unabhängig von der Art des Verfahrens.