1. Doppelbesteuerung
Rz. 243
Portugal hat mit ca. 79 Staaten (Stand 2024) Doppelbesteuerungsabkommen geschlossen, von denen 78 bereits in Kraft getreten sind, wobei sich diese Abkommen auf Regelungen zur Besteuerung des Einkommens beschränken und die Besteuerung von Erbschaften und Schenkungen nicht erfassen. Gesonderte Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von Erbschaften und Schenkungen hat Portugal nicht geschlossen.
Rz. 244
Die Besteuerung von Erbschaften kann entweder nach dem Territorialitätsprinzip oder nach dem Universalitätsprinzip erfolgen. In Portugal gilt das Territorialitätsprinzip, d.h., es werden alle unentgeltlichen Übertragungsvorgänge der Besteuerung unterworfen, die sich auf Güter beziehen, die in Portugal belegen sind. Erfasst werden Rechte an beweglichen und unbeweglichen Sachen, die sich auf portugiesischem Staatsgebiet befinden. Dazu zählen bewegliches Vermögen, das in Portugal registriert oder registerpflichtig ist, Forderungen oder Eigentumsrechte und Beteiligungen an Unternehmen, soweit der Schuldner seinen Sitz in Portugal hat und der Erwerber ebenfalls in Portugal ansässig ist. Ferner Bankguthaben bei Banken mit Sitz in Portugal. Des Weiteren Marken- und Autorenrechte und andere artverwandte Rechte, soweit diese in Portugal registriert oder registerpflichtig sind. Unter "Sitz" im Sinne des Gesetzes sind der Wohnsitz ebenso wie der Firmensitz und die Betriebsstätte zu verstehen.
Rz. 245
Auch das zwischen Deutschland und Portugal bestehende Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung aus dem Jahr 1980 erfasst weder die Erbschaft- noch die Schenkungsteuer. Dies hatte bisher zur Folge, dass der in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtige Erbe zumindest hinsichtlich des in Portugal belegenen Vermögens einer doppelten Steuerpflicht unterlag, deren Beseitigung in Deutschland durch den nationalen Gesetzgeber im Wege der Anrechnung der in Portugal festgesetzten Erbschaftssteuer gem. § 21 ErbStG erfolgte. Auch die Stempelsteuer wird vom Doppelbesteuerungsabkommen nicht erfasst. Es bleibt jedoch bei der Steueranrechnung gem. § 21 ErbStG bleibt (siehe Rdn 243). Selbst wenn in Portugal im Einzelfall, für den in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtigen Erben keine Erbschaftsteuer anfallen sollte, unterliegt dieser der deutschen Erbschaftsteuer.
Rz. 246
Bei der Stempelsteuer handelt es sich gerade nicht um eine Erbschaftsteuer im herkömmlichen Sinne, sondern vielmehr um eine Nachlasssteuer, die noch für die Person des Erblassers festgesetzt wird. In § 21 ErbStG heißt es insoweit wörtlich: "Bei Erwerbern, die in einem ausländischen Staat mit ihrem Auslandsvermögen zu einer der deutschen Erbschaftsteuer entsprechenden Steuer – ausländische Steuer – herangezogen werden …" Danach muss die ausländische Steuer der inländischen Erbschaftsteuer inhaltlich entsprechen, wobei das Gesetz nicht festlegt, wann eine ausländische Steuer der deutschen Erbschaftsteuer entspricht. Zur Anrechenbarkeit der Steuer ist nicht auf die Steuersubjektidentität im formalen Sinne abzustellen, sondern vielmehr auf den Anlass der Steuererhebung. Die Steuer muss durch den Tod einer Person oder durch einen unentgeltlichen Vermögensübergang entstanden sein. Diese Kriterien erfüllt auch die erweiterte Stempelsteuer des portugiesischen Rechts, so dass wohl von einer Anrechenbarkeit der Steuer auszugehen ist.
Rz. 247
Praxishinweis:
Zumeist ist der Vermögensübergang von Deutschen, die in Portugal leben, steuerbefreit, da in der Praxis vornehmlich Verwandte in gerader Linie (Kinder) erben. Es besteht zwar eine Anzeigepflicht beim Finanzamt, aber die Steuer wird mit null angesetzt. Das darf allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass die in Deutschland verbliebenen Kinder gegebenenfalls in Deutschland erbschaftsteuerpflichtig sind.
Rz. 248
Es herrscht in der Praxis Unkenntnis darüber, dass eine Steuererklärungs- und auch eine Steuerpflicht gleichzeitig in zwei Ländern bestehen kann, und des Weiteren wird ausländisches Vermögen so gesehen, als hätte der deutsche Fiskus insoweit kein Anrecht den Erwerbsvorgang zu besteuern. An dieser Stelle ist immer wieder Aufklärungsarbeit zu leisten.
2. Erbschaftsteuervermeidung durch Wohnsitzverlegung nach Portugal
Rz. 249
Eine Wohnsitzverlegung nach Portugal zur Vermeidung der Erbschaftsteuer wird in den meisten Fällen keinen praktischen Erfolg haben. Das deutsche Steuerrecht knüpft die persönliche Steuerpflicht nicht nur an die Inländereigenschaft des Erblassers zum Zeitpunkt des Todes, sondern besteuert den Erwerbsvorgang auch dann, wenn der Erwerber zum Zeitpunkt des Erwerbes Inländer ist. Zur Vermeidung der Erbschaftsteuer müsste mithin der potenzielle Erblasser samt seiner Erben ins Ausland verziehen.
Rz. 250
Diese Möglichkeit besteht natürlich dann, wenn sich die Ehegatten gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt haben...