Rz. 12

Auf die Erbfolge nach einem deutschen Erblasser fand aus portugiesischer Sicht infolge des nach portugiesischem – wie auch nach deutschem – IPR geltenden Staatsangehörigkeitsprinzips für Erbfälle vor dem 17.8.2015 grundsätzlich deutsches Recht als das letzte Heimatrecht Anwendung (Art. 62 i.V.m. Art. 31 CC bzw. Art. 25 Abs. 1 EGBGB). Besonderheiten ergaben sich allenfalls bei einem Doppelstaater. Insbesondere ein deutsch-portugiesischer Doppelstaater wurde aus deutscher Sicht nach seinem deutschen Heimatrecht (Art. 5 Abs. 1 S. 2 EGBGB), aus portugiesischer Sicht insgesamt nach portugiesischem Recht beerbt (vgl. Art. 27 port. Staatsangehörigkeitsgesetz).

 

Rz. 13

Dies hat sich durch die EuErbVO grundlegend geändert. Den gewöhnlichen Aufenthalt i.S.d. EuErbVO hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort nicht nur vorübergehend verweilt. Dies wird anhand der tatsächlichen Verhältnisse ermittelt; dabei wird festgestellt, wo der Schwerpunkt der sozialen, insbesondere familiären und beruflichen Kontakte liegt. Als "nicht nur vorübergehend" gilt stets und von Beginn an ein beabsichtigter zeitlich zusammenhängender Aufenthalt von mehr als sechs Monaten, kurzfristige Unterbrechungen bleiben dabei unberücksichtigt.

 

Rz. 14

Der gewöhnliche Aufenthalt einer Person kann daher bereits mit dem Umzug an einen anderen Ort wechseln. Dies gilt für dauerhaft ins Ausland ziehende Personen, aber auch für solche, die sich nur zeitweise ins Ausland begeben, jedenfalls immer dann, wenn der Aufenthalt dort auf mehr als sechs Monate angelegt ist und der tatsächliche Lebensmittelpunkt verlagert wird.

 

Rz. 15

Der Begriff "gewöhnlicher Aufenthalt" ist autonom und auf den Einzelfall bezogen auszulegen. Für die Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthalts werden Fragen des Mittelpunkts des Lebensinteresses, der sozialen Kontakte, die Nationalität des Erblassers, der Ort und die Lage des Hauptvermögens, der Sitz der Gläubiger, Meldeadresse, Arbeitserlaubnis, Arbeitsort, Wohnort der Erben und Ähnliches herangezogen.

 

Rz. 16

Dies führt in der Praxis, soweit eine Rechtswahl nicht getroffen wurde, zu einem Wechsel des anwendbaren Rechts. Verzieht der deutsche Rentner nach Portugal, um seinen Lebensabend dort zu genießen, und verlegt er seinen gesamten Lebensmittelpunkt in das neue Land, um nur noch im Urlaub nach Deutschland zurückzukehren, hat sich das auf den Erbfall anwendbare Recht seit dem 17.8.2015 geändert und portugiesisches Recht findet Anwendung. Für Deutsche, die nur vorübergehend nach Portugal im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit entsandt werden, ist auf den Einzelfall bezogen zu prüfen, ob ein gewöhnlicher Aufenthalt i.S.d. EuErbVO begründet wurde. Schließlich kommt es zu einem Wechsel des anwendbaren Erbrechts für all diejenigen, die nach Portugal verziehen und dort als Selbstständige, Unternehmer oder Angestellte tätig sind.

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