Leitsatz
Die geschiedenen Parteien stritten sich um den der Ehefrau zustehenden nachehelichen Unterhalt. Sie hatten im Jahre 1961 geheiratet, ihre Ehe war durch Urteil des FamG vom 12.3.1996 geschieden worden, nachdem sie bereits seit dem Jahre 1978 getrennt gelebt hatten. Aus der Ehe waren drei inzwischen volljährige Kinder hervorgegangen. Kernproblem des Verfahrens waren die bei der Unterhaltsberechnung zugrunde zu legenden ehelichen Lebensverhältnisse gem. § 1578 Abs. 1 BGB. Der beklagte Ehemann hatte im Jahre 2000 seine Mutter beerbt. Zu dem Nachlass gehörten verschiedene Immobilien, aus denen er erhebliche Mieteinkünfte erzielte.
Sachverhalt
Die Klägerin verlangte von dem Beklagten nachehelichen Unterhalt für die Zeit ab Rechtskraft der Scheidung. Die Parteien hatten bereits seit dem Jahre 1978 voneinander getrennt gelebt und wurden durch Urteil des AG vom 12.3.1996 geschieden. Ihre Ehe war im Jahre 1961 geschlossen worden. Der Beklagte war Rechtsanwalt. Im November 1998 erlitt eine schwere Erkrankung, die eine längere stationäre Behandlung erforderte. Seither war er nicht mehr in vollem Umfang erwerbsfähig und deshalb nur noch eingeschränkt tätig. Im September 2000 verstarb seine Mutter und wurde von ihm allein beerbt. Zu dem Nachlass gehörten verschiedene Immobilien, aus denen er Mieteinkünfte erzielte.
Die Klägerin war seit über 30 Jahren nicht mehr erwerbstätig, sondern hatte sich der Haushaltsführung und der Erziehung der Kinder gewidmet. Während des ehelichen Zusammenlebens wohnten die Parteien in einem in ihrem Miteigentum stehenden Haus, in dem die Klägerin mit den Kindern nach der Trennung verblieb. Das Anwesen wurde im Jahre 1999 veräußert. Die Klägerin erwarb von dem auf sie entfallenden Anteil an dem Verkaufserlös ein Fertighaus mit einer Wohnfläche von ca. 120 qm. Dort wohnte sie seit dem 1.11.1999.
Die Klägerin beantragte, den Beklagten zur Zahlung nachehelichen Unterhalts ab Rechtskraft der Scheidung zu verurteilen. Sie vertrat die Auffassung, die von ihm angegebenen Einkünfte aus seiner selbständigen Tätigkeit als Rechtsanwalt bedürften insoweit der Korrektur, als den Einnahmen unangemessen hohe Betriebsausgaben gegenüber stünden. Außerdem verfüge er über Kapitaleinkünfte. Die Mieteinnahmen aus dem ererbten Vermögen seien eheprägend gewesen, weil der Beklagte immer wieder darauf hingewiesen habe, dass der Unterhalt eines Tages aus diesen Einnahmen zu bestreiten sei.
Der Beklagte hielt die Unterhaltsansprüche für verwirkt, weil die Klägerin im Rahmen eines von ihr beantragten Arrestverfahrens vorsätzlich eine unrichtige eidesstattliche Versicherung abgegeben und hierdurch erreicht habe, dass ein Teilbetrag von 220.000,00 DM aus dem Veräußerungserlös des Hauses arretiert worden sein. Im Übrigen vertrat er die Auffassung, dass der Unterhaltsbedarf der Klägerin ohne Berücksichtigung seiner Einkünfte aus dem geerbten Vermögen zu bemessen sei.
Das AG gab der Klage teilweise statt. Die gegen das erstinstanzliche Urteil gerichteten Berufungen beider Parteien hatten jeweils Teilerfolge. Sie führte für die im Revisionsverfahren allein noch streitgegenständliche Zeit ab 1.1.2001 zu monatlichen Unterhaltsbeträgen zwischen 2.442,61 DM und 2.754,76 DM.
Mit der zugunsten des Beklagten hinsichtlich des Zeitraums ab 1.1.2001 zugelassenen Revision verfolgt er sein Klageabweisungsbegehren weiter. Die Klägerin hat sich der Revision angeschlossen. Revision sowie Anschlussrevision hatten jeweils Erfolg und führten zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit dies den Unterhaltsanspruch der Klägerin für die Zeit ab Januar 2001 betraf, und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Entscheidung
Der BGH stellt in seiner Entscheidung zunächst darauf ab, dass nacheheliche Entwicklungen bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs nicht von vornherein ausgeschlossen werden können. Dem krankheitsbedingten Rückgang des Einkommens des Beklagten aus seiner Anwaltskanzlei komme unterhaltsrechtlich Bedeutung zu. Nach der Scheidung eintretende Einkommensminderungen dürften nicht grundsätzlich unberücksichtigt bleiben, sofern sie nicht auf einer Verletzung der Erwerbsobliegenheit des Unterhaltspflichtigen beruhen oder durch dessen freiwillige berufliche oder wirtschaftliche Dispositionen veranlasst sind und von ihm durch zumutbare Vorsorge hätten aufgefangen werden können.
Andererseits können sich auch Einkommensverbesserungen, die erst nach der Scheidung bei dem unterhaltspflichtigen Ehegatten eintreten, bedarfssteigernd auswirken, wenn ihnen eine Entwicklung zugrunde liegt, die aus der Sicht zum Zeitpunkt der Scheidung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten war und wenn diese Erwartung die ehelichen Lebensverhältnisse bereits geprägt hat, die positive Entwicklung bei Scheidung derart wahrscheinlich war, dass die Eheleute ihren Lebenszuschnitt vernünftigerweise schon darauf einstellen konnten. Dies gilt nach Auffassung des BGH nicht nur für Erwerbseinkünfte, sondern auch für Kapital- und andere Vermögensert...