Zusammenfassung
Bei der Beschäftigung von Praktikanten muss unterschieden werden: Ist die Beschäftigung ein zwingender Teil einer schulischen oder universitären Ausbildungsordnung, finden arbeitsrechtliche Bestimmungen weitgehend keine Anwendung, da es sich um Pflichtpraktika handelt. In anderen Fällen, also freiwilligen Praktika, gelten gemäß § 26 BBiG überwiegend die Vorschriften, die für das Berufsausbildungsverhältnis anwendbar sind. Die genaue Einordnung als Praktikant sowie das praktisch gelebte Praktikantenverhältnis sind entscheidend für die Vertragsgestaltung und deren Handhabung. Praktikanten sind in der Praxis oft auf der Basis von privatrechtlichen Verträgen in Unternehmen tätig, um dort für eine bestimmte Zeit berufsrelevante, praktische Fähigkeiten und Erfahrungen zu sammeln. Diese dienen vor allem als Vorbereitung für eine zukünftige Karriere, häufig im akademischen Bereich. Solche Praktika stellen in der Regel keine vollwertige Berufsausbildung dar, sondern sind meist ein erforderlicher Teil der Gesamtbildung, beispielsweise als Voraussetzung für ein Studium oder den Einstieg in eine bestimmte Berufsbranche. Der Bildungszweck steht daher im Vordergrund, was sich auch in der Art der Vergütung widerspiegelt, die eher als Aufwandsentschädigung oder finanzielle Unterstützung gedacht ist. Seit 2015 gilt für einige Praktika der gesetzliche Mindestlohn. Es ist daher wichtig, die verschiedenen Arten von Praktika nicht nur voneinander, sondern auch von einem echten Arbeitsverhältnis abzugrenzen. Denn in der Praxis wird der Begriff Praktikum oft verwendet, obwohl tatsächlich ein Arbeitsverhältnis besteht.
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Allgemeine arbeitsrechtliche Vorschriften, § 26 BBiG
1 Begriff des Praktikanten
Eine allgemeingültige, gesetzliche Definition des Praktikantenverhältnisses existiert nicht. Nach § 26 BBiG werden Personen, die eingestellt sind, um berufliche Fertigkeiten, Kenntnisse, Fähigkeiten oder Erfahrungen zu erwerben – ohne dass es sich um eine Berufsausbildung i. S. d. Berufsbildungsgesetzes handelt –, in modifizierter Form nach dem BBiG behandelt. Eine abweichende Definition bietet erstmals § 22 Abs. 1 Satz 3 MiLoG, wonach als Praktikant gilt, wer:
- sich für eine begrenzte Dauer,
- zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Erfahrungen,
- einer bestimmten betrieblichen Tätigkeit zur Vorbereitung auf eine berufliche Tätigkeit unterzieht,
- ohne dass es sich dabei um eine Berufsausbildung im Sinne des BBiG oder eine vergleichbare praktische Ausbildung handelt.
Rechtlich lässt sich zwischen vier verschiedenen Gruppen von Praktikanten bzw. praktikantenähnlichen Beschäftigungsverhältnissen unterscheiden:
- Studien- und ausbildungsbegleitende Praktikanten (Pflichtpraktikanten bzw. "echte" Praktikanten),
- Personen in freiwilligen studien- oder berufsbildungsbegleitenden Tätigkeiten (freiwillige bzw. "unechte" Praktikanten),
- Personen in einem Berufsausbildungsverhältnis (Auszubildende),
- Werkstudenten (keine Praktikanten).
Entscheidend für die rechtliche Einordnung ist nicht die Bezeichnung des Rechtsverhältnisses als "Praktikumsverhältnis", sondern die tatsächliche Ausgestaltung und Durchführung des Vertragsverhältnisses.
Insbesondere mit Blick auf § 22 MiLoG ist eine weitere Differenzierung zwischen Pflichtpraktikanten und freiwilligen Praktikanten notwendig.
2 Freiwillige Praktikanten
2.1 Definition und Voraussetzungen
Ein freiwilliges Praktikum wird in der Regel nicht durch Studien-, Ausbildungs- oder Prüfungsordnungen vorgeschrieben. Freiwillige Praktikanten engagieren sich meist unabhängig von ihrer aktuellen Ausbildung in Unternehmen, um erste berufliche Kontakte zu knüpfen und sich ein Bild von möglichen späteren Beschäftigungsmöglichkeiten zu machen. Bei diesen Praktika steht der Erwerb von Kenntnissen und Fähigkeiten im Vordergrund, weniger der Verdienst.
Rechtlich betrachtet findet auf freiwillige Praktikanten das Ausbildungsrecht Anwendung, wie es § 26 BBiG vorsieht. Dies beinhaltet insbesondere Regelungen zur Begründung des Ausbildungsverhältnisses, die gegenseitigen Pflichten zwischen Auszubildenden und Ausbilder sowie besondere Regelungen zur Kündigung.
2.2 Praktikumsvertrag mit Hinweisen/Tipps zur Vertragsgestaltung
Bei der Erstellung eines Praktikumsvertrags, der unter § 22 Abs. 1 Satz 2 MiLoG fällt, müssen die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich festgehalten und dem Praktikanten vor Beginn der Tätigkeit ausgehändigt werden. Zu diesen Bedingungen gehören insbesondere:
- Name und Anschrift des Arbeitgebers,
- Lern- und Ausbildungsziele,
- Beginn und Dauer des Praktikums,
- Dauer der regelmäßigen täglichen Arbeitszeit,
- Zahlung und Höhe der Vergütung,
- Dauer des Urlaubs,
- Hinweise auf anwendbare Tarifverträge und Betriebs- oder Dienstvereinbarungen.
Ein elektronischer Nachweis dieser Bedingungen ist nicht zulässig. Ein Verstoß gegen ...