5.3.1 Zufluss des privaten Veräußerungsgewinns

Private Veräußerungsgewinne unterliegen als sonstige Einkünfte den für die Besteuerung der Überschusseinkünfte geltenden Grundsätzen. Ein Veräußerungsgewinn entsteht somit nicht bereits mit Abschluss des Veräußerungsgeschäfts, sondern wird erst mit dem tatsächlichen Zufluss[1] der Gegenleistung verwirklicht.[2] Als Zeitpunkt des Zuflusses des Veräußerungserlöses gilt der Tag, an dem der Steuerpflichtige über den Veräußerungserlös verfügen kann. Bei Wertpapierveräußerungsgeschäften ist dies regelmäßig der Tag der Gutschrift (Valutatag).

Wird der Veräußerungserlös ratenweise in mehreren Kalenderjahren in sog. Kaufpreisraten ausgezahlt, ist die jeweilige Ratenzahlung im Zuflusszeitpunkt zu erfassen. Ein Veräußerungsgewinn fällt erstmals in dem Kalenderjahr an, in dem die Kaufpreisraten (Kapitalanteil, d. h. soweit sie nicht nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG zu versteuern sind[3]) die gesamten Anschaffungskosten, ggf. abzüglich AfA, einschließlich der Werbungskosten übersteigen. Auch in diesem Fall sollen aber sämtliche Ausgaben, soweit sie sicher voraussehbar sind, bereits im ersten Zuflussjahr mit dem erhaltenen Teilerlös verrechnet werden.[4]

Dies gilt jedoch nicht bei Verlustfällen. Hier ist der Verlust anteilig nach dem Verhältnis der Teilzahlungsbeträge zum Gesamtveräußerungserlös in den jeweiligen Veranlagungszeiträumen der Zahlungsflüsse anzusetzen, sodass eine anteilige Verlustverteilung auf die jeweiligen Zahlungsjahre erfolgt.[5]

Bei Leibrenten sind die einzelnen Zahlungen in einen Kapital- und in einen Ertragsanteil zu zerlegen.[6] Der nach der Ertragsanteilstabelle des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG ermittelte Ertragsanteil wird nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG besteuert. Der Zinsanteil von dauernden Lasten ist entsprechend zu ermitteln.[7] Der Kapitalanteil führt in dem Kalenderjahr zu einem Veräußerungsgewinn, in dem er die Anschaffungskosten einschließlich der Werbungskosten übersteigt.

 
Praxis-Beispiel

Veräußerung gegen Leibrente

A hat zum 1.1.2014 ein Grundstück für 12.000 EUR erworben, das er am 1.1.2023 gegen eine Leibrente von 500 EUR monatlich weiterveräußert. A ist im Zeitpunkt der Veräußerung 60 Jahre alt. Die Veräußerungskosten trägt der Erwerber.

A hat vom Beginn der Rentenzahlungen an den Ertragsanteil nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG mit monatlich 110 EUR (500 EUR × 22 %) zu versteuern (1.320 EUR jährlich). Der Kapitalanteil von monatlich 390 EUR (500 EUR ./. 110 EUR) unterliegt erst ab dem 1.7.2025 der Besteuerung nach § 23 EStG, da erst von diesem Zeitpunkt an die Anschaffungskosten überschritten werden (12.000 EUR ./. 390 EUR = 30 Monate). In diesem Jahr sind demnach 2.340 EUR als Veräußerungsgewinn zu erfassen. Ab dem Jahr 2026 bis zum Lebensende beträgt der jährliche Veräußerungsgewinn 4.680 EUR.

Muss ein bereits vereinnahmter Kaufpreis nach Minderung durch den Käufer teilweise wieder zurückgezahlt werden, kommt bei einer bestandskräftigen Steuerfestsetzung eine Berichtigung nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO in Betracht.

5.3.2 Sonderregelung bei Werbungskosten

Durch ein privates Veräußerungsgeschäft veranlasste Werbungskosten sind – abweichend vom Abflussprinzip des § 11 Abs. 2 EStG – in dem Kalenderjahr zu berücksichtigen[1], in dem der Verkaufserlös zufließt.[2] Fließt der Verkaufserlös in mehreren Veranlagungszeiträumen zu, sind sämtliche Werbungskosten zunächst mit dem im ersten Zuflussjahr erhaltenen Teilerlös und ein etwa verbleibender Werbungskostenüberschuss mit den in den Folgejahren erhaltenen Teilerlösen zu verrechnen.[3] Vorweggenommene oder nachträgliche Werbungskosten, die vor dem Jahr der Steuerpflicht des Veräußerungsgewinns anfallen oder nach diesem Jahr mit Sicherheit anfallen werden, sollen nach der Rechtsprechung des BFH ebenfalls im Jahr des Erlöszuflusses abziehbar sein.[4] Fallen nicht sicher feststehende Werbungskosten unerwartet in späteren Jahren, also noch nachträglich, an, so ist ggf. der Steuerbescheid für das Zuflussjahr nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO[5] zu ändern.[6]

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