I. Allgemeines
Rz. 11
Das Grundbuchamt ist an Recht und Gesetz gebunden. Davon werden die Normen des Grundbuchverfahrensrechts auf jeden Fall erfasst, und damit auch insbes. der Antrags-, Bewilligungs-, Voreintragungs-, Prioritäts- und Beweisgrundsatz. Die GBO enthält, anders als z.B. die Preußische Grundbuchordnung v. 5.5.1872 (GS, 446) in ihrem § 46 Abs. 1, keine Norm, die ausdrücklich besagt, das Grundbuchamt habe die "Rechtsgültigkeit der vollzogenen Auflassung, Eintragungs- oder Löschungsbewilligung nach Form und Inhalt zu prüfen". Schon die Motive befinden hierzu:
Zitat
Die Prüfungspflicht des Grundbuchamts braucht nicht hervorgehoben zu werden; denn sie ergibt sich daraus, dass dem Grundbuchamte die Anordnung der Eintragung übertragen ist und dass das Gesetz die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Anordnung bestimmt.
II. Rechtsgrundlagen der Amtspflichten
Rz. 12
Rechtsgrundlagen der dem Grundbuchamt obliegenden Pflichten sind das Grundbuchverfahrensrecht und das materielle Recht. Das Fehlen einer konkreten Handlungsanweisung in Gesetzesform ist unerheblich. Derartiges gehört nämlich nicht in ein Gesetz, sondern allenfalls in Verwaltungsvorschriften (Dienstanweisungen). Derjenige, der mit Grundbuchsachen betraut wurde, sollte schon aufgrund seiner Ausbildung in der Lage sein, dem Gesetz das für seine Arbeit Notwendige zu entnehmen. Manchem, das zu diesem Problemkreis gesagt wird, kann man also nur mit Unverständnis begegnen.
III. Rechte und Pflichten des Grundbuchamts
Rz. 13
Das Grundbuchamt hat die Pflicht, das Grundbuch zu führen und eingehende Anträge zu bearbeiten. Dabei hat es die gesetzlichen Vorgaben zu beachten. Eine inhaltliche Prüfung, die es sodann vornimmt, ist schlichtweg seine gesetzliche Aufgabe. Im Gegenteil, die Beteiligten haben ein Recht darauf, dass das Grundbuchamt seinen gesetzlichen Pflichten nachkommt und sich in deren Grenzen bewegt.
IV. Rechte und Pflichten der Beschwerdegerichte
Rz. 14
Auch das Beschwerde- und das Rechtsbeschwerdegericht treten dem Antragsteller nicht gegenüber als jemand, der Ansprüche stellen kann.
Rz. 15
Das Beschwerdegericht tritt an die Stelle des Grundbuchamts, aber wegen der Möglichkeit für den Beschwerdeführer, nach § 74 GBO neue Tatsachen und Beweise vorzulegen, ist es möglich, dass das Beschwerdegericht eine seinerzeit richtige Entscheidung des Grundbuchamtes aufheben muss.
V. Amtspflichten im Antrags- und Amtsverfahren
Rz. 16
Zwischen diesen beiden Verfahrensarten bestehen grundlegende Unterschiede. Deshalb können die Pflichten des Grundbuchamts im Antrags- und Amtsverfahren nicht gleich sein (siehe dazu Rdn 20 ff.).
VI. Folgen der Verletzung gesetzlicher Vorschriften durch das Grundbuchamt
1. Verfahrensrechtlich
Rz. 17
Hat das Grundbuchamt unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften eine Eintragung vorgenommen, so hat es wegen seiner Gesetzesbindung die dadurch entstandene Rechtslage zu prüfen und je nach dem Ergebnis seiner Prüfung
▪ |
von Amts wegen selbst tätig zu werden; z.B. durch Eintragung eines Amtswiderspruchs, Vornahme einer Amtslöschung, Umdeutung und Klarstellung (siehe Rdn 34) oder allgemein Behebung des Mangels oder, |
▪ |
falls dies ausscheidet, eine Antragstellung der Beteiligten zur Berichtigung des Grundbuchs anzuregen und |
▪ |
über einen ggf. noch nicht erledigten Antrag zu entscheiden. |
2. Materiell-rechtlich
Rz. 18
Die Verletzung einer Amtspflicht erfüllt den objektiven Tatbestand der Amtshaftung nach Art. 34 GG, § 839 Abs. 1 BGB. Auch die pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung einer dem Grundbuchamt obliegenden Amtshandlung (z.B. Grundbucheintragung) ist eine Amtspflichtverletzung. Richter und Rechtspfleger des Grundbuchamts genießen das Richterprivileg des § 839 Abs. 2 BGB nicht, weil Grundbucheintragungen und Entscheidungen nach § 18 GBO das maßgebliche Kriterium der materiellen Rechtskraft nicht erfüllen.
Rz. 19
Sachenrechtlich hat die Gesetzesverletzung als solche keine Folgen. Das Grundbuch ist nur dann unrichtig, wenn sich Einigung (ggf. einseitige Erklärung) und Eintragung nicht decken (siehe § 1 Einl. Rdn 31).