I. Oberster Grundsatz des Antragsverfahrens
Rz. 20
Das Gesetz überlässt die Wahrung der Interessen an der Richtigkeit und Vollständigkeit des Grundbuchs den Beteiligten selbst, indem es eine Eintragung in das Grundbuch grundsätzlich aufgrund der bloßen Bewilligung des verlierenden Teils zulässt. Das Grundbuchamt darf nicht ohne oder gegen den Willen der Beteiligten tätig werden, nicht über den Antrag hinausgehen und nicht hinter ihm zurückbleiben (siehe § 13 GBO Rdn 1, 6). Es hat über jeden Antrag zu entscheiden, entweder durch Eintragung oder Löschung, Antragszurückweisung oder vorläufig durch Zwischenverfügung (§ 18 GBO). Bei mehreren Anträgen lässt § 16 Abs. 2 GBO eine Bestimmung durch den Antragsteller zu, dass der eine Antrag nicht ohne den anderen erledigt werden darf; § 17 GBO bestimmt, welcher Antrag zuerst erledigt werden muss. Der Antragsteller hat ein Recht darauf, dass das Grundbuchamt die Eintragung vornimmt, sobald alle Eintragungsvoraussetzungen vorliegen, da er – soweit der Eintragungsgrundsatz gilt – die erstrebten materiell-rechtlichen Wirkungen nicht ohne Mitwirkung des Grundbuchamts herbeiführen kann.
II. Rechtsgrundlagen der Eintragungspflicht
Rz. 21
Formell-rechtlich wird die Eintragungspflicht des Grundbuchamts im Antragsgrundsatz des § 13 Abs. 1 GBO deutlich und in § 18 GBO, aus welchem deutlich wird, dass die Möglichkeit der Antragszurückweisung eingeschränkt ist. Materiell-rechtlich ergibt sich dies aus den Normen, die die Eintragung für eine Rechtsänderung fordern, also insbes. die §§ 873 Abs. 1, 875, 877 BGB.
Rz. 22
Das Grundbuchamt muss selbst entscheiden. Aussetzung und Ruhen des Verfahrens oder Verweisung auf den Prozessweg sind dem Grundbuchverfahrensrecht fremd. Eine bestimmte Frist kennt die GBO nicht. Aus der möglichen Fristsetzung zur Behebung eines Mangels nach § 18 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 GBO wird man bereits einfachrechtlich die Pflicht des Grundbuchamts zur Entscheidung innerhalb angemessener Frist folgern können; verfassungsrechtlich folgt das aus dem Justizgewährungsanspruch, der auch das Recht auf eine Entscheidung in angemessener Zeit beinhaltet. Wenn die Warn- und Schutzfunktion des Grundbuchs es gebietet, hat das Grundbuchamt solche Anträge, an deren schneller Erledigung ein sachlich berechtigtes Interesse besteht, bevorzugt zu behandeln, falls § 17 GBO im Einzelfall nicht entgegensteht.
Eine Haftung des Landes als Dienstherr nach Art. 39 GG mit § 839 BGB kann in Betracht kommen, wenn es keine ausreichenden Personalmaßnahmen vorgenommen hat, um sicherzustellen, dass Anträge in angemessener Zeit erledigt werden können.
III. Ermittlung, Beweiserhebung und Beweissicherung
1. Feststellungslast des Antragstellers
Rz. 23
Im Antragsverfahren gilt § 26 FamFG nicht. Das Grundbuchamt hat keine Sachverhaltsermittlungen und Beweiserhebungen vorzunehmen. Der Antragsteller muss die Entscheidungsgrundlagen in der vorgeschriebenen Form selbst beschaffen und dem Grundbuchamt vorlegen, auch im Grundbuchberichtigungsverfahren aufgrund nachgewiesener Unrichtigkeit nach § 22 GBO, in dem der Antragsgrundsatz mit allen sich daraus ergebenden Folgen gilt. Er trägt die Gefahr der Zurückweisung, wenn er dem Grundbuchamt nicht die erforderliche Gewissheit über das Bestehen aller Eintragungsvoraussetzungen verschaffen kann (sog. Feststellungslast); für eintragungshindernde Umstände gilt jedoch das Gegenteil. Das Grundbuchamt hat jedoch die von der Eintragung Betroffenen, also die am Verfahren materiell Beteiligten, selbst zu ermitteln. Schwerwiegende Bedenken werden in der Rechtsprechung und Literatur gegen die Verwertung pflichtwidrig erhobener oder zurückbehaltener Beweise geltend gemacht.
2. Verwahrungspflichten des Grundbuchamts
Rz. 24
Das Grundbuchamt hat nach § 10 Abs. 1 S. 1 GBO die Urkunden aufzubewahren, auf die eine Eintragung sich gründet oder Bezug nimmt. Außerhalb eines Antragsverfahrens hat das Grundbuchamt keine Pflicht zur Verwahrung von Urkunden, die nicht nach § 10 Abs. 1 S. 1 GBO Gegenstand der Verwahrungspflicht sind. Das Grundbuchamt ist jedoch befugt, solche Unterlagen zu den Akten zu nehmen, die im Hinblick auf seine Pflicht, die materiell-rechtliche Richtigkeit des Grundbuchs zu wahren, für spätere Eintragungen wichtig werden könnten.
IV. Hinweispflicht des Grundbuchamts
Rz. 25
Der Gedanke einer Aufklärungs- oder, um eine Verwechslung mit der Sachverhaltsaufklärung zu vermeiden, Hinweispflicht des Grundbuchamts steckt ...