I. Bedeutung
Rz. 66
Grundbucherklärungen sind alle zum Grundbuchvollzug erforderlichen Erklärungen von Beteiligten oder Behörden. Sie dürfen als Voraussetzungen der Grundbucheintragung verwendet werden, wenn sie wirksam sind und nach Form und Inhalt den Vorschriften des Grundbuchverfahrensrechts entsprechen. Die Wirksamkeit von Grundbucherklärungen richtet sich nur nach formellem Recht. Für Grundbucherklärungen gilt unmittelbar die Formvorschrift des § 29 Abs. 1 GBO, für andere sog. mittelbar eintragungsbedürftige Erklärungen kann die Anwendung vom Gesetz vorgeschrieben werden (z.B. § 60 Abs. 2 GBO) oder sich aus der Notwendigkeit des Nachweises dieser Erklärung ergeben (Fälle des § 20 GBO).
Rz. 67
Ist die Bewilligung des unmittelbar Betroffenen fehlerhaft, kann dies im Wege der Zwischenverfügung beanstanden; fehlt eine Bewilligung als unmittelbar eintragungsbedürftige Erklärung, ist sie ebenfalls mit Zwischenverfügung nach § 18 GBO anzufordern. Bei anderen Grundbucherklärungen als denjenigen des unmittelbar Betroffenen hat das Grundbuchamt das Fehlen oder die Fehlerhaftigkeit stets mit einer Zwischenverfügung zu beanstanden.
II. Formell- und gemischtrechtliche Doppeltatbestände
Rz. 68
Grundbucherklärungen können einen formell-rechtlichen Doppeltatbestand und insbes. einen gemischtrechtlichen Doppeltatbestand mit materiell-rechtlichen Erklärungen (vgl. § 1 Einl. Rdn 43 ff.) bilden. Es liegt dann eine tatsächliche Erklärung vor, die verfahrensrechtlich zweifach zu werten ist (bestes Beispiel der gemischte Antrag nach § 30 GBO) oder die die materiell-rechtliche Verfügungserklärung und die Bewilligung nach § 19 GBO oder Zustimmung nach § 27 GBO enthält. Möglich ist sogar eine Kombination formell- und gemischtrechtlicher Doppeltatbestände, z.B. der Antrag des Eigentümers auf Teilung oder Vereinigung eines Grundstücks, der zugleich die Bewilligung und die materiell-rechtliche Teilungs- bzw. Vereinigungserklärung (§ 890 Abs. 1 BGB) enthält.
Rz. 69
Die Wirksamkeit bestimmt sich nach dem Rechtsgebiet, für das die Wertung erfolgen soll, also beim gemischtrechtlichen Doppeltatbestand nach materiellem Recht in Bezug auf die Wertung als materiell-rechtliche Verfügungserklärung und nach Grundbuchverfahrensrecht für die Verwendung als Grundbucherklärung, beim formell-rechtlichen Doppeltatbestand insgesamt nach Grundbuchverfahrensrecht.
Rz. 70
Beispiele für einen gemischtrechtlichen Doppeltatbestand sind:
▪ |
Aufgabeerklärung nach § 875 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 BGB und Löschungsbewilligung nach § 19 GBO, |
▪ |
Eigentümerzustimmung zur Löschung eines Grundpfandrechts nach § 1183 S. 2 Alt. 1, 1192 Abs. 1 BGB und nach § 27 S. 1 GBO, |
▪ |
Eigentümerzustimmung zum Rangrücktritt eines Grundpfandrechts nach § 880 Abs. 2 S. 2 BGB und Bewilligung nach § 19 GBO, |
▪ |
Zustimmung Dritter nach § 876 S. 3 Alt. 1 BGB und Bewilligung nach § 19 GBO, |
▪ |
Bestellungserklärung zu einer Eigentümergrundschuld nach § 1196 Abs. 2 BGB oder eines sonstigen Eigentümerrechts und Eintragungsbewilligung nach § 19 GBO, |
▪ |
Bewilligung einer Vormerkung oder eines Widerspruchs nach §§ 885 Abs. 1 S. 1 Alt. 2, 899 Abs. 2 S. 1 Alt. 2 BGB und Eintragungsbewilligung nach § 19 GBO, |
▪ |
Erklärung zur Dereliktion nach § 928 Abs. 1 BGB und Eintragungsbewilligung nach § 19 GBO, |
▪ |
Verteilungserklärung nach §§ 1132 Abs. 2, 875 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 BGB und Eintragungsbewilligung nach § 19 GBO, |
▪ |
Verzichtserklärung nach § 1168 Abs. 2 S. 1 Alt. 1 und Eintragungsbewilligung nach § 19 GBO, |
▪ |
Bestellung einer Inhaberhypothek nach § 1188 Abs. 1 Hs. 1 BGB und Eintragungsbewilligung nach § 19 GBO, |
▪ |
Erklärung des Veräußerers zur Auflassung nach §§ 873 Abs. 1, 925 Abs. 1 BGB und Eintragungsbewilligung nach § 19 GBO und |
▪ |
Teilungserklärung nach §§ 8 Abs. 1, 30 Abs. 2 WEG und Eintragungsbewilligung nach § 19 GBO. |
III. Einordnung bestimmter Erklärungen
1. Grundbucherklärungen
Rz. 71
Die wichtigsten Grundbucherklärungen sind
▪ |
Eintragungsbewilligung (gleichgültig, ob Eintragungs-, Löschungs- oder Berichtigungsbewilligung) der mittelbar und unmittelbar von der Eintragung Betroffenen nach § 19 GBO, |
▪ |
sonstige zur Eintragung erforderlichen Erklärungen von Beteiligten, nämlich
▪ |
die Zustimmungen nach § 22 Abs. 2, § 27 S. 1, § 66 GBO und die Erklärungen nach §§ 3 Abs. 6 Hs. 1, § 26 Abs. 1, § 45 Abs. 3 GBO sowie |
▪ |
Erklärungen, die zur Ergänzung und Begründung der eigentlichen Grundbucherklärungen für die Eintragung benötigt werden, wie z.B. Vollmachten, Vollmachtsbestätigungen, Zustimmungen, Genehmigungen, und |
|
▪ |
Erklärungen und Ersuchen von Behörden, aufgrund deren eine Eintragung vorgenommen werden soll (§ 29 Abs. 3 GBO). |
2. Keine Grundbucherklärungen
Rz. 72
Keine Grundbucherklärungen sind
▪ |
zur Eintragung nicht erforderliche Erklärungen, insbes. solche, die zwar für die dingliche Rechtsänderung unerlässlich, vom Grundbuchamt aber im Eintragungsverfahren nicht zu prüfen sind (z.B. Einigung gem. § 873 Abs. 1 BGB oder einseitige materielle Bestellungs-, Änderungs- oder Aufgabeerklärungen), |
▪ |
die "anderen Voraussetzungen der Eintragung" (§ 29 Abs. 1 S. 2 GBO), die für die Grundbucheintragung bedeutsam sind, aber nicht in Erklä... |