1. Grundsätzliche Zulässigkeit
Rz. 95
Die Umdeutung einer unwirksamen Eintragung in eine wirksame wird unter Hinweis auf den hoheitlichen Charakter der Eintragung und die Publizitätsfunktion des Grundbuchs grundsätzlich zutreffend verneint. Allerdings spricht der öffentliche Glaube nicht gegen die Umdeutung: Der Einsichtnehmende muss ebenso wie der nachfolgend Eingetragene aufgrund des äußeren Anscheins im laienhaften Verständnis zunächst von einer wirksamen Eintragung ausgehen. Erkennen sie die Unwirksamkeit, so haben sie redlicherweise ihre Rechtskenntnis auch dahingehend einzusetzen, die Eintragung umzudeuten. Ausgehend davon, dass § 140 BGB einen allgemeinen Rechtsgedanken ausspricht und dass eine Auslegung nicht klar gegen die Umdeutung abgrenzbar ist, muss man es im Ausnahmefall aber für möglich halten, eine Grundbucheintragung umzudeuten. Dem Grundsatz sind wegen der notwendigen Klarheit und Bestimmtheit aber sehr enge Grenzen gesetzt. Die Umdeutung darf nicht zu einem Mehr führen, sondern nur zu einem Minus oder zu einem inhaltlich und wirtschaftlich ähnlichen Aliud. Die Umdeutung muss sich auch innerhalb der Grenzen zulässiger Auslegung bewegen. Die Eintragung eines Grundstücksrechts mit unwirksamem Rechtsinhalt kann nur dann geheilt werden, wenn die Umdeutung aus dem Eintragungstext und der Eintragungsbewilligung herleitbar ist. Die Umdeutung oder Konversion darf schließlich nicht dazu missbraucht werden, unliebsame Rechte, etwa eine Verbotsdienstbarkeit, in den gewünschten Inhalt umzudeuten, wenn der eingetragene Rechtsinhalt klar und eindeutig ist. Dabei darf auch nicht "vom Ende her" gedacht werden, dass etwa der Inhalt der Verbotsdienstbarkeit nach den angeblichen Vorstellungen der Beteiligten im Zeitpunkt ihrer Begründung herangezogen werden müsse. Dies wäre eine zu weitgehende Auslegung der Grundbucheintragung (dazu auch Rdn 84).
Rz. 96
Das Verbot für das Grundbuchamt, ohne weiteres eine Eintragung aufgrund umgedeuteter Erklärungen vorzunehmen, und die Einschränkungen bei der Umdeutung des Antrags sprechen nicht gegen die Zulässigkeit der Eintragungskonversion und stehen auch nicht im Widerspruch dazu, denn bei beidem geht es darum zu fragen, wie sich das Grundbuchamt richtigerweise zu verhalten hat. Wurde aber eine unwirksame Eintragung vorgenommen, so muss man mit den Gegebenheiten umgehen und eine vernünftige Lösung suchen. Schließlich ist auch zu bedenken, dass das Grundbuchamt ja mit der Vornahme der unwirksamen Eintragung einen Gesetzesverstoß begangen hat, dessen Folgen mit der Umdeutung gemildert werden können.
2. Bestand des konvertierten Rechts von Anfang an
Rz. 97
Die Konversion schafft nicht an irgendeinem Tage nach der Eintragung etwas Neues, sondern bezieht sich auf das eingetragene Recht, so dass es mit dem umgedeuteten, d.h. gesetzlich erlaubten Inhalt von Anfang an bestand. Hierbei von einer Rückwirkung zu reden, diese gar zu verneinen, falls nachfolgende Rechte eingetragen wurden, geht folglich am Problem vorbei. Ein später eingetragener Berechtigter hat sein Recht nur mit Rang nach der (konvertierten) Eintragung erworben, weil die materielle Publizität des Grundbuchs – auf den öffentlichen Glauben berufen sich diejenigen, die eine angebliche Rückwirkung verneinen wollen – einer Umdeutung nicht im Wege steht.
Rz. 98
Zur Klarstellung ist es in diesem Falle möglich und empfehlenswert, den zulässigen – wirklichen! – Inhalt des Rechts in der Veränderungsspalte zu beschreiben. Der von Böhringer und Demharter vorgeschlagene Weg der Amtslöschung und Neueintragung ist weder möglich noch notwendig. Die Löschung nach § 53 Abs. 1 S. 2 GBO ist nicht möglich, weil eine zulässige Umdeutung kraft Gesetzes erfolgt und somit im Ergebnis gar keine inhaltlich unzulässige Eintragung vorliegt. Die Löschung ist nicht notwendig, weil der Antrag vollzogen wurde und etwaige Unklarheiten durch den dargestellten Vermerk beseitigt werden.